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Volkmar Sigusch



Volkmar Sigusch (* 11. Juni 1940 in Bad Freienwalde (Oder)), ist ein Sexualforscher, Arzt und Soziologe. Er war Direktor des Instituts für Sexualwissenschaft am Klinikum der Goethe-Universität Frankfurt am Main.

Leben

Sigusch hat Medizin, Psychologie und Philosophie (bei Horkheimer und Adorno) in Frankfurt am Main, Berlin und Hamburg studiert. An der Universität Hamburg habilitierte er sich 1972 nach einer psychiatrischen Ausbildung für das damals erstmalig von einer Universität als selbstständig anerkannte Fach „Sexualwissenschaft“. Seit seiner Berufung auf den neu eingerichteten Frankfurter Lehrstuhl für Sexualwissenschaft im selben Jahr gehört er als Hochschullehrer neben dem Fachbereich Medizin auch dem Fachbereich Gesellschaftswissenschaften an.

Heute ist Sigusch, der 1973 die International Academy for Sex Research zusammen mit William Masters, John Money, Gunter Schmidt u.a. gegründet hat, einer der international angesehensten Sexualwissenschaftler. Er gilt als Pionier der deutschen Sexualmedizin (erste empirische Studien und theoretische Abhandlungen zur Konzeption dieser Disziplin Ende der 1960er Jahre) und laut „Großer Brockhaus“ als Begründer der Kritischen Sexualwissenschaft. Sein Buch Die Mystifikation des Sexuellen ist in die Encyclopédie philosophique universelle/ Les oeuvres philosophiques (Paris: Presses Universitaires de France 1992) aufgenommen. Sigusch war mehrfach Erster Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Sexualforschung, der ältesten und größten Fachgesellschaft in Deutschland.

Durch Artikel in Der Spiegel (3. Juni 1996) und in Die Zeit (4. Okt. 1996) führte Sigusch den Begriff Neosexuelle Revolution ein, womit er der Entwicklung Rechnung tragen wollte, dass im Anschluss an die sog. Sexuelle Revolution der Jahre 1968ff ganz neuartige Erscheinungsformen des Sexuellen zu konstatieren sind.

Im Jahr 2000 widmeten ihm Martin Dannecker und Reimut Reiche, die sich bei ihm habilitiert haben, im Campus Verlag die Festschrift Sexualität und Gesellschaft mit Beiträgen namhafter Forscherinnen und Forscher, darunter Isabelle Azoulay, Günter Amendt, Werner Bohleber, Wolfgang Fritz Haug, Rüdiger Lautmann und Stavros Mentzos.

Zusammen mit Martin Dannecker und Gunter Schmidt ist er Herausgeber der Buchreihe Beiträge zur Sexualforschung, die im Psychosozial-Verlag erscheint (bisher 87 Bände). Er ist außerdem Mitherausgeber der Zeitschrift für Sexualforschung (bisher 18 Jahrgänge) sowie weiterer deutscher und internationaler Fachzeitschriften. Von 1979 bis 1986 gab er das populäre Periodikum Sexualität konkret heraus.

Die Schließung des von Sigusch geleiteten Institut für Sexualwissenschaft wurde nach seiner Emeritierung 2006 beschlossen.

Werke

Bisher veröffentlichte Sigusch etwa 500 wissenschaftliche Aufsätze sowie mehr als 30 medizinische, soziologische und philosophische Bücher, darunter:

  • Das Vorurteil gegen sexuell devianten Gruppen, 1967 (mit Gunter Schmidt)
  • Exzitation und Orgasmus bei der Frau, 1970
  • Tendenzen der Sexualforschung, 1970 (mit Gunter Schmidt und Eberhard Schorsch)
  • Arbeiter-Sexualität, 1971 (mit Gunter Schmidt)
  • Ergebnisse zur Sexualmedizin, 1972, 1973
  • Jugendsexualität, 1973 (mit Gunter Schmidt)
  • Die Zukunft der Monogamie, 1974 (mit Gion Condrau, Jean-G. Lemaire u.a.)
  • Therapie sexueller Störungen, 1975, 1980
  • Medizinische Experimente am Menschen, 1977, 1978
  • Sexualität und Medizin, 1979
  • Die sexuelle Frage, 1982
  • Vom Trieb und von der Liebe, 1984
  • Die Mystifikation des Sexuellen, 1984
  • Sexualtheorie und Sexualpolitik, 1984 (mit Martin Dannecker)
  • Sexualität konkret. Sammelband 2, 1984 (mit Ingrid Klein und Hermann L. Gremliza)
  • Operation AIDS, 1986
  • AIDS als Risiko, 1987
  • AIDS. Ergebnisse eines Kongresses, 1988 (mit Steffen Fliegel)
  • Kritik der disziplinierten Sexualität, 1989
  • Anti-Moralia, 1990
  • Geschlechtswechsel, 1992, 1993, 1995
  • Karl Heinrich Ulrichs. Der erste Schwule der Weltgeschichte, 2000
  • Freud und das Sexuelle. Neue psychoanalytische und sexualwissenschaftliche Perspektiven, 2005 (mit Ilka Quindeau)
  • Praktische Sexualmedizin: eine Einführung, 2005
  • Sexuelle Welten: Zwischenrufe eines Sexualforschers, 2005
  • Neosexualitäten: über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion, 2005
  • Sexuelle Störungen und ihre Behandlung, 1996, 1997, 2001, 2007

Quellen

  • Munzinger-Archiv [1]
  • Der Große Brockhaus in 15 Bänden, 2005 [2]
  • Brockhaus-Redaktion: Visionen 2000, 2000
  • Der Brockhaus Psychologie, 2001
  • Who is who in Europe
  • “Vom Trieb und von der Liebe”, Film über Volkmar Sigusch von Klaus Podak, 1984
  • Auf der CD-ROM zum „Kürschner Gelehrten-Kalender“ sind 350 Arbeiten von Sigusch aufgeführt.
  • Guha, A.-A.: Siguschs Lehrstuhl in Frankfurt. Frankfurter Rundschau, 12. März 1974
  • Gorsen, Peter: Was untrennbar bleibt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11. Dezember 1984
  • Heißenbüttel, H.: Etwas vom frühen Wilhelm Reich. Literatur konkret, Heft 1984/85
  • Schorsch, Eberhard: Vom Trieb und von der Liebe. Volkmar Sigusch als Aufklärer. Die Zeit, 21. März 1986
  • Milich, Klaus: Lob des Triebes. Volkmar Siguschs Begründung der Kritischen Sexualwissenschaft. Frankfurter Rundschau, 25. August 1990
  • Grumbach, Detlef: Der Körper sagt hü, die Seele sagt hott. Volkmar Siguschs neue Thesen zum Transsexualismus. Süddeutsche Zeitung, Feuilleton-Beilage, 2./3. Januar 1993, S. 66
  • Riehl-Heyse, Herbert: Über die Liebe in Zeiten der Cholera. Volkmar Sigusch. Südddeutsche Zeitung Magazin, Nr. 20 vom 19. Mai 1995, S. 10-15
  • Tolmein, Oliver: Volkmar Sigusch. Konflikterfahren. FAZ vom 28. Dezember 2005, S. 38
  • Oliver Tolmein, Ein Fall von Normalisierung. Nach der Abwicklung der Frankfurter Sexualwissenschaft: Bleibt Raum für Patienten?, F.A.Z. 07.10.2006, S.39
  • Feddersen, Jan: Das Ende der Aufklärung. taz vom 30. Dezember 2005, S. 11
  • Breidecker, Volker: Und das geschlechtliche Elend dauert fort und fort. Süddeutsche Zeitung vom 9. Januar 2006, S. 11
  • Zoske, Sascha: Vom Außenseiter zur Autorität. FAZ vom 17. Januar 2006, S. 44
  • Güntner, Joachim: Psychiatrisierung des Sexus. Volkmar Siguschs Institut wird umgepolt. Neue Zürcher Zeitung, 6. September 2006, S. 41
  • Podak, Klaus: Am Grunde der Liebe. Das Ende von Volkmar Siguschs Institut für Sexualwissenschaft. Süddeutsche Zeitung vom 29. September 2006, S. 11 [3]
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Volkmar_Sigusch aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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