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Zentralinstitut für Diabetes
Das Zentralinstitut für Diabetes „Gerhardt Katsch“ in Karlsburg bei Greifswald bestand einschließlich seiner unmittelbaren Vorgängerinstitutionen von 1947 bis 1990 und war die zentrale Leiteinrichtung in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) für die Behandlung von Diabetikern sowie die experimentelle und klinische Forschung zum Diabetes mellitus. Das Institut unterstand direkt dem Ministerium für Gesundheitswesen der DDR. Es war benannt nach dem Diabetologen Gerhardt Katsch, der an der Universität Greifswald als Internist tätig war und das Institut gegründet und bis 1961 geleitet hatte. Die Aktivitäten des Instituts im Bereich der klinischen Versorgung von Diabetikern sowie der Diabetes-Forschung werden seit 1990 teilweise von verschiedenen, weiterhin in Karlsburg ansässigen Nachfolgeeinrichtungen fortgeführt. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Geschichte von 1947 bis 1989
Die Ursprünge des Instituts gingen zurück auf das 1930 in Garz auf der Insel Rügen von Gerhardt Katsch gegründete Diabetikerheim. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde der Standort nach Karlsburg verlegt und am 2. Mai 1947 im Karlsburger Schloss mit 15 Betten und einem kleinen Labor der Betrieb wieder aufgenommen. Das Land Mecklenburg überließ zu diesem Zweck das Gut einer neu gegründeten Landesstiftung Diabetikerheim Garz/ Rügen und Karlsburg - Anstalt zur Erforschung und Behandlung der Zuckerkrankheit. Die Leitung vor Ort hatte zunächst Gerhard Mohnike inne. An der Finanzierung des Wiederaufbaus und weiteren Ausbaus waren neben dem Land Mecklenburg auch die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD), die Sozialversicherungsanstalt Mecklenburg und die Universität Greifswald beteiligt. Drei Jahre später am 12. Oktober 1950 wurde die zunächst vorrangig auf die klinische und sozialmedizinische Betreuung von Diabetikern ausgerichtete Einrichtung in die Anstalt des öffentlichen Rechts Diabetikerheim Garz und Karlsburg - Anstalt zur Erforschung und Behandlung der Zuckerkrankheit umgewandelt. Damit begann offiziell die Geschichte des Institutes als zentrale Einrichtung im Gesundheitswesen der DDR. Am 2. August 1952 kam es zur Übergabe des neu gebauten Hauses A sowie des umgebauten und erweiterten früheren Forsthauses als Haus B, die beide vor allem mit Laboratorien für die Forschung, Arbeits- und Wohnräumen sowie Archiv- und Bibliotheksräumlichkeiten ausgestattet waren. Darüber hinaus erfolgte bei dieser Gelegenheit die Umbenennung in Institut für Diabetes-Forschung und Behandlung. Mit der Fertigstellung des Bettenhauses mit 250 Betten im Jahr 1954 war die Errichtung des Institutes in wesentlichen Teilen abgeschlossen. Im Schloss befand sich zu diesem Zeitpunkt unter anderem die 1952 eingerichtete Entbindungsstation. Gerhardt Katsch blieb bis zu seinem Tod am 7. März 1961 Direktor des Instituts. Nach dem Tod seines Gründers wurde das Institut in Institut für Diabetes „Gerhardt Katsch“ umbenannt, die Leitung übernahm Gerhard Mohnike. Insbesondere auf ihn ist die enge Verbindung von experimenteller und klinischer Forschung mit der Behandlung und Betreuung diabetischer Patienten zurückzuführen, die kennzeichnend für das Konzept des Instituts war. Nach dem frühen Tod Mohnikes am 8. März 1966 im Alter von nur 48 Jahren sowie der vorübergehenden Leitung durch Hans-Georg Lippmann als kommissarischem Direktor wurde 1967 Horst Bibergeil Direktor der Einrichtung und blieb es bis 1990. In seine Zeit fällt eine Verstärkung der internationalen Ausrichtung und Kooperationen des Instituts, mit Auslandsaufenthalten von Institutsangehörigen auch in den USA, in Schweden oder in England. Im Laufe des Bestehens des Institutes kam es mehrfach zu Erweiterungen durch Neubauten. Dadurch entstand um das Karlsburger Schloss ein umfangreicher Campus, in dessen verschiedenen Teilbereichen 1989/1990 rund 630 Mitarbeiter, davon etwa 100 Ärzte, Wissenschaftler und Ingenieure, beschäftigt waren. Als Außenstelle des Institutes existierte ab November 1955 zunächst in Sellin, ab 1958 in Putbus auf der Insel Rügen ein Schulheim zur längerfristigen beziehungsweise dauerhaften Unterbringung diabetischer Kinder. An beiden Standorten wurde auch ein sogenanntes Zentrales Rehabilitationsferienlager mit entsprechender Betreuung durchgeführt. Darüber hinaus existierten in der DDR zehn weitere Ferienlager für kindliche Diabetiker. 1960 wurde in Karlsburg ein Wirtschaftsgebäude mit Küche, Speisesaal, Wäscherei und Räumlichkeiten für die Verwaltung fertiggestellt, das 1988 durch einen weiteren, auch nach 1990 weitergenutzten, Neubau abgelöst wurde. Ab 1956 war das Institut führend an der Entwicklung der oralen Antidiabetika und an der Aufklärung von deren Wirkmechanismen beteiligt. 1968 wurde in Karlsburg die europaweit erste Hämodialyse-Station für Diabetes-Patienten mit Niereninsuffizienz eingerichtet. Von 1959 bis 1989 führte das Institut das Nationale Diabetes-Register der DDR, das als zentrales Register mit flächendeckender Erfassung der klinischen Daten aller Diabetiker eines Landes weltweit einmalig war. Zur wohnortnahen Betreuung der Patienten entstand ab 1960 auf Kreisebene ein flächendeckendes Netz von sogenannten Diabetikerbetreuungsstellen, die mit dem Karlsburger Institut eng zusammenarbeiteten. Die Ausbildung der Mitarbeiter dieser Einrichtungen war ebenfalls eine wichtige Aufgabe des Instituts für Diabetes. Ab 1970 kam es zu einer deutlichen Ausweitung der Aktivitäten im Bereich der Grundlagenforschung zum Diabetes mellitus. Ein Jahr später wurde eine Abteilung für klinische Forschung mit 19 Betten eingerichtet. 1972 erfolgte die Ernennung des Instituts zur zentralen Einrichtung in der DDR für die Behandlung von Diabetikern und die Forschung zum Diabetes mellitus. Es trug ab diesem Zeitpunkt den Namen Zentralinstitut für Diabetes „Gerhardt Katsch“. Die bis zu diesem Zeitpunkt in Garz verbliebene Außenstelle des Institutes wurde ab 1976 als Klinik II nach Karlsburg verlegt. Ein Jahr später wurde die Klinik III für Gynäkologie und Geburtshilfe eingerichtet, nachdem die Entbindungsstation 1967 zunächst aus dem Schloss in das 1954 gebaute Bettenhaus umgezogen war. Die Klinik war zu diesem Zeitpunkt die größte Spezialeinrichtung dieser Art in Europa. 1978 erfolgte die Übergabe eines Neubaus für die Klinik II. Von 1976 an war das Institut koordinierende Einrichtung für endokrine Erkrankungen im gesamten Bereich der Staaten des Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW). Ab 1986 war das Institut darüber hinaus WHO Collaborating Center for Diabetes der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Struktur und Bilanz des Institutes 1989/1990Zum Jahreswechsel 1989/1990 bestand der klinische Teil des Instituts aus der Klinik I für erwachsene Diabetiker, der Klinik II für diabetische Kinder und Jugendliche (mit dem Internat Putbus) und der Klinik III für Gynäkologie und Geburtshilfe. Darüber hinaus existierten im Bereich der Forschung Abteilungen für Experimentelle Biochemie, Pathobiochemie, Pathophysiologie, Zellphysiologie, Experimentelle Immunologie, Radioimmunologie, Versuchstierkunde, Klinische Chemie, Klinische Forschung, Biomedizintechnik, Rechentechnik/ Kybernetik sowie Information/ Dokumentation. Bis 1989/1990 kamen rund 40.000 Patienten zur Behandlung nach Karlsburg, davon 1988 und 1989 jeweils rund 3.800 bis 4.000, mit insgesamt etwa 200.000 Aufenthalten. Zu den besonderen Erfolgen der Diabetikerbetreuung in Karlsburg zählt beispielsweise die Tatsache, dass die Erblindungshäufigkeit von Diabetikern in der DDR mit 0,39 Prozent im internationalen Vergleich auffallend gering war. In der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe wurden von 1952 bis 1989 etwa 3.750 Kinder geboren. Die Sterblichkeitsrate von neugeborenen Kindern diabetischer Mütter, die vor dem Zweiten Weltkrieg bei rund 50 Prozent gelegen hatte und in Karlsburg bereits zum Ende der 1950er Jahre auf rund zehn Prozent gesunken war, lag 1989/1990 unter der Säuglingssterblichkeit bei Kindern von nichtdiabetischen Müttern. Die Mitarbeiter des Instituts veröffentlichten etwa 2.550 wissenschaftliche Publikationen und hielten mehr als 3.000 Vorträge auf wissenschaftlichen Kongressen. Etwa 100 Ärzte und Wissenschaftler promovierten oder habilitierten sich im Rahmen ihrer Tätigkeit im Institut. Entwicklung nach 1990
Nach der Pensionierung von Horst Bibergeil im Jahr 1990 übernahm Uwe Fischer die Leitung des Institutes. Im gleichen Jahr wurde der klinische Teil des Institutes als Fachkrankenhaus für Diabetes und Stoffwechselkrankheiten „Gerhardt Katsch“ ausgegliedert und dem Sozialministerium des Landes Mecklenburg-Vorpommern unterstellt. Seit dem 1. Januar 1994 gehört die Klinik zur privaten Klinikgruppe Dr. Guth aus Hamburg. Das Klinikum Karlsburg wurde seitdem um die Schwerpunkte Herzchirurgie und Kardiologie erweitert und fungiert nach umfangreichen Neu- und Umbaumaßnahmen, unter anderem einem Neubau der Kinderklinik, heutzutage als Herz- und Diabeteszentrum Mecklenburg-Vorpommern sowie als akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Greifswald. Der ehemalige Forschungsbereich des Institutes wurde im Frühjahr 1991 einer Evaluierung durch den Wissenschaftsrat unterzogen, der in einer Stellungnahme am 5. Juli 1991 zunächst eine Eingliederung in die Universität Greifswald und nach drei bis fünf Jahren eine Übernahme in die gemeinsame Bund-Länder-Förderung der Blauen Liste empfahl. Der Forschungsbereich wurde daraufhin zunächst mit Beginn des Jahres 1992 als Institut für Diabetes „Gerhardt Katsch“ der Medizinischen Fakultät der Universität Greifswald angeschlossen. 40 Wissenschaftler des Institutes wurden dabei im Rahmen des Wissenschaftler-Integrations-Programms gefördert. Zu einer späteren Aufnahme in die Blaue Liste kam es jedoch nicht, zum Teil auch, weil mit dem Diabetes-Forschungsinstitut in Düsseldorf, dem heutigen Deutschen Diabetes-Zentrum, bereits eine ähnliche Einrichtung zur Blauen Liste gehörte. Stattdessen wurde vier Jahre später ein Teil des Institutes als Institut für Diabetes „Gerhardt Katsch“ e.V. aus der Universität ausgegliedert. Diese Einrichtung hat seitdem ihren Sitz im ehemaligen Haus A des Forschungsbereichs des Zentralinstitutes und widmet sich als außeruniversitäres Forschungsinstitut schwerpunktmäßig der angewandten Diabetes-Forschung.
Der Bereich der Grundlagenforschung zum Diabetes mellitus verblieb in Form des am 1. Januar 1997 neu gegründeten Institutes für Pathophysiologie an der Universität Greifswald. Siegfried Schmidt, der das Institut bereits seit 1994 als kommissarischer Direktor leitete, behielt diese Funktion auch nach der Neustrukturierung. Seit der Gründung ist jedoch der Personalbestand des Institutes für Pathophysiologie durch altersbedingtes Ausscheiden von Arbeitsgruppenleitern, durch das Auslaufen von befristeten Verträgen und durch Wechsel von Mitarbeitern an andere Institute deutlich zurückgegangen. Seit Beginn des Jahres 2006 bestehen am Institut keine Forschungsaktivitäten mehr im Bereich des Diabetes mellitus. 1998 wurde der noch zu DDR-Zeiten geplante Neubau des ehemaligen Hauses C fertiggestellt und ist seitdem das gemeinsame Laborgebäude des Institutes für Pathophysiologie und des von Greifswald nach Karlsburg verlegten Institutes für Physiologie der Universität. Die Forschungsschwerpunkte beider Institute umfassen heute die Bereiche hormonale, neuronale und renale Mechanismen des Herzkreislaufsystems und der Blutdruckregulation (Institut für Physiologie) sowie, nach Berufung von Heinrich Brinkmeier als neuem Direktor im Jahr 2002, Diagnose und Mechanismen neurologischer und neuromuskulärer Erkrankungen (Institut für Pathophysiologie). Die Räumlichkeiten des ehemaligen Hauses B und das Schloss werden nur noch zum Teil genutzt, vor allem als Dienstzimmer der in den Instituten tätigen Wissenschaftler. Im Schloss befinden sich darüber hinaus einige Einrichtungen, die allen auf dem Campus ansässigen Institutionen zur Verfügung stehen, wie eine Fachbibliothek und Vortragssäle. Literatur
Koordinaten: 53° 58' 14" N, 13° 36' 36" O |
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