TAVARGENIX GmbH: Hemmung des Zuckerstoffwechsels macht Krebszellen empfindlich für Chemo- und Strahlentherapie
Normalerweise produzieren Zellen den größten Teil ihrer Energie, indem Nahrungsbestandteile wie Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett in den Mitochondrien zu Kohlendioxid und Wasser verbrannt werden. Schaltet eine Tumorzelle diese Verbrennung aus und gewinnt stattdessen mit Hilfe der Vergärung von Zucker zu Milchsäure ihre Energie, werden diese Tumorzellen aggressiv und können mit Hilfe der gebildeten Milchsäure die umgebenden gesunden Zellen abtöten und das Gewebe auflösen (Matrixdegradation). Durch die dadurch resultierende Invasivität wird aus einem lokal und verdrängend wachsenden Tumor ein invasiv und zerstörerisch wachsender bösartiger Tumor, den man dann als Krebs bezeichnet. Die entstandenen Krebszellen sind dann in der Lage, sich über die Lymph- und Blutgefäße im ganzen Körper auszubreiten und Metastasen zu bilden. Durch die gebildete Milchsäure können diese Krebszellen auch in feste Gewebe wie Knochen eindringen und diese zerstören. Da die Metastasenbildung die Hauptursache für das Versterben von Krebspatienten darstellt, ist es extrem wichtig, die Invasivität und Metastasierung von Tumorzellen zu verhindern. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass das Abschalten der Verbrennung und das Anschalten der Vergärung von Zucker zu Milchsäure Krebszellen vor dem Angriff des Immunsystems schützen, wodurch die körpereigenen Abwehrkräfte ausgeschaltet werden.
Neueste Forschungsergebnisse zeigen nun, dass das Anschalten der Vergärung auch ein wesentlicher Grund für die Resistenzbildung gegenüber Chemo- und Strahlentherapie darstellt. Das Abschalten der Mitochondrien hemmt die Auslösung der Apoptose (programmierter Zelltod), womit Chemotherapien unwirksam werden. Gleichzeitig führt das Anschalten der Vergärung zur Neutralisierung von Radikalen, wodurch eine Resistenz gegenüber Radikal auslösenden Therapien wie der Strahlentherapie entsteht.
Von der Johns Hopkins University wurde nun gezeigt, dass das Gen Transketolase-like-1 (TKTL1) entscheidend an der Vergärung von Zucker zu Milchsäure beteiligt ist und die Aktivierung des TKTL1-Gens zu einer Stabilisierung des so genannten Hypoxie-induced-Factor-1-alpha (HIF1alpha) führt. Hierdurch wird die Vergärung auch in Anwesenheit von Sauerstoff durchgeführt. Damit wurde eine wesentliche genetische und biochemische Grundlage des Warburg-Effektes (aerobe Glykolyse) aufgeklärt. Von dieser Forschungsgruppe wurde auch gezeigt, dass eine Hemmung des TKTL1-Gens die Vergärung von Zucker zu Milchsäure hemmt und damit der Energiegehalt von Krebszellen reduziert wird. Gleichzeitig führte die Hemmung des TKTL1-Gens zu einer Hemmung des Wachstums von Krebszellen und von Tumoren.
In einer weiteren amerikanischen Studie wurde gezeigt, dass die Hemmung der Vergärung von Zucker zu Milchsäure Krebszellen wieder empfindlich für eine Chemotherapie macht. Gegen das Chemotherapeutikum Taxol resistente Brustkrebszellen konnten durch eine Hemmung der Zuckervergärung wieder empfindlich für eine Taxol-Therapie gemacht werden.
Darüber hinaus konnte in einer weiteren amerikanischen Studie gezeigt werden, dass die Hemmung der Vergärung von Zucker zu Milchsäure den Energiegehalt von Krebszellen reduziert und oxidativen Stress in Krebszellen auslöst. Die Hemmung der Vergärung führte zudem zu einer Hemmung der Tumorprogression.
Die veröffentlichten Studien belegen, dass eine Hemmung der Vergärung in Krebszellen eine viel versprechende Therapie darstellt und dies zudem die Empfindlichkeit von Krebszellen gegenüber Chemo- und Strahlentherapie steigert.
Da die Vergärung von Zucker in Krebszellen zur Resistenz gegenüber Radikal auslösenden Therapien wie Strahlentherapie und Apoptose auslösenden Therapien wie Chemotherapien führt, ist es sinnvoll vor der Durchführung von Chemo- oder Strahlentherapien mit Hilfe von Gewebe- oder Bluttests zu prüfen, ob Krebszellen bereits auf die Zuckervergärung umgeschaltet haben und damit Resistenzen gegen Strahlen- und Chemotherapien vorliegen.
Originalveröffentlichungen: "TKTL1 is activated by promoter hypomethylation and contributes to head and neck squamous cell carcinoma carcinogenesis through increased aerobic glycolysis and HIF1alpha stabilization."; Clin Cancer Res. 2010;16(3):857-66.
"Warburg effect in chemosensitivity: Targeting lactate dehydrogenase-A re-sensitizes Taxol-resistant cancer cells to Taxol."; Mol Cancer. 2010 Feb 9;9(1):33.
"Inhibition of lactate dehydrogenase A induces oxidative stress and inhibits tumor progression."; Proc Natl Acad Sci U S A. 2010 Feb 2;107(5):2037-42.