Im richtigen Licht: Wie Zellen von der Sonne leben und sterben

Über eine Viertel Million Euro für neues Projekt der Universität Hohenheim

19.08.2009 - Deutschland

Licht bedeutet Leben, im Übermaß kann es aber auch gefährlich werden. Der Ernährungsmediziner Prof. Dr. Tilman Grune von der Universität Hohenheim erforscht beide Kräfte des natürlichen Lichts: die positiven Einwirkungen der wärmenden Infrarotstrahlung auf das Zellwachstum und die Möglichkeit bösartige Tumorzellen durch Licht zu zerstören. Die Baseler Erwin-Braun-Stiftung fördert das Projekt mit 257.000 Euro.

Im Raum herrschen Rotlicht und Dunkelheit - wie in einem alten Schwarzweißlabor. Nur liegt unter dem Belichter kein Fotopapier, sondern eine Petrischale mit gezüchteten menschlichen Hautkulturen. Das Team von Prof. Grune erprobt an ihnen Licht unterschiedlicher Wellenlänge, Intensität und Leuchtdauer. Dann kommen die Kulturen wieder zurück in den Brutschrank. Nach einiger Zeit zeigt sich, welche Form von Licht den Zellkulturen nutzt und welche ihnen schadet.

Das ist einer der Versuchsaufbauten eines neuen Drittmittelprojekts an der Universität Hohenheim. Sein Titel "Oxidativer Stress bei wassergefiltertem Infrarot A (wIRA) und Photodynamischer Therapie (PDT)". Die Förderung ermöglicht Prof. Dr. Grune für zwei Jahre, die Auswirkungen von Licht auf Überlebens- und Wachstumsparameter von Zellen in zwei Feldern zu erforschen.

Die heilende Wärme des Sonnenlichts

Zum einen geht es um die Wärmestrahlung der Sonne. "Tageslicht besteht aus einem ganzen Spektrum von Lichtarten", erklärt Prof. Dr. Grune. "Unumstritten ist mittlerweile die schädliche Wirkung des UV-Anteils. Er setzt in den Zellen sogennante Radikale frei. Einige von ihnen lösen oxidative Prozesse aus. Dieser Stress für die Zellen kann zu Hautkrebs führen. Andererseits ist der UV-Anteil der Sonnenstahlung dringend für die Vitamin D-Synthese notwendig."

Doch wie sieht es im Infrarot-Bereich aus? Er macht immerhin 50 Prozent des Sonnenlichts aus. Es wird vermutet, dass auch Wärmestrahlung Sonnenbrand erzeugen könnte. Einige Hersteller von Sonnenschutz mischen bereits Substanzen mit IR-A-Schutz in ihre Produkte. Doch Prof. Dr. Grune warnt vor Panik: "Wir dürfen uns nicht zu sehr vor der Sonne zurückziehen. Die heilsamen Bestandteile ihres Lichts sind nicht zu übersehen. Wir sind auf Licht angewiesen. Es sorgt nicht nur für Wellness und Wohlbefinden, sondern wird auch in der medizinischen Wärmebehandlung, gerade bei Hautkrankheiten oder Muskelschmerzen, erfolgreich eingesetzt. Wir untersuchen, wie das genau funktioniert."

So viel ist schon erforscht: Die Wirkung des Infrarotlichts beruht auf dessen Strahlung und Wärme. Es verändert den Blutdurchfluss vorteilhaft und verringert die Krankheitsanfälligkeit. Die genauen zellulären Effekte sind jedoch unklar. Prof. Dr. Grune sucht Antworten auf die Fragen: Wo in der Zelle entstehen Radikale, wie entstehen sie, wie dramatisch ist ihr Entstehen für den Körper? Ziel ist eine medizinisch richtige und optimale Versorgung mit Licht, gerade auch im Hinblick auf die technischen Möglichkeiten in der Herstellung neuer Lichtquellen.

Einsatz von Licht gegen Tumorzellen

Ob auch die zerstörerische Kraft des Lichts gezielt eingesetzt werden kann, untersucht Prof. Dr. Grune im zweiten Projektfeld: Die Photodynamischen Therapie (PDT). Es geht darum, lichtinduzierte Therapien, die z.B. bei Schuppenflechte schon erfolgreich sind, auf die Tumortherapie zu erweitern. Das Prinzip ist relativ einfach: Die Tumorzellen werden mit speziellen photosensibilisierenden Substanzen lichtempfindlich für sichtbares Licht gemacht. Dann ist kein hoch dosierter Laser mehr nötig, sondern fein dosiertes sichtbares Licht zerstört die Tumorzellen. Sie schützen sich jedoch mit eigenen Reparatursystemen. Diese lassen sich wiederum mit Hemmstoffen außer Kraft setzen.

Im Labor funktioniert das bereits: 95 Prozent bösartiger Zellen lassen sich so zerstören. "Fünf Prozent Restzellen - das ist für den aggressiven schwarzen Hautkrebs zu viel. Hier müssen wir eine 100%ige Vernichtung erreichen." Bisher erforschen Prof. Dr. Grune und sein Team, ein wissenschaftlicher Mitarbeiter, ein Doktorand und zwei Diplomanden, die grundsätzliche Wirkungsweise, experimentieren mit möglichen Substanzen - teils anorganischer Herkunft, teils organische Pilzextrakte - und unterschiedlichen Konzentrationen, verändern die Eigenschaften des Lichts und setzen unterschiedliche Lichtdosierungen ein.

"Unser Fernziel: Der Patient bekommt ein Präparat aus Photo-Sensitizern und Hemmstoffen verabreicht. Es wird vom Körper aufgenommen und reichert sich in den Krebszellen an. Das richtige Licht tötet die Zellen ab, und die Substanzen werden so schnell vom Körper wieder ausgeschieden, dass sie ihm nicht mehr schaden können", sagt Prof. Dr. Grune.

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