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Extraktion (Zahnmedizin)



    Die Extraktion (lat. ex-trahere herausziehen) ist ein zahnärztliches Verfahren zur mechanischen Entfernung eines Zahnes. Sie gilt nicht als operatives Verfahren und wird meistens unter lokaler Betäubung durchgeführt.

Inhaltsverzeichnis

Indikation

Man unterscheidet absolute (Extraktion in jedem Fall sinnvoll) und relative (Zahnerhaltung zu teuer oder vom Patienten nicht erwünscht) Indikationen. Da ein kariöser Zahn aufgrund vielfältiger Behandlungsmöglichkeiten nur selten gezogen wird, sind nur wenige Indikationen denkbar, die eine Extraktion rechtfertigen. Diese basieren auf dem Grundgedanken, dass ein Zahn nur extrahiert werden sollte, wenn er nicht mehr erhaltungswürdig ist.

Absolute Indikationen sind:

  • bei Jugendlichen die Entfernung der Weisheitszähne, insbesondere im Rahmen von kieferorthopädischen Maßnahmen,
  • wenn der Zahn bereits bis in den Nerven hinein angegriffen ist und starke Schmerzen verursacht,
  • wenn der Zahn stark parodontal geschädigt ist (Lockerungsgrad III) und keine Regeneration des Stützgewebes oder Attachmentgewinn mehr zu erwarten ist,
  • ohne eigentliche Notwendigkeit als Vorbereitung zum Einsatz eines künstlichen Gebisses (prothetische Indikation),
  • bei einigen Zahnfrakturen (beispielsweise wenn eine komplette, vertikale Fraktur besteht, die i. d. R. nicht zu reparieren ist und ein gefährliches Einfallstor für Krankheitserreger darstellt; Fraktur im mittleren Wurzeldrittel).

Eine relative Indikation ist bei einem stark zerstörten, überkronungsbedürftigen Zahn gegeben, wenn der Patient sich finanziell keine Krone leisten kann (soziale Indikation). Auch ein schmerzhafter Zahn mit Nerventzündung (Pulpitis) kann eine Indikation darstellen, wenn der Patient keinen Erhaltungsversuch wünscht (weil keine Erhaltungsgarantie oder wegen eventuell weiterer Schmerzen).

Anästhesie

Bei Extraktionen im Oberkiefer wird zumeist eine Infiltrationsanästhesie (Umspritzung des Zahns mit einem Lokalanästhetikum) durchgeführt. Der Einstich erfolgt in der Umschlagfalte im Mundvorhof in Höhe der Wurzelspitze. Das Anästhetikum diffundiert durch die Mundschleimhaut und den Knochen, der vestibulär meist nur 1-3 mm dick ist. Die Wirkung der Anästhesie setzt meist schon nach einer Minute ein und erreicht nach 20 Minuten ihr Maximum. Praktisch kann der Zahn nach 3 Minuten extrahiert werden. Zusätzlich wird die Mundschleimhaut am Gaumen noch durch einen zweiten Einstich am Gaumen anästhesiert. Für den Seitenzahnbereich (4er bis 8er) erfolgt dieser palatinale Einstich in Höhe des oberen 6ers, in 1 cm Entfernung vom Zahnhals. Für die Frontzähne (3 bis 3), erfolgt der palatinale Einstich an der Inzisalpapille - leicht daneben, da sie sehr schmerzhaft ist. Der palatinale Einstich kann auch direkt im Gaumenbereich des zu extrahierenden Zahnes erfolgen.

Bei Extraktionen im Unterkiefer kann eine Leitungsanästhesie des Nervus alveolaris inferior am Foramen mandibulae durchgeführt werden. Dabei wird der Nervus lingualis mit betäubt. Für den Nervus buccalis wird in der Umschlagfalte des Mundvorhofes im Bereich des unteren 7ers oder 8ers noch eine kleine Menge Anästhetikum nachgespritzt. Das ist aber oft überflüssig, da bei weit geöffnetem Mund der Nervus buccalis bereits beim ersten Einstich für den Nervus alveolaris inferior mit betäubt wird.

Die Anästhesie hält ca. 2-3 Stunden an und klingt dann allmählich ab. In seltenen Extremfällen wirkt die Betäubung nur 10 Minuten oder hält über 6 Stunden an.

In der Tiermedizin werden Zahnextraktionen praktisch ausschließlich unter Vollnarkose durchgeführt.

Technik

Zur Extraktion werden spezifisch geformte Zangen, wie Oberkieferzangen, Unterkieferzangen, Weisheitszahnzangen und Wurzelrestzangen verwendet. Zum Aushebeln von Zähnen werden Extraktionshebel (z. B. Beinscher Hebel) verwendet. Diese Instrumente sind meist aus hochwertigem Stahl gefertigt.

Ein historisches Extraktionsinstrument ist z. B. der Storchschnabel.

Die Extraktion wird mit einer sterilen Zange vorgenommen. Begleiterscheinung der Extraktion sind starke Blutungen aus den verletzten Gefäßen. Postoperativ ist beim Gesunden lediglich die Einlage eines sterilen Tupfers für ca 30 min. notwendig. Das entstehende Blutgerinnsel (Koagulum) ist der ideale Wundverband. Am selben Tag sollten sportliche Aktivitäten und schwere körperliche Arbeit unterlassen werden, da dies zu Nachblutungen führen kann.

Komplikationen

Während der Extraktion kommt es zu Blutungen. Wurzelfrakturen (gelegentlich) oder Kieferbrüche (extrem selten) sind möglich. Auch die Lokalanästhesie hat ein gewisses Risiko für Nebenwirkungen.

Nach der Extraktion können ebenfalls Blutungen, Schmerzen, Alveolitis sicca, das sogenannte Postextraktionssyndrom (dolor post extractionem) oder Entzündungen auftreten.

Selten kommt es bei Extraktionen im Oberkiefer zur Eröffnung der Kieferhöhle, da die Zähne der oberen 3er bis 8er nur durch eine dünne Knochenlamelle vom Boden der Kieferhöhle getrennt sind. Entzündungen im Bereich der Wurzelspitze können diese dünne Knochenlammelle bereits vor der Extraktion aufgelöst haben. Bei sehr ungünstigen Knochenverhältnissen kann diese Knochenlamelle auch beim Gesunden gänzlich fehlen. Auch sehr schwierige Extraktionen (erschwerte Zahnextraktion) können zur Eröffnung der Kieferhöhle führen - insbesondere, wenn tief frakturierte Wurzelreste entfernt werden müssen und auch noch erschwerend eine sehr schlechte Sicht (hinterer Zahnbereich, starke Blutung, zu geringe Mundöffnung) hinzukommt. Gelegentlich werden auch tief frakturierte Wurzelreste bei Extraktionsversuchen in die Kieferhöhle gestoßen. Sie müssen dann durch einen kleinen operativen Eingriff mit Eröffnung der Kieferhöhle oder endoskopisch über die Alveole (Zahnfach) entfernt werden.

Die Eröffnung der Kieferhöhle bei der Extraktion stellt an sich noch keinen Kunstfehler dar. Wichtig ist nur, dass die Eröffnung der Kieferhöhle vom Zahnarzt gleich erkannt wird. Dazu empfiehlt sich die routinemäßige Durchführung des Nasen-Blas-Versuches nach der Extraktion von oberen Zähnen (außer 1er und 2er). Die eröffnete Kieferhöhle (Mund-Antrum-Verbindung = Mund-Kieferhöhlen-Verbindung) kann vom chirurgisch versierten Zahnarzt, Oralchirurgen oder Kieferchirurgen mit einem vestibulär gestielten Dehnungslappen gedeckt werden. Dazu wird das Periost an der Lappenbasis von der Innenseite des Lappens her durchtrennt, so dass sich der Mukosalappen ausreichen dehnen lässt. Der Patient darf nach der Operation nicht schnauben, um den wasser- und luftdichten Verschluss der Alveole und der Kieferhöhle nicht durch den hohen Druck zu zerstören. Auch beim Niesen baut sich dieser hohe Druck auf, er kann in den ersten Tagen nach der Operation das Operationsergebnis zunichte machen. Bei entzündeten Kieferhöhlen (z. B. durch die infizierte Wurzelspitze) versagt die primäre Deckung mit einer Lappentechnik regelmäßig, da das ausströmende Sekret (von der Nasenhöhle über die Alveole in die Mundhöhle) auch bei guten Wundverschluss sich wieder eine Verbindung bahnt. In diesem Fall ist vor der plastischen Deckung die Ausheilung der Entzündung in der Kieferhöhle erforderlich, gegebenenfalls wird dazu die Kieferhöhle über die eröffnete Alveole gespült. Erst nach dem Abklingen der Entzündung kann eine plastische Deckung erfolgen.

Verhalten nach der Extraktion

Für die Dauer der Anästhesie ist die Fahrtüchtigkeit nicht gegeben. Gegen den Wundschmerz können Schmerztabletten eingenommen werden. Jedoch keine, die Acetylsalcylsäure, (z. B. Aspirin) enthalten, da diese die Blutgerinnung stören. Sofortiges Kühlen kann später auftretende Schwellungen positiv beeinflussen. Körperliche Anstrengungen sind soweit wie möglich zu vermeiden. Nicht Rauchen! Gegebenenfalls sollten Mundöffnungsübungen durchgeführt werden. Getränke sollten nicht über einen Strohhalm aufgenommen werden da durch den Sog das Blutgerinnsel, das die Wunde verschlossen hat, wieder aufreißen kann.

Zahnimplantate

Nach der Extraktion ergibt sich medizinisch die Notwendigkeit von Zahnersatz. Grundsätzlich gibt es dafür nur zwei Möglichkeiten:

  1. herausnehmbar (herausnehmbare Zahnprothese, mit oder ohne Zahnimplantate)
  2. festsitzend (Kronen und Brücken, mit oder ohne Zahnimplantate)

Funktionell ist nur festsitzender Zahnersatz in der Lage, die natürliche Gebissfunktion vor der Extraktion wiederherzustellen.

Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Extraktion_(Zahnmedizin) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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