Uralte Bakterienkiller mit doppelter Mission
Unser Immunsystem fährt zweigleisig. Schon sehr früh im Laufe der Evolution entwickelte sich die angeborene Immunabwehr. Sie ist von Geburt an voll funktionsfähig. Ihr wohl wichtigster Bestandteil sind die so genannten Makrophagen. Wenn sie Krankheitserreger erkennen, stülpen sie sich über sie und verdauen sie. Daher auch ihr Name: Makrophage bedeutet auf deutsch nichts anderes als "große Fresszelle".
Dann gibt es noch die erworbene (oder auch adaptive) Immunabwehr. Sie entstand erst viel später mit den ersten Wirbeltieren. Die adaptive Immunabwehr ist lernfähig: Sie läuft immer dann zur Höchstform auf, wenn sie zuvor schon einmal mit dem entsprechenden Bakterium oder Virus in Kontakt gekommen ist. Sie "merkt" sich gewissermaßen die Erreger und kann sie dann bei einer erneuten Infektion sofort unschädlich machen. Mediziner sprechen von Immunität.
Bislang dachte man, dass beide Teile des Immunsystems weitgehend getrennt voneinander agieren. Das scheint aber nicht ganz zu stimmen, wie die Forscher aus Amsterdam, Utrecht und Bonn nun festgestellt haben.
Unerwarteter Befund
Die Milz fungiert unter anderem als Filter: Das Blut, das durch unseren Körper kreist, wird dort regelmäßig gereinigt. Dazu sickert es durch die Wände der Milzarterien in die schwammartige rote Pulpa und wird dann von den Milzvenen wieder aufgenommen. Dabei übernimmt das Organ auch eine wichtige Immunfunktion. Denn im äußersten Bereich der Milzarterien sitzen massenhaft Fresszellen. Sie erkennen Viren oder Bakterien und verdauen sie. Doch sie können unerwarteter Weise noch mehr: "Die Makrophagen der Milz geben Bruchstücke der Erreger, die Antigene, an das adaptive Immunsystem weiter", erklärt Timo Schwandt vom Institut für molekulare Medizin und experimentelle Immunologie.
Was die schmutzigen Socken eines flüchtigen Verbrechers für einen Spürhund, sind diese Antigene für das adaptive Immunsystem: An ihnen erkennen die körpereigenen Abwehrtruppen, worauf sie Jagd machen sollen. Als "Scharfmacher" dienen dabei die so genannten dendritischen Zellen. Sie reiben den zellulären Spürhunden die Antigene unter die Nase. "Darin sind dendritische Zellen auch sehr gut", betont Dr. Andreas Limmer, in dessen Arbeitsgruppe Timo Schwandt promoviert. "Um die Antigene präsentieren zu können, müssen sie sie sich aber zunächst einmal einverleiben. Und das können Makrophagen viel besser."
Zumindest in der Milz dienen Makrophagen den dendritischen Zellen daher quasi als "Ersatzmagen": Wenn sie einen Krankheitserreger gefressen haben, reichen sie seine Antigene an die dendritischen Zellen weiter. Und diese schalten dann das adaptive Immunsystem gegen die Erreger scharf.
Die Forscher wollen diesen Mechanismus nun nutzen, um die Immunantwort gegen bestimmte Viren oder auch Tumore zu verbessern. Bis dahin sei es allerdings noch ein weiter Weg. Zumal die aktuellen Ergebnisse zeigen, dass das körpereigene Abwehrsystem immer für eine Überraschung gut ist.
Originalveröffentlichung: Ronald Backer et al.; "Effective collaboration between marginal metallophilic macrophages and CD8+ dendritic cells in the generation of cytotoxic T cells"; PNAS, Published online before print December 14, 2009