Durchbruch in der Plasmozytom-Forschung: Erstmals dominant vererbte Veranlagung entdeckt
"Krebs-Risiko"-Test steht zur Verfügung
Plasmozytome oder Multiple Myelome sind bösartige Erkrankungen des Knochenmarks, die durch ein unkontrolliertes Wachstum von Plasmazellen im Knochenmark entstehen. Diese Plasmazellen produzieren Antikörper, sogenannte Paraproteine, die sich im Serum der Patienten nachweisen lassen.
Eine Hypothese zur Entstehung der Plasmozytome geht davon aus, dass bestimmte Proteine (Antigene) durch eine chronische Stimulation des Immunsystems zur bösartigen Entartung von Plasmazellen führen, die das jeweilige Antigen erkennen und dann einen Paraprotein-Antikörper dagegen produzieren.
Die Arbeitsgruppe um Prof. Michael Pfreundschuh, Direktor der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums des Saarlandes in Homburg, konnte nun zeigen, dass bei 15 % aller Plasmozytompatienten dieser Paraprotein-Antikörper gegen ein und dasselbe Antigen gerichtet ist. Dieses Antigen, Paratarg ("paraprotein target")-7, stimuliert das Immunsystem wahrscheinlich deshalb, weil es bei diesen Patienten gegenüber Normalpersonen verändert ist: es trägt eine zusätzliche Phosphatgruppe. Diese Veränderung wird dominant vererbt.
Damit lässt sich erstmals die seit langem beobachtete familiäre Häufung von Plasmozytomen erklären. Nachdem bei soliden Tumoren wie z. B. Brust- und Darmkrebs schon seit längerer Zeit Gene bekannt sind, die mit einem erhöhten Erkrankungsrisiko einhergehen, stellt Paratarg-7 die erste erbliche Struktur dar, die zu einem erhöhten Risiko für eine Erkrankung des Knochenmarks (d.h. Leukämien und Lymphome) führt.
Die Arbeitsgruppe um Prof. Pfreundschuh hat darüber hinaus einen Test entwickelt, mit dem es möglich ist, innerhalb von betroffenen Familien mit Plasmozytom diejenigen Familienmitglieder zu identifizieren, die kein bzw. ein erhöhtes Risiko haben, ebenfalls an Plasmozytom zu erkranken.
Der Test wird kostenlos im Carreras-Zentrum für Immun- u. Gentherapie der Universität des Saarlandes in Homburg angeboten.
Originalveröffentlichung: The Lancet Oncology 2009, Band 10, S. 970-976
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