Cohesin treibt Alterung von Blutstammzellen voran

17.12.2018 - Deutschland

Altert ein Organismus nehmen Entzündungen zu und die Stammzellfunktion ab. Das Zusammenspiel beider Prozesse ist bisher nur unvollständig verstanden. Forscher des Leibniz-Instituts für Alternsforschung (FLI) haben eine neue Rolle von Cohesin bei der Vermittlung entzündlicher Signale in Blutstammzellen entdeckt. Bei chronischer Entzündung im Alter wird die Funktion und Selbsterneuerung von Blutstammzellen durch eine chronische Aktivierung Cohesin-vermittelter Entzündungssignale gestört. In Folge wachsen abnormale Blutstammzellen mit geringem Cohesin-Gehalt und gestörter Differenzierung im Alter heraus. Die neuen Ergebnisse könnten Hauptmerkmale der Alterung des blutbildenden Systems erklären

Graphic: Kerstin Wagner / FLI; Source: www.pixabay.de

„InflammAging“ bewirkt eine dauerhafte Aktivierung von Cohesin-vermittelten Entzündungssignalen in Blutstammzellen des alternden Organismus.

Mit zunehmendem Alter nehmen im menschlichen Körper Entzündungsprozesse zu, was die Entstehung alternsbedingter Krankheiten verstärkt. Dieser Prozess wird auch als „Entzündungs-Altern = InflammAging" bezeichnet. Hiervon ist auch das blutbildende System betroffen. Dadurch differenzieren Blutstammzellen verstärkt in entzündliche (myeloide) Zellen. Im Gegenzug wird die chronische Erhöhung von Entzündung im Alter noch weiter verstärkt. Bisher sind die Ursachen der zunehmenden Verstärkung von Entzündungssignalen im Alter und die Rolle von Blutstammzellen in der Verstärkung des InflammAgings nicht vollständig erforscht. Ein Verständnis dieser Mechanismen könnte die Entwicklung von Therapien zur Verbesserung der Gesundheit im Alter ermöglichen.

Forscher des Leibniz-Instituts für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena haben herausgefunden, dass der Cohesin/Rad21-Komplex Entzündungssignale in Blutstammzellen verstärkt und somit die Alterung des blutbildenden Systems vorantreibt.

Blutbildendes System - Altern und Entzündung

Ein gut funktionierendes, blutbildendes System basiert auf einer ausbalancierten Differenzierung der Blutstammzellen in alle wichtigen Zelltypen des Blutes und der gleichzeitigen Selbsterneuerung der Stammzellen. Während des Alterns und bei Entzündungen geht dieses Gleichgewicht zunehmend verloren: Blutstammzellen entwickeln dann eine beeinträchtigte Fähigkeit zur Selbsterneuerung und ein Ungleichgewicht der Differenzierung mit vermehrter Bildung von entzündlichen (myeloiden) Zellen. Hierdurch werden Entzündungsprozesse, die zur Entstehung von Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Alzheimer beitragen, im Alter verstärkt.

NF-κB ist einer der wichtigsten Regulatoren von Entzündungssignalen innerhalb von Zellen. Während des Alternsprozesses hat man einen Anstieg der NF-κB-Signalgebung bei Blutstammzellen festgestellt. Die Ursachen und Folgen dieser verstärkten NF-κB-Signale auf das Altern hämatopoetischer Stammzellen sind noch nicht umfassend geklärt.

Cohesin - Hauptmediator von NF-κB-Entzündungssignalen in Blutstammzellen

Forscher des FLI und Kollegen untersuchten, wie sich Alterns- und Entzündungsprozesse auf das blutbildende System auswirken. "Wir wussten zwar bereits, dass das Altern mit einer Erhöhung von Entzündungssignalen einhergeht. Wie dies aber genau funktioniert, welche Folgen es für die Blutstammzellen hat und wie sich das auf das Altern des Gesamtorganismus auswirkt, ist bisher nicht gut verstanden", erklärt Dr. Zhiyang Chen, Postdoktorand am FLI, das Ziel der Arbeit.

Die aktuelle Studie zeigt, dass der Cohesin-Komplex Entzündungssignale in Blutstammzellen vermittelt, was negative Folgen für Alterns- und Entzündungsprozesse hat. Das Protein Cohesin ist zwar wichtig für die normale Differenzierung von Blutstammzellen. Während des Alterns und bei Entzündungen begrenzt Cohesin jedoch die normale Stammzellfunktion, insbesondere die Selbsterneuerung und die Kontrolle der balancierten Differenzierung der Blutstammzellen wird gestört. Alte Blutstammzellen können Cohesin-vermittelte Entzündungssignale nicht mehr herunterregulieren, so dass sie während des Alterns eine chronische Erhöhung von Entzündungssignalen aufweisen.

"Dieser Mechanismus der ständigen Entzündung erschöpft den Stammzellpool und treibt die Stammzellen in eine fehlerhafte Differenzierung mit vermehrter Bildung von Entzündungszellen", resümiert Prof. K. Lenhard Rudolph, Seniorgruppenleiter am FLI, die Ergebnisse. "Dies wiederum führt zu einem Herauswachsen von abnormalen Blutstammzellen mit geringem Cohesin-Gehalt, gesteigerter Selbsterneuerung und unbalancierter Differenzierung in Entzündungszellen. Dieses Fehlverhalten spiegelt die Hauptkennzeichen des alternden, blutbildenden Systems wider, was bekanntermaßen zu einer Beschleunigung des Alterns des Gesamtorganismus beiträgt".

Das gezielte Eingreifen in diese sich selbst verstärkende Schleife anhaltender Entzündungssignale in alternden Blutstammzellen könnte dazu beitragen, das Altern und die Entwicklung alterns-assoziierter Krankheiten wie Krebs, Herz-Kreislauf- und neurodegenerative Erkrankungen zu verlangsamen.

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