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Tellur
Tellur [tɛˈluːr] (lat. tellus „Erde“) ist ein seltenes chemisches Element mit dem Symbol Te und der Ordnungszahl 52 im Periodensystem der Elemente. Seine Häufigkeit entspricht ungefähr der von Gold, mit dem es auch verschiedene Verbindungen eingeht, die in der Natur als Minerale auftreten. Es befindet sich in der 5. Periode des Periodensystems der Elemente und ist das vierte Element der 16. Gruppe (beziehungsweise 6. Hauptgruppe) und ist somit ein Chalkogen (Erzbildner). Kristallines Tellur ist ein silberweißes, metallisch glänzendes Halbmetall, das im Aussehen Zinn und Antimon ähnelt. Es reagiert spröde auf mechanische Belastung und kann daher leicht pulverisiert werden. In chemischen Verbindungen mit Nichtmetallen steht es in seinem Verhalten Schwefel und Selen nahe, in Legierungen und intermetallischen Verbindungen zeigt es jedoch sehr ausgeprägte (halb-)metallische Eigenschaften. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GeschichteTellur wurde 1782 von dem österreichischen Chemiker und Mineralogen Franz Joseph Müller von Reichenstein (1740–1825) bei Untersuchungen von Gold-Erzen aus der Grube Mariahilf bei Zlatna (dt. Klein Schlatten, ung. Zalatna) nahe Sibiu (dt. Hermannstadt, Siebenbürgen, Rumänien) entdeckt, die eine geringere Goldausbeute als erwartet erbrachten. Er war durch die wissenschaftliche Abhandlung Nachricht vom gediegenen Spiesglaskönig in Siebenbürgen[3] von Ignaz von Born (1742–1791) auf die Erze aufmerksam geworden. (Spiesglaskönig bezeichnet gediegenes Antimon, Spiesglas ist eine alte Bezeichnung für das Mineral Antimonit (Stibnit, Grauspießglanz Sb2S3)). Von Born hielt das gediegene Metall in den Golderzen für Antimon und führte die geringe Ausbeute auf eine Verbindung des Goldes mit Antimon zurück. Müller von Reichenstein widersprach dieser Ansicht und hielt es zunächst für „geschwefelten Wismuth“[4]. Nach weiteren Untersuchungen, die er zwischen 1783 und 1785 in einer vierteiligen Abhandlung publizierte[5], schloss er jedoch auch Bismut aus, da das Metall, im Gegensatz zu Antimon und Bismut, praktisch nicht mit Schwefelsäure reagierte. Er verlieh der metallischen Phase den Namen metallum problematicum (auch aurum problematicum beziehungsweise aurum paradoxum). Nach heutiger Erkenntnis besteht es neben gediegenem Tellur aus den Mineralen Nagyágit (Blättererz, AuPb(Pb,Sb,Bi)Te2–3S6) und Sylvanit (Schrifttellur, (Au,Ag)Te2). Müller von Reichenstein vermutete, dass metallum problematicum „...vielleicht ein neues bisher noch nicht gekanntes Halbmetall seye?“, wollte seine Befunde jedoch erst von dem schwedischen Mineralogen und Chemiker Torben Olof Bergman (1735–1784) bestätigen lassen. Im Jahr 1783 schickte er Proben des Erzes zur Begutachtung an Bergman, jedoch verstarb dieser 1784 und die Untersuchungen an metallum problematicum wurden 1785 vorerst eingestellt. Erst zwölf Jahre später, im Jahr 1797, erhielt Martin Heinrich Klaproth (1743–1817) in Berlin Proben der Erze von Müller von Reichenstein. Klaproth bekräftigte die Schlussfolgerungen aus Müller von Reichensteins Untersuchungen und sah genügend Hinweise für die Entdeckung eines neuen Elements. Im Januar 1798 würdigte Klaproth die Verdienste Müller von Reichensteins in einem Vortrag und schrieb ihm die Entdeckung des neuen Elements zu. Da Müller von Reichenstein dem Element keinen Namen gegeben hatte, entschied sich Klaproth für den Namen Tellur (lat. tellus: „Erde“): „Zur Ausfüllung dieser bisherigen Lücke in der chemischen Mineralogie lege ich hier meine mit diesen kostbaren Erzen angestellten Versuche und Erfahrungen dar, deren Hauptresultat in der Auffindung und Bestätigung eines neuen eigenthümlichen Metalls besteht, welchem ich den von der alten Mutter Erde entlehnten Nahmen Tellurium beylege“[6]. Die originalen Handstücke des Probenmaterials von Klaproth befinden sich heute im Museum für Naturkunde in Berlin. Unabhängig von Müller von Reichenstein und Klaproth entdeckte 1789 der ungarische Chemiker und Botaniker Paul Kitaibel (1757–1817) das Tellur bei Untersuchungen von Golderzen aus dem Bergbauort Nagybörzsöny (Deutsch-Pilsen) in Ungarn. Klaproth erwähnte in seinem veröffentlichten Vortrag jedoch nur Müller von Reichenstein, obwohl er seit 1796 durch ein Manuskript Kitaibels auch Kenntnis von seinen Untersuchungen hatte. In einem Brief an Kitaibel erklärte Klaproth, der Inhalt des Manuskripts sei ihm entfallen und er habe bei den Untersuchungen der Erze Müller von Reichensteins keinen Zusammenhang mit seiner Arbeit gesehen. Klaproth überzeugte Kitaibel schließlich, dass die Entdeckung des Tellurs allein Müller von Reichenstein zugeschrieben werden sollte, da dieser bereits einige Jahre früher dieselben Beobachtungen an dem neuen Element machte. Das Elementsymbol Te wurde 1814 von Jöns Jakob Berzelius (1779–1848) vorgeschlagen und wird bis heute verwendet. Die erste Strukturaufklärung von kristallinem Tellur mit Hilfe der Röntgenbeugung erfolgte 1924.[7] VorkommenTellur ist ein selten vorkommendes Element; sein Anteil an der Erdkruste beträgt ca. 0,01 ppm (g/t). Mit Gold, untergeordnet auch mit Silber, Kupfer, Blei und Bismut sowie den Platinmetallen kommt es selten gediegen, also in elementarer Form in der Natur, vor. Gediegenes Tellur gehört als Mineral zur Gruppe der Elemente, genauer der Halb- und Nichtmetalle und wird in der Systematik der Minerale nach Strunz unter der Nummer I/B.03-40 beziehungsweise 1.3.4.2 nach Dana geführt. Spuren bis hin zu größeren Mengen an Selen können in gediegenem Tellur enthalten sein (Selentellur). Obwohl es sich bei Tellur um ein seltenes Element handelt, ist eine relativ große Anzahl von Mineralen bekannt, denn Tellur bildet eigene Minerale, weil es nur selten in Sulfiden oder Seleniden beziehungsweise Sulfaten oder Selenaten eingebaut wird; für diese Kristallgitter der leichteren Homologen ist es zu groß. Umgekehrt dagegen vertreten die beiden leichteren Homologen häufiger das Tellur auf seinen Gitterplätzen in Kristallstrukturen tellurhaltiger Minerale. Tellur zeigt von allen Elementen die höchste Affinität zu Gold und findet sich daher in der Natur häufig in Form von Gold-Telluriden, Mineralen mit Tellurid- (Te2−) beziehungsweise Ditellurid-Anionen (Te22−). Neben Gold und anderen Edelmetallen bilden vor allem Blei und Bismut weitere natürliche Telluride, oft begleitend (Paragenesen) zu den gediegenen Metallen und Gold-Erzen. Seltener sind Minerale mit Te4+-Kationen (Tellur-Oxide und Oxotellurate(IV)) in der Kristallstruktur. Im Jahr 2007 sind insgesamt 155 tellurhaltige Minerale bekannt, von denen 132 durch die International Mineralogical Association (IMA) als eigenständige Minerale anerkannt sind.[8] Eine Auswahl bekannter Minerale ist in der Tabelle angegeben.
Minerale mit Te6+-Kationen sind äußerst selten, es sind 21 Minerale bekannt, die größtenteils Kupfer und Blei enthalten. Neben den genannten Mineralen existieren in der Natur sogar gemischtvalente Tellurminerale, darunter das Calcium-Oxotellurat(IV,VI) Carlfriesit CaTe3O8 mit einem Te4+:Te6+-Verhältnis von 2:1.[9],[10]
Gewinnung und DarstellungTellur wird zusammen mit Selen industriell ausschließlich aus Nebenprodukten der großtechnischen elektrolytischen Kupfer- und Nickel-Herstellung gewonnen. In den anfallenden Anodenschlämmen sind wasserunlösliche Edelmetall-Telluride und -Selenide der allgemeinen Formel M2Ch (M = Cu, Ag, Au; Ch = Se, Te) enthalten, die bei Temperaturen oberhalb 500 °C unter Luftsauerstoff (O2) mit Soda (Natriumcarbonat Na2CO3) zur Reaktion gebracht werden. Die Edelmetall-Kationen werden dabei zu elementaren Metallen reduziert, die Tellurid-Anionen zu Oxotelluraten(IV) (TeO32−) oxidiert: Alternativ kann diese Umsetzung auch mit Salpeter (Natriumnitrat NaNO3) unter Luftausschluss und Bildung von Stickoxiden (NO und NO2) erfolgen: Das entstandene Natriumtellurat(IV) Na2TeO3 wird anschließend in Wasser gelöst, wo es basisch reagiert und Hydrogentellurat(IV)-Ionen HTeO3− bildet. Die Abtrennung der Tellurate(IV) von den ebenfalls entstandenen Selenaten(IV) in der basischen Lösung erfolgt durch Neutralisation unter Zugabe von Schwefelsäure (H2SO4), wodurch in Wasser nahezu unlösliches Tellurdioxid TeO2 ausfällt: Das Tellurdioxid kann entweder in Laugen durch Elektrolyse oder auf chemischem Weg durch Lösung in konzentrierten Mineralsäuren und Einleitung von Schwefeldioxid SO2 zu elementarem Tellur reduziert werden, wobei Sulfit-Ionen (SO32−) entstehen: Zur Gewinnung von hochreinem Tellur (> 99,9 %) wird das Zonenschmelzverfahren angewendet. Die Weltjahresproduktion betrug im Jahr 2005 134 Tonnen. Zu den Produzenten zählen die USA (50 t), Peru (33 t), Kanada (28 t) und Japan (23 t). Weitere Industrienationen, wie Deutschland und Russland, produzieren wahrscheinlich ebenfalls Tellur, es liegen jedoch keine Zahlen vor.[11] ModifikationenKristallines Tellur
Bei Standardbedingungen ist von Tellur nur eine kristalline Modifikation (Te-I oder α-Te) bekannt, die als kristallines oder metallisches Tellur bezeichnet wird. Es ist isotyp zu α-Selen, das heißt es hat die gleiche Kristallstruktur. Tellur kristallisiert im trigonalen Kristallsystem in der Raumgruppe P3121 mit den Gitterparametern a = 446 pm und c = 592 pm und drei Formeleinheiten in der Elementarzelle (kleinste Baueinheit der Kristallstruktur). Die nach der Hermann-Mauguin-Symbolik beschriebene Raumgruppe P3121 erläutert die Zentrierung der Elementarzelle sowie die vorhandenen Symmetrieelemente. P bedeutet, dass das Bravais-Gitter primitiv ist, die Atome können sich nur auf den Ecken der Elementarzelle und nicht im Zentrum oder in den Flächen- oder Kantenmitten befinden. Auf die Angabe der Zentrierung folgen die vorhandenen Symmetrieelemente der Raumgruppe: 31 beschreibt eine dreizählige Schraubenachse (Vervielfältigung eines Teilchens durch Drehung um 120° und Verschiebung (Translation) um 1/3 in Richtung der Drehachse) parallel zur kristallographischen c-Achse ([001]), 2 beschreibt eine zweizählige Drehachse (Vervielfältigung durch Drehung um 180°) parallel zu den drei kristallographischen a-Achsen ([100]), 1 das Symmetrieelement der einzähligen Symmetrieachse oder Identität (Vervielfältigung durch Drehung um 360°, das Teilchen bildet sich also auf sich selbst ab) in Richtung der Winkelhalbierenden der a-Achsen ([210]). Die Kristallstruktur enthält nur ein kristallographisch unterscheidbares Telluratom mit den Lagekoordinaten x = 0,2636, y = 0 und z = 1/3. Alle weiteren Atome der Kristallstruktur können durch die vorhandenen Symmetrieelemente der Raumgruppe auf dieses eine Atom zurückgeführt werden. Da das Telluratom in seiner Lage mit der zweizähligen Symmetrieachse der Raumgruppe (P3121) zusammenfällt, wird es ausschließlich durch die dreizählige Schraubenachse (31) vervielfältigt. Dadurch entstehen spiralförmige Ketten aus kovalent gebundenen Telluratomen parallel zur c-Achse. Die Telluratome sind innerhalb der Kette 284 pm voneinander entfernt, der Bindungswinkel beträgt 103,1°. Die Bindungen innerhalb der Kette sind in den Abbildungen rot hervorgehoben, jeweils eine Kette ist zur Verdeutlichung blau dargestellt, wobei sich das dunkelblaue Atom auf z = 1/3, das mittelblaue auf z = 2/3 und das hellblaue auf z = 1 beziehungsweise z = 0 befindet. Jedes dritte Atom innerhalb der Kette ist also deckungsgleich. Jede Kette wird von sechs weiteren Ketten umgeben. Zwischen den Ketten existieren Van-der-Waals-Bindungen mit Te-Te-Abständen von 349 pm (grün gestrichelt), die durch die Unterschreitung des Van-der-Waals-Radius (2 · 206 pm = 412 pm) der Telluratome zustande kommen. Für ein einzelnes Telluratom ergibt sich dabei eine Koordinationszahl von 6, genauer 2+4, da 2 Atome aus der gleichen Kette stammen und damit einen geringeren Abstand als die weiteren 4 aus Nachbarketten aufweisen. Als Koordinationspolyeder ergibt sich damit ein verzerrtes Oktaeder (gelb hervorgehoben). Tellur kann auch in der Raumgruppe P3221 statt P3121 kristallisieren. Die 32-Schraubenachse vervielfältigt ein Atom ebenfalls durch Drehung um 120°, anschließend wird es jedoch um 2/3 statt 1/3 in Richtung der Drehachse verschoben. Dadurch entstehen ebenfalls spiralförmige Ketten, die sich jedoch im Uhrzeigersinn statt im Gegenuhrzeigersinn (bei der 31-Schraubenachse) entlang der c-Achse winden. Die Kristallstruktur in der Raumgruppe P3221 („Linksform“) ist somit das Spiegelbild der Struktur in der Raumgruppe P3121 („Rechtsform“). Das Auftreten von spiegelbildlichen Kristallformen wird in der Kristallographie als Enantiomorphie bezeichnet. Das Kristallsystem von Tellur wird oft als hexagonal angegeben. Dem hexagonalen und trigonalen Kristallsystem liegt die gleiche Elementarzelle zugrunde, jedoch würde eine hexagonale Symmetrie das Vorhandensein einer sechszähligen Symmetrieachse (6, Vervielfältigung eines Teilchens durch Drehung um 60°) voraussetzen. Die Kristallstuktur von Tellur beinhaltet jedoch nur die dreizählige Schraubenachse (31) und gehört damit zweifelsfrei in das niedriger symmetrische trigonale Kristallsystem. In Hochdruckexperimenten mit kristallinem Tellur (Te-I oder α-Tellur) wurden weitere Modifikationen entdeckt. Die angegebenen Druckbereiche für die Stabilität der Modifikationen variieren zum Teil in der Literatur:
Amorphes TellurDie unbeständige amorphe Modifikation ist ein braunes Pulver und kann aus telluriger Säure (H2TeO3) durch Reaktion mit schwefliger Säure (H2SO3) beziehungsweise Sulfit-Ionen (SO32−) dargestellt werden. Die Sulfit-Ionen werden dabei zu Sulfat-Ionen (SO42−) oxidiert während die Te4+-Kationen zu elementarem Tellur reduziert werden: Amorphes Tellur wandelt sich unter Standardbedingungen langsam in die kristalline Modifikation um. EigenschaftenPhysikalische EigenschaftenKristallines Tellur ist ein intrinsischer direkter Halbleiter mit einer Bandlücke von 0,334 eV. Die elektrische Leitfähigkeit lässt sich wie bei allen Halbleitern durch Temperaturerhöhung oder Belichtung steigern, dies führt bei Tellur jedoch nur zu einem geringen Anstieg. Die elektrische Leitfähigkeit und Wärmeleitfähigkeit verhält sich bei Tellur richtungsabhängig, das heißt anisotrop. Kristallines Tellur ist ein weiches (Mohshärte 2,25) und sprödes Material, das sich leicht zu Pulver verarbeiten lässt. Durch Druckerhöhung wandelt sich Tellur in weitere kristalline Modifikationen um. Oberhalb von 450 °C geht Tellur in eine rote Schmelze über, bei Temperaturen über 990 °C liegt Tellur als gelbes diamagnetisches Gas aus Te2-Molekülen vor. Bei Temperaturen über 2000 °C zerfallen die Te2-Moleküle in einzelne Atome. Chemische EigenschaftenKristallines Tellur ist unlöslich in Wasser und schlecht löslich in den Mineralsäuren Salzsäure und Schwefelsäure sowie in Laugen. Gut löslich ist es hingegen in Salpetersäure, da diese ein sehr starkes Oxidationsmittel ist und elementares Tellur zu Telluraten mit der stabilen Oxidationsstufe +IV oxidiert. Tellurschmelzen greifen Kupfer, Eisen und rostfreien Edelstahl an. In Verbindungen mit Nichtmetallen verhält sich Tellur wie das leichtere Gruppenmitglied Selen. An Luft verbrennt es in einer grün gesäumten, blauen Flamme zu Tellurdioxid TeO2: Tellur reagiert spontan mit Halogenen unter Bildung von Tellurhalogeniden. Bemerkenswert ist hierbei, dass Tellur im Gegensatz zu den leichteren Homologen Selen und Schwefel auch thermodynamisch stabile Iodide bildet, darunter Telluriodid TeI mit der Oxidationsstufe +I. Mit unedlen Metallen wie zum Beispiel Zink reagiert es heftig zu den entsprechenden Telluriden. IsotopeVon Tellur sind Isotope mit Massenzahlen zwischen 105 und 142 bekannt.[13] Natürliches Tellur ist ein Mischelement, das aus acht Isotopen besteht, von denen vier (122Te, 124Te, 125Te, 126Te) vollkommen stabil sind. Das instabile Isotop 123Te zerfällt unter Elektroneneinfang und Aussendung von Röntgenstrahlung zu 123Sb. Das Isotop 120Te geht über den doppelten Elektroneneinfang direkt in 120Sn über. Die Isotope 128Te und 130Te wandeln sich durch Emission von Betastrahlung (Doppelter Betazerfall) in 128Xe beziehungsweise 130Xe um. Bei allen vier natürlichen instabien Isotopen ist die Aktivität jedoch so schwach dass man sie für den Alltagsgebrauch völlig vernachlässigen kann. 1 Kilogramm Tellur (natürliches Isotopengemisch) hat eine Radioaktivität von nur 95 Becquerel. Und 99,995 Prozent von der Gesamtstrahlung des natürlichen Isotopengemisch werden allein durch das Isotop 123Te verursacht. Ohne das Isotop 123Te läge die Aktivität von Tellur sogar bei nur 5 Becquerel pro Tonne. Den größten Anteil an natürlichem Tellur bildet zu ungefähr einem Drittel das Isotop 130Te mit einer Halbwertszeit von 7,9 • 1020 Jahren, gefolgt vom Isotop 128Te. Die durchschnittliche Atommasse der natürlichen Tellur-Isotope beträgt daher 127,60 und ist damit größer als die des im Periodensystem folgenden Reinelements Iod mit 126,90. 128Te gilt als das Isotop mit dem langsamsten Zerfall aller nichtstabilen Isotope sämtlicher Elemente. Der äußerst langsame Zerfall mit einer Halbwertszeit von 7,2 • 1024 [14] Jahren konnte nur aufgrund der Detektion des Zerfallsproduktes (128Xe) in sehr alten Proben natürlichen Tellurs festgestellt werden. [15] Von den übrigen Isotopen hat das Kernisomer 121mTe mit 154 Tagen die längste Halbwertzeit. Auch bei den Isotopen 127Te und 129Te liegen die Halbwertzeit deren Kernisomere über den des Grundzustand. Als Tracer wird am häufigsten das Isotop 127Te verwendet, gefolgt von 121Te. Die Isotope 127Te und 129Te treten auch als Spaltprodukte bei der Kernspaltung in Atomreaktoren auf. Siehe auch: Liste der Tellur-Isotope VerwendungTellur ist ein technisch weniger bedeutendes Element, da es teuer in der Herstellung ist und in der Verwendung häufig durch andere Elemente beziehungsweise Verbindungen ersetzt werden kann. Elementares Tellur wird in der Metallindustrie unter anderem als Zusatz (< 1 %) für Stahl, Gusseisen, Kupfer- und Blei-Legierungen sowie in rostfreien Edelstählen verwendet. Es fördert die Korrosionsbeständigkeit und verbessert die mechanischen Eigenschaften sowie die Bearbeitbarkeit.
Als Halbleiter wird reines Tellur nur wenig eingesetzt, meist wird Tellur in II-VI-Verbindungshalbleitern verwendet. Cadmiumtellurid CdTe wird z.B. in Fotodioden und Dünnschicht-Solarzellen zur Stromerzeugung aus Licht verwendet. Kombinationen aus Germanium- GeTe und Antimon-Telluriden Sb2Te3 werden in Phasenwechselmaterialien als Bestandteil optischer Speicherplatten (z. B. CD-RW) oder in neuartigen Speichermaterialien wie Phase Change Random Access Memory verwendet. Gläser aus Tellurdioxid TeO2 werden aufgrund der hohen Brechzahlen anstelle von Kieselglas SiO2 in Lichtwellenleitern eingesetzt. In der Mikrobiologie wird mit farblosem Kaliumtellurat(IV) K2TeO3 versetzter Agar als selektives Nährmedium zum Nachweis von Staphylokokken benutzt. Die Bakterienkolonien erscheinen dabei als kleine schwarze Kugeln, da sie die Te4+-Kationen zu elementarem Tellur reduzieren und in ihre Zellen einlagern Weiterhin werden geringe Mengen von Tellur zur Vulkanisierung von Gummi, in Sprengkapseln und zum Färben von Glas und Keramik verwendet. Biologische BedeutungIm Gegensatz zu Selen gilt Tellur als nicht-essentielles Spurenelement, das heißt, eine allein auf Tellur basierende biologische Funktion wird vermutet, konnte jedoch bislang nicht nachgewiesen werden. Sicherheitshinweise und Toxizität
Tellur ist ein für den menschlichen Organismus giftiges Element und wird mit dem entsprechenden Gefahrensymbol „T“ gekennzeichnet, es ist jedoch nicht so giftig wie das Selen. Dies steht in Analogie zu den benachbarten Elementen der 5. Hauptgruppe, wo das Antimon ebenfalls weniger giftig als das Arsen ist. Gelangen elementares Tellur oder leichtlösliche Tellurverbindungen wie Alkalimetall-Tellurate (zum Beispiel Na2TeO3) durch Verschlucken (peroral) in den Körper, bildet sich durch Reduktion giftiges Dimethyltellurid (Me2Te: H3C−Te−CH3), das zur Schädigung von Blut, Leber, Herz und Nieren führen kann. Leichtlösliche Tellurverbindungen werden dabei als gefährlicher eingestuft, da elementares Tellur sehr schlecht löslich ist. Tellurvergiftungen machen sich durch einen intensiven Knoblauchgeruch der Atemluft bemerkbar, der durch das Dimethyltellurid hervorgerufen wird. Es wird ebenfalls über die Haut langsam ausgeschieden. Die Maximale Arbeitsplatz-Konzentration (MAK) wird mit 0,1 mg/m3 angegeben. Tellurstäube können sich in Luft von selbst entzünden, fein verteilt in entsprechender Konzentration sogar explosiv reagieren. Durch die Verbrennung bildet sich gesundheitsschädliches Tellurdioxid TeO2. Die angegebenen R-Sätze 36/37/38 und S-Sätze 26 und 37 gelten nur für Tellurpulver. NachweisElementares Tellur kann in heißer konzentrierter Schwefelsäure (H2SO4) durch Oxidation des Tellurs unter Bildung des roten Te42+-Kations (Tetratellur-Dikation) nachgewiesen werden. Ein Teil der Schwefelsäure wird bei der Reaktion zu Schwefliger Säure (H2SO3) reduziert, die aufgrund der hohen Temperaturen in Wasser (H2O) und ihr Anhydrid Schwefeldioxid (SO2) zerfällt, welches als Gas entweicht: Die Farbe des quadratisch-planar aufgebauten Te42+-Kations kommt durch sechs delokalisierte π-Elektronen zustande, die einen Teil des sichtbaren Lichts absorbieren. Die übrigen, nicht absorbierten Wellenlängen des Lichts ergeben die Komplementärfarbe Rot. TellurverbindungenIn Verbindungen tritt Tellur am häufigsten in den Oxidationsstufen -II (Telluride) und +IV (Tetrahalogenide, Tellurdioxid und Tellurate(IV), veraltet Tellurite) auf. Seltener sind die Oxidationsstufen +VI (Tellurate(VI)) und +II (Dihalogenide) sowie −I (Ditelluride) und +I (Monohalogenide, nur bekannt als TeI). WasserstoffverbindungenTellurwasserstoff H2Te ist ein farbloses giftiges Gas, das durch Reaktion von Telluriden (MxTey) mit starken Säuren, zum Beispiel Salzsäure HCl, entsteht. In Wasser gelöst (Tellurwasserstoffsäure) reagiert es sauer, an Luft zersetzt sich die Lösung umgehend in Wasser und elementares Tellur. SauerstoffverbindungenTellurdioxid (Tellur(IV)-oxid) TeO2 ist ein farbloser kristalliner Feststoff und das wichtigste Oxid des Tellurs. Es entsteht bei der Verbrennung von elementarem Tellur mit Luft. Es ist das Anhydrid der schwach amphoteren und unbeständigen tellurigen Säure H2TeO3. Tellurdioxid existiert in einer orthorhombischen (Tellurit) und einer tetragonalen (Paratellurit) Modifikation, die in der Natur auch als Minerale auftreten. Tellurtrioxid (Tellur(VI)-oxid) TeO3 ist ein gelber, trigonal/rhomboedrisch kristallisierender Feststoff und das Anhydrid der Orthotellursäure H6TeO6. Es entsteht bei der Entwässerung der Orthotellursäure durch starke Temperaturerhöhung. Die gelbe Farbe kommt durch Elektronenübertrag des Sauerstoffs auf das Tellur („Charge-Transfer“) zustande. Tellurmonoxid (Tellur(II)-oxid) TeO ist ein weiteres, bei Standardbedingungen jedoch instabiles Oxid des Tellurs. Es wird als schwarzer amorpher Feststoff beschrieben und reagiert in feuchter Luft mit Sauerstoff zum stabileren Tellurdioxid TeO2. Ditellurpentoxid (Tellur(IV)-Tellur(VI)-oxid) ist ein gemischtes Telluroxid mit Te4+- und Te6+-Kationen. Es ist neben Tellurtrioxid ein weiteres Produkt bei der thermischen Zersetzung der Orthotellursäure und kristallisiert im monoklinen Kristallsystem. Tellurate sind die Salze der Orthotellursäure H6TeO6 und Metatellursäure H2TeO4 mit den Anionen TeO66− beziehungsweise TeO42−. Die Salze der tellurigen Säure H2TeO3 mit dem Anion TeO32− werden als Tellurate(IV) (veraltet Tellurite) bezeichnet. HalogenverbindungenTetrahalogenide TeX4 mit Tellur in der Oxidationsstufe +IV sind die häufigsten Tellur-Halogenide. Diese sind mit allen Halogenen (Fluor, Chlor, Brom und Iod) bekannt. Bei allen Verbindungen handelt es sich kristalline Feststoffe. Dihalogenide TeX2 mit Tellur in der Oxidationsstufe +II sind nur mit Chlor, Brom und Iod bekannt, sie existieren nur in der Gasphase. Monohalogenide TeX existieren von Tellur nur mit Iod als Telluriodid TeI. Es ist das einzig bekannte thermodynamisch stabile Mono-Iodid der Chalkogene und ein dunkler kristalliner Feststoff. Tellur hat in dieser Verbindung die ungewöhnliche Oxidationsstufe +I. Hexahalogenide TeX6 mit Tellur in der Oxidationsstufe +VI sind nur als Tellurhexafluorid TeF6 oder Tellurpentafluoridchlorid TeF5Cl bekannt. Beides sind farblose Gase. Tellurhexafluorid ist das reaktivste Chalkogenhexafluorid (neben Schwefelhexafluorid SF6 und Selenhexafluorid SeF6) und wird als einziges in Wasser hydrolysiert. Weiterhin existieren von Tellur in der Oxidationsstufe +IV in wässriger Lösung auch Komplexverbindungen [TeX6]2− (X = F−, Cl−, Br−, I−) mit allen Halogenid-Ionen. Mit Ausnahme des Hexafluoro-Komplexes sind alle anderen perfekt oktaedrisch aufgebaut und können auch als Salze aus der Lösung gefällt werden (zum Beispiel Ammonium-hexachlorotellurat(IV) (NH4)2[TeCl6]). Organotellur-VerbindungenTellur bildet eine Reihe von metallorganischen Verbindungen. Diese sind aber sehr instabil und werden in der organischen Synthese wenig verwendet. Als reine Tellurorganyle sind Verbindungen der Form R2Te, R2Te2, R4Te und R6Te (R jeweils Alkyl-, Aryl-) bekannt. [16] Daneben sind noch Diorganotellurdihalogenide R2TeX2 (R = Alkyl-, Aryl-; X = F, Cl, Br, I) und Triorganotellurhalogenide R3TeX (R = Alkyl-, Aryl-; X = F, Cl, Br, I) bekannt. Literatur und QuellenAllgemeines und Verbindungen
Entdeckung und Geschichte
Einzelnachweise
Periodensystem der Elemente
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