Merck KGaA hält nach jüngster Pechsträhne an Pharmastrategie fest
(dpa-AFX) Der Pharma- und Chemiekonzern Merck KGaA hält nach der jüngsten Pechsträhne an seiner Pharmastrategie fest. Das Unternehmen rechnet weiterhin mit überdurchschnittlichen Wachstumsraten für Pharma: "Wir gehen davon aus, dass Merck im Pharmageschäft auch in den nächsten Jahren stärker wächst als der Markt und das langfristige Ziel einer operativen Umsatzrendite von 25 Prozent erreichen kann", sagte Elmar Schnee, der Leiter der Merck-Pharmasparte dem "Handelsblatt" (Montag). Eine neue Organisation soll der Pharmaforschung mehr Effizienz bringen.
Merck KGaA musste jüngst eine Serie von Enttäuschungen verkraften: Die europäische Zulassungsbehörde EMEA hat vor wenigen Wochen eine Zulassung des Merck-Krebsmittels Erbitux für die Lungenkrebs-Behandlung abgelehnt und die US-amerikanische Arzneimittelbehörde FDA einen Zulassungsantrag für das neuartige Multiple-Sklerose-Mittel Cladribin zurückgewiesen. Im Falle Cladribin will Merck Anfang Januar in Gesprächen mit der FDA das weitere Vorgehen klären. Schnee ist überzeugt, dass Merck über alle nötigen Daten für eine US-Zulassung verfügt. "Wir werden einen neuen Antrag stellen, aber auch im besten Falle wirft uns das um einige Monate zurück." Fachleute gehen davon aus, dass Merck vor dem Zulassungsantrag zu wenig mit der FDA kommunizierte und nun eventuell zusätzliche Phase-II-Studien für Cladribin durchführen muss.
In Europa läuft das Zulassungsverfahren bisher regulär. Cladribin gilt als erstes oral verfügbares Medikament gegen Multiple Sklerose (MS). Das heißt, es kann als Tablette eingenommen werden und muss nicht wie die gängigen Mittel wie etwa Rebif von Merck und das Bayer-Medikament Betaferon gespritzt werden. Konkurrent von Merck ist der Schweizer Pharmakonzern Novartis, der noch in diesem Jahr die Zulassung für ein orales MS-Mittel beantragen will.
Der Merck-Pharmachef sieht keinerlei Anlass für einen Kurswechsel. Er verweist auf die generell hohen Risiken in der Medikamentenentwicklung und steigende Anforderungen der Behörden: "Wir haben zurzeit sicherlich eine Pechsträhne." Um die Effizienz in Forschung und Entwicklung (F&E) zu verbessern, denkt der Konzern inzwischen allerdings über ein neues Organisationsmodell für die Entwicklungsabteilungen nach. Merck will dabei unter anderem wieder mehr Leistungen in eigener Regie erbringen und die Arbeit mit Forschungsdienstleistern auf eine neue Basis stellen. Ziel ist unter anderem eine höhere Erfolgsquote für Substanzen aus der eigenen Basisforschung. "Merck war erfolgreich bei der Entwicklung einlizenzierter Produkte, aber was Wirkstoffe aus der eigenen Forschung angeht, lief es in der Vergangenheit wirklich nicht so gut."
Merck hatte sein Pharmageschäft 2006 durch die rund zehn Milliarden Euro teure Übernahme des Schweizer Biotech-Unternehmens Serono stark erweitert und erzielte zuletzt zwei Drittel seines Jahresumsatzes von 7,5 Milliarden Euro mit Arzneimitteln. Hauptwachstumsträger sind bisher das Multiple-Sklerose-Mittel Rebif und das Darmkrebsmedikament Erbitux. Durch die fehlende Zulassung für Lungenkrebs werde der Erbitux-Umsatz zwar weniger stark wachsen als ursprünglich erhofft, aber er werde weiter zulegen, erwartet Schnee. "Mehr als drei Viertel der Patienten in den Indikationen, für die wir eine Zulassung haben, werden bisher noch nicht mit dem Mittel behandelt." Man werde zudem alle Möglichkeiten prüfen, doch noch eine Zulassung für Lungenkrebs zu erhalten. Die nächste Ergänzung für das Merck-Produktprogramm könnte ein Mittel gegen Aids-Nebenwirkungen sein, das sich im US-Zulassungsverfahren befindet.
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