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Tilidin



Strukturformel
Bezeichnungen
Freiname Tilidin
IUPAC-Name (E)-2-(Dimethylamino)- 1-phenyl-cyclohex-3-en- 1-carbonsäureethylester
Summenformel C17H23NO2
CAS-Nummer 51931-66-9
Chemisch-physikalische Daten
Molare Masse 273,37 g/mol
Schmelzpunkt
Siedepunkt

Tilidin gehört zur Gruppe der Opioide und ist der Wirkstoff des Schmerzmittels Valoron® N. N steht für die Beimischung des Opioidantagonisten Naloxon. Diese Kombination soll den Missbrauch von Tilidin eindämmen. Deshalb unterliegt sie auch nicht der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung, sondern nur der normalen Verschreibungspflicht. Wirksam wird das Naloxon aber nur bei intravenöser Verabreichung und bei oraler Einnahme von mehr als 300-400 mg. In der Schweiz ist Valoron® als Monosubstanz erhältlich und enthält Tilidin-HCl. Es kann deshalb nur auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden.

Tilidin selbst ist in der WHO-Klassifikation als Schmerzmittel der Stufe 3 eingeordnet.

Tilidin ist ein Opioid mit Phenylaminocyclohexenyl-Struktur. Als Prodrug ist es selber nur relativ schwach wirksam. Erst durch Verstoffwechselung in der Leber wird es zum wesentlich potenteren Nortilidin, das die hauptsächliche Wirkung ausübt.

Inhaltsverzeichnis

Nutzung

Tilidin kann laut der Roten Liste für starke bis sehr starke Schmerzen verordnet werden. Die Potenz liegt bei 0,16-0,19 zu Morphin (ein Fünftel der analgetischen Wirkstärke). Bei sehr starken Schmerzen reicht Tilidin allerdings meistens nicht mehr aus. In solchen Fällen werden zumeist Morphin oder morphinähnliche Stoffe eingesetzt. Weiterhin ist es ein verbreitetes Therapeutikum beim Restless-Legs-Syndrom, wobei hier nicht der analgetische Wirkmechanismus im Vordergrund steht.

Pharmakokinetik und Missbrauchspotential

Tilidin an sich hat kaum opioidtypische Wirkung und wird erst bei seiner ersten Passage durch die Leber zu Nortilidin – dem eigentlichen opioiden Wirkstoff – verstoffwechselt. Nortilidin ist einerseits ein µ-Agonist, andererseits wird es im weiteren Verlauf in das wiederum aktive Bis-Nortilidin überführt, was ebenfalls opioide Effekte vermittelt. Nach der Einnahme von Tilidin baut sich die Opioidwirkung vergleichsweise schnell auf (etwa 10-20 Minuten).

Das dem Tilidin beigemengte Naloxon wird im Allgemeinen bei seiner ersten Passage durch die Leber fast vollständig abgebaut und inaktiviert. Da aber dem Tilidin eine relativ große Menge Naloxon beigemengt wird, wird davon nur ein Teil in der Leber deaktiviert und es bleibt – bei der Einnahme einer größeren Menge Tilidin – noch stets genug davon übrig, um seine antagonistische Wirkung zu entfalten und die Wirkung des eingenommenen Tilidin oder weiterer Opioide zu hemmen oder zunichte zu machen. Eine Sonderstellung hat das Opioid Buprenorphin, dies wird normalerweise nicht durch Naloxon antagonisiert, da die Rezeptor-Affinität des Buprenorphins höher ist als die des Naloxon. Bei intravenöser Gabe werden große Teile des Naloxons sofort wirksam, was darauf zurückgeführt werden kann, dass das meiste Naloxon die entscheidenden Rezeptoren erreicht, bevor es inaktiviert werden kann, wobei auch nur ein Teil überhaupt inaktiviert werden könnte. Durch die direkte intravenöse Gabe wird die Leberpassage zum entsprechenden Zeitpunkt größtenteils übergangen. Bildlich gesprochen blockiert das injizierte Naloxon nicht nur die Wirksamkeit des Tilidins, sondern auch anderer Opiate, wobei es bei Opiatabhängigen schwerste Entzugserscheinungen auslöst.

Nur bei Beimengung des Opioidantagonisten Naloxon werden tilidinhaltige Präparate als Stufe-2 Analgetikum in der WHO- Klassifikation eingeordnet. Ziel der Beimengung ist, den Missbrauch von Tilidin durch Drogenabhängige einzuschränken. Unter Konsumenten hochpotenter Opiate wie Morphin, halbsynthetischer Opioide wie Heroin oder vollsynthetischer Opioide wie Methadon mit entsprechend hoher Toleranz erfreut es sich tatsächlich keiner großen Beliebtheit, da es für diesem Personenkreis mangels Möglichkeit zum intravenösen oder hochdosierten Konsum kaum Missbrauchspotential bietet. Davon abgesehen scheint es aber einen zunehmenden Missbrauch - auch unter Jugendlichen - zu geben, es kommt auch häufig zu Rezeptfälschungen im Zusammenhang mit Tilidin.[1]

Tilidin besitzt ein hohes psychisches Abhängigkeitspotential, da es schon in niedrigen Dosen oft ein starkes, angenehmes Wohlbefinden auslöst. Erste euphorisierende Effekte können schon ab 25-50 mg auftreten (also teilweise unterhalb der therapeutischen Dosis!), dagegen wird das beigemischte Naloxon erst ab einer Dosis von 300 bis 400 mg Tilidin (oral) wirksam. Die Beimengung schützt also keineswegs vor einer primären Tilidinabhängigkeit.

Substanzformen

Tilidin ist als Lösung in Form von Tropfen, Kapseln sowie als retardierte Tablettenform auf Rezept erhältlich.

Nebenwirkungen

Prinzipiell alle der opioidtypischen Nebenwirkungen treffen auf Tilidin zu (Siehe Opioid, Abschnitt Nebenwirkungen). Der rasche Wirkungseintritt begünstigt Übelkeit und Erbrechen. Im Gegensatz zu sedierenden Opioiden wie Morphin macht Tilidin im Allgemeinen weniger träge und wird in Einzelfällen sogar als leicht antriebssteigernd wahrgenommen.

Bei Menschen mit bestehenden Vorschädigungen der Leber ist die fixe Kombination Tilidin/Naloxon nicht zu empfehlen, bei Niereninsuffizienzen kann sie jedoch eingesetzt werden. Opioide sind überdies generell recht verträglich und belasten die Organe im Vergleich zu anderen Schmerzmitteln wenig.

In der Vergangenheit wurde in verschiedenen Medien behauptet, Tilidin mache aggressiv. Da eine solche Wirkung von Tilidin in der Schmerztherapie unbekannt ist, scheint dies auf den ersten Blick wenig plausibel. Mindestens eine Reportage befasste sich in diesem Zusammenhang ausschließlich mit jugendlichen Konsumenten arabischer Herkunft, die offenkundig einem kleinkriminellen Milieu angehörten. Dies legt den Schluss nahe, dass hierbei vor allem soziokulturelles Umfeld und Mentalität des Konsumenten ursächlich sind, wenn die durch Tilidin hervorgerufene Euphorie und Anxiolyse zu Gewalttätigkeiten führt, wie sie auch bei Alkoholkonsum zu ähnlichem Verhalten führen.

Hinweis zur Definition des Tilidins als Opioid

Aufgrund der Tatsache, dass Tilidin selbst fast keine opioidtypische Wirkung hat, herrscht unter Experten Uneinigkeit darüber, ob Tilidin als Opioid oder nur als Vorstufe (Prodrug) zu einem wirkstarken Opioid (Nortilidin) bezeichnet werden soll.

Versuche in den 70ern zeigten, dass Injektionen von Tilidin außer einem faden, fischähnlichen Geschmack im Mund keinerlei Wirkung hervorriefen.

Rechtsstatus in Deutschland

Tilidin ist in der Bundesrepublik Deutschland aufgrund seiner Aufführung in der Anlage 3 BtMG ein verkehrsfähiges und verschreibungsfähiges Betäubungsmittel. Der Umgang ohne Erlaubnis oder Verschreibung ist grundsätzlich strafbar. Weitere Informationen sind im Hauptartikel Betäubungsmittelrecht in Deutschland zu finden.

Ausgenommen in Zubereitungen, die ohne einen weiteren Stoff der Anlagen I bis III BtMG bis zu 7 vom Hundert oder je abgeteilte Form bis zu 300 mg Tilidin, berechnet als Base, und, bezogen auf diese Mengen, mindestens 7,5 vom Hundert Naloxonhydrochlorid enthalten.

Einzelnachweise

  1. http://www.lak-bw.de/Warnung_vor_gefaelschten_Tilid.45.0.html
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Tilidin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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