Kontakt und Kalzium: Pharmakologen der Uni Graz entdeckten neuen Weg zur Steuerung des Zellwachstums

09.02.2010 - Österreich

Die Möglichkeit, das Wachstum von Zellen gezielt zu beeinflussen, verspricht viele neue Therapie-Möglichkeiten in der Medizin - von der Gewebe-Regeneration bis hin zur Tumorbekämpfung. Forschern unter der Leitung von Ao.Univ.-Prof. Dr. Klaus Groschner vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Karl-Franzens-Universität Graz haben auf diesem Weg nun einen Meilenstein gesetzt. Sie konnten erstmals klären, unter welchen Voraussetzungen das "Kanal-Protein" TRPC4 Kalzium in eine Zelle transportiert und damit das Zellwachstum ankurbelt.

Kalzium ist ein wichtiger Stoff zur Förderung des Zellwachstums. Damit er in die Zelle gelangen kann, braucht es einen Transporter. Ein solcher ist das Protein TRPC4. Als "Kanal-Protein" schleust es Kalzium in die Zellen ein - allerdings nur unter bestimmten Bedingungen. Welche das sind, hat Klaus Groschner mit seinem Team herausgefunden. "Wir haben entdeckt, dass TRPC4 nur dann als Kalzium-Kanal funktioniert, wenn eine Zelle Kontakt zu einer oder mehreren anderen Zellen hat", berichtet Groschner. "Das ist ausschließlich in einem bestimmten Zellstadium der Fall, nämlich beim Gewebewachstum." In einzelnen, sich frei bewegenden Zellen transportiere TRPC4 kein Kalzium.

Darüber hinaus haben die Forscher auch herausgefunden, dass das Protein Beta-Catenin, das in Tumor- und Stammzellen besonders aktiv ist, mit TRPC4 interagiert. "Es dient als Regulator. Nur wenn Beta-Catenin an TRPC4 bindet, kann der Kanal bei einem Zellkontakt Kalzium transportieren", erklärt Groschner. Dieses Wissen könne nun genutzt werden, um das Zellwachstum gezielt zu kontrollieren. Als mögliche Anwendungsbereiche nennt der Pharmakologe die Gewebe-Regeneration, zum Beispiel bei einer Schädigung des Herzens, oder hemmende Therapien bei Tumorerkrankungen.

Besondere Bedeutung haben die Forschungsergebnisse der Grazer Wissenschafter auch deshalb, weil die Untersuchungen erstmals an nativem, funktionellem Gewebe durchgeführt wurden. "Wir verwendeten Endothelzellen aus Hautgefäßen im Originalzustand, wie sie im Körper vorkommen", so Groschner. Bisherige Untersuchungen wären vorwiegend unter eher "künstlichen Bedingungen" an leicht genetisch manipulierbaren Zellen durchgeführt worden.

Originalveröffentlichung: Annarita Graziani et al.; "Cell-cell contact formation governs Ca2+ signaling by TRPC4 in the vascular endothelium: Evidence for a regulatory TRPC4-beta-catenin interaction"; The Journal of Biological Chemistry, 5. Februar 2010

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