Zelltod per Express oder auf Umwegen

Ein Hemmer von Todesproteasen entscheidet

23.07.2009 - Deutschland

Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zellen. Sie produzieren unter Sauerstoffverbrauch die meiste Energie. Diese winzigen Organellen beteiligen sich aber auch an einem Prozess, der dem Leben entgegenwirkt, dem programmierten Zelltod oder Apoptose. Zusammen mit drei Forschergruppen in Melbourne berichtet die Forschergruppe um Prof. Dr. Christoph Borner von der Universität Freiburg im Wissenschaftsmagazin Nature von einem Schlüsselprotein (XIAP), welches entscheidet, ob eine Zelle auf einem direkten, schnellen oder einem etwas umständlicheren Signalweg stirbt. Hauptautor der Publikation ist Thomas Kaufmann, ein ehemaliger Doktorand im Labor von Prof. Borner. Er hat jetzt eine Juniorprofessur an der Universität Bern inne.

In einer gesunden Zelle verstecken Mitochondrien in ihrem Innern Moleküle wie Cytochrome c und Smac/Diablo, die für das Überleben wichtig sind. Muss eine Zelle jedoch sterben, wird die äußere Membran der Mitochondrien perforiert und diese Moleküle treten in die Zellflüssigkeit aus. Cytochrome c aktiviert so genannte Todesproteasen (Caspasen), die Hunderte von Proteinen zerschneiden und die Zelle so zerstückeln, dass sie stirbt. Dieser mitochondriale Weg des Zelluntergangs ist in unserem Körper wichtig, um verbrauchte, beschädigte oder überflüssige Zellen kontrolliert zu eliminieren. Dadurch wird verhindert dass diese schlechten Zellen unserem Körper Schaden zufügen oder gar in Krebszellen ausarten können. Damit diese Todesproteasen nicht zufällig in gesunden Zellen wirken, werden sie durch ein Molekül namens XIAP gehemmt. Durch seine Freisetzung aus Mitochondrien neutralisiert Smac/Diablo die Hemmwirkung von XIAP und garantiert so eine volle Aktivierung der Todesproteasen in sterbenden Zellen.

Neben dem Mitochondrien-getriebenen Signalweg besitzen die Zellen einen direkteren Weg um ihre Todesproteasen zu aktivieren. Dieser wird vor allem von externen Stimuli, sogenannten TNF-ähnlichen Molekülen wie FasL genutzt, die viral infizierte Körperzellen und verbrauchte Abwehrzellen umbringen. Obwohl dieser Weg effizient und schnell abläuft, hat er einen Nachteil: Er kann den Todesproteasen-Hemmer XIAP nicht neutralisieren. Damit kann das volle Aktivierungspotenzial dieser Schneide-Enzyme nicht voll ausgeschöpft werden.

Die Zelle hat jedoch die Fähigkeit zwischen dem direkten „Express“-Signalweg (Typ I) und dem mitochondrialen „Umwege“-Signalweg (Typ II) zu entscheiden. Wie dieser Entscheidungsprozess abläuft, war bislang unbekannt. Nun konnten australische und Schweizer Forscher unter Mitwirkung einer Forschergruppe der Universität Freiburg unter Prof. Borner zeigen, dass die Menge von XIAP über diesen „Switch“ entscheidet. Besitzt eine Zelle viel XIAP, kann sie nur über den mitochondrialen Typ II-Weg effizient sterben, weil dieses Molekül durch Smac/Diablo neutralisiert werden muss. Dies ist oft bei Krebszellen der Fall, die viel XIAP exprimieren. Umgekehrt kann eine Zelle mit wenig XIAP problemlos über den direkten Weg eliminiert werden. Diese Erkenntnis unterstreicht die Wichtigkeit der Entwicklung von neuen Krebsmedikamenten, welche XIAP hemmen und somit den direkten Weg begünstigen. Dies soll vor allem bei Krebsarten zur Anwendung kommen, bei denen der mitochondriale Typ II-Signalweg defekt ist.

Originalveröffentlichung: Thomas Kaufmann et al.; „XIAP discriminates between type I and type II Fas-induced apoptosis"; Nature, online-Veröffentlichung vom 22.07.09

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