Impfung ohne Pieks: Proteinimpfstoffe für eine nadelfreie Immunisierung durch die Haut
Impfstoffe bestehen im allgemeinen aus Proteinen. Nur wenige können oral verabreicht, die meisten müssen in den Muskel injiziert werden. Die Haut wäre ein interessantes Ziel für eine nicht-invasive Impfung. Allerdings können Protein-Impfstoffe unsere Haut vor allem wegen deren undurchlässiger Hornschicht nicht passieren. Es gibt zwar bereits einige Protein-Wikrstoffe, die über die Haut appliziert werden, deren Herstellung ist jedoch meist aufwändig und teuer. Sie müssen extra in „Transporter“ verpackt werden, die die Hautbarriere überwinden können, beispielsweise Liposomen.
Yangs Ziel sind Proteine, die das auch ohne Verpackung schaffen. Dazu entwickelte sein Team ein kurzes Eiweißmolekül, ein Peptid, das in der Lage ist, Zellmembranen zu durchdringen und in das Innere von Zellen zu gelangen: das „low molecular weight protamine“ (niedermolekulares Protamin, LMWP). LMWP kann rasch, einfach und kostengünstig in großen Mengen aus dem Protein Protamin hergestellt werden. Protamin ist ein Pharmawirkstoff, der bei Blutungen gegeben wird, die nach therapeutischen Heparin-Gaben sowie infolge eines krankhaft erhöhten Heparin-Spiegels auftreten.
Wird LMWP an ein Protein geknüpft, nimmt es diese „Fracht“ einfach durch die Membran mit ins Innere von Zellen. Auf diese Weise ist LMWP auch in der Lage, angehängte Proteine durch die Hornschicht zu schleusen. Die Forscher konnten dies anhand verschiedener an das LMWP geknüpfter Testproteine belegen, die zudem mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert waren. Die Proteine reicherten sich vor allem in der Epidermis an. An Mäusen konnte eine Aktivierung des Immunsystems beobachtet werden, die der bei einer konventionellen Impfung entsprach.
Unsere Haut ist nicht nur der vorderste Schutzwall gegen Infektionen, indem sie eine physikalische Barriere bildet. Unsere Epidermis ist auch reich an Langerhans-Zellen, die an der Auslösung von Immunantworten beteiligt sind. Es kann daher für eine Immunisierung sogar günstig sein, wenn sich die Impfstoffe in der Epidermis anreichern. Ein Stich in den Muskel, wie bei der konventionellen Impfung per Spritze, ist dabei nicht nötig.
Was besonders interessant an der neuen nicht-invasiven Methode ist: Die für viele Impfprotokolle notwendigen Auffrischungsimpfungen könnten vom Patienten selber durchgeführt werden. Dies könnte ein Erfolgsfaktor für Impfkampagnen in armen und abgelegenen Regionen der Welt sein, in denen medizinische Einrichtungen rar sind.
Originalveröffentlichung: Victor C. Yang et al.; "Synthetic Skin-Permeable Proteins Enabling Needleless Immunization"; Angewandte Chemie 2010, 122, No. 15, 2784-2787
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