Das ABS molekularer Motoren
© RUB, Kramer
Eine zentrale Rolle
Peroxisomen sind Zellorganellen von zentraler Bedeutung. Durch die mehr als 50 Enzyme, denen sie einen isolierten Reaktionsraum bieten, stehen sie mit vielen zellulären Prozessen in Kontakt. Die Hauptfunktion von Peroxisomen ist der Abbau von langkettigen Fettsäuren und von Zellgiften. "Daneben haben sie spezialisierte Rollen, etwa bei der Synthese von Penicillin in Pilzen, der Bildung von Lysin in Hefen, der Lichtatmung von Pflanzen und der Bereitstellung von Plasmalogenen für die weiße Substanz des Gehirns in Tieren", erklärt Harald Platta. Defekte in der Bildung funktionsfähiger Peroxisomen führen zu schweren Stoffwechselerkrankungen bei Menschen, die oft schon bei Neugeborenen zum Tod führen.
Der Motor der Importmaschinerie
Damit Peroxisomen ihre Funktionen wahrnehmen können, müssen sie zunächst die jeweiligen Enzyme in ihr Inneres importieren. Die meisten Enzyme werden von dem Importrezeptor Pex5p ins Peroxisom dirigiert. Dieser Rezeptor wird dadurch reguliert, dass zeitweise das Protein Ubiquitin (Ub) angeheftet wird.
"Wir konnten den Import-Mechanismus bisher in fünf Schritte unterteilen", erläutert Harald Platta: "Erstens die Bindung von Pex5p an das zu importierende Enzym in der Zellflüssigkeit. Zweitens die Bindung des Pex5p-Enzym-Komplexes an das Peroxisom. Drittens die Freisetzung des Enzyms in das Innere des Peroxisoms. Viertens die Ub-Anheftung an Pex5p. Und fünftens den Export des mit Ub modifizierten Pex5p in die Zellflüssigkeit für weitere Importreaktionen."
Das ABS-System molekularer Maschinen
Die Anheftung eines Ub-Moleküls an Pex5p ist von zentraler Bedeutung für den Importzyklus. Für diesen Schritt und den anschließenden Export des Komplexes wird Energie gebraucht. "Wir haben die Ub-Anheftung an den Importrezeptor schon in vorangegangenen Arbeiten als eine Art Gaspedal der gesamten Importmaschinerie umschrieben", so Platta.
Das genaue Schicksal des exportierten mit Ub modifizierten Pex5p war aber bisher unklar. Die aktuelle Studie, die vor allem auf den Doktorarbeiten von Rebecca Brinkmeier und Fouzi El Magraoui basiert, löste nun diese Frage. Das Team konnte anhand von systematisch erzeugten genetischen Varianten von Ub- und Pex5p zeigen, dass eine stabile Ub-Pex5p-Fusion zu einem Defekt des peroxisomalen Proteinimports führt. Die Anheftung von Ub an Pex5p muss sich also wieder auflösen.
Wird das Ubiquitin durch ein anderes Enzym wieder abgenommen, erlangt Pex5p seinen ursprünglichen Status und kann wieder verwendet werden. Wenn dieser Schritt ausbleibt, gerät der Importrezeptor außer Kontrolle. Er schlittert dann als Komplex in der Zellflüssigkeit weiter, bis er unkontrolliert wieder auf das Peroxisom stößt, wo er den Andock-Komplex blockiert und somit auch den Import von korrekt mit Ub modifiziertem Pex5p verhindert. "Dies führt letztendlich zu einem kompletten Funktionsverlust des Peroxisoms", so Platta. "Unsere Studie fügt dem Importzyklus also den notwendigen sechsten Schritt hinzu."