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Spirochäten



Spirochäten
 
Systematik
Domäne: Bakterien (Bacteria)
Abteilung: Spirochaetes
Klasse: Negibacteria (umstritten) oder Spirochaetes
Ordnung: Spirochäten
Wissenschaftlicher Name
Spirochaetes (vorläufig)
Cavalier-Smith 2002
Familien
  • Spirochaetaceae
  • Brachyspiraceae
  • Leptospiraceae

Spirochäten sind eine Gruppe schraubenförmiger, sich aktiv bewegender Bakterien, die sich durch einen charakteristischen Bewegungsapparat auszeichnen (siehe unten). Als Krankheitserreger verursachen einzelne die sog. Spirochätosen.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Im Gegensatz zu den ebenfalls schraubenförmigen Spirillen haben Spirochäten keine starre, durch die Zellwand vorgegebene Gestalt, sondern flexible und biegsame Körper. Sie besitzen nicht wie andere begeißelte Bakterien nach außen ragende Geißeln, sondern sogenannte "Endoflagellen" (siehe unten). Spirochäten zeichnen sich ferner durch ihren im Verhältnis zur Länge sehr geringen Durchmesser aus. Die sehr charakteristische Gestalt der Spirochäten korrespondiert mit einem vergleichsweise homogenen Genom bei allen Mitgliedern dieser Gruppe. Spirochäten bilden keine Sporen.


Als Besonderheit besitzen sie Tubulin-ähnliche Proteine, die einen Ursprung dieser fast nur in Eukaryonten vorkommenden Strukturen in prokaryontischen Bakterien vermuten lässt.

Körperbau und Bewegungsweisen

Wie schon erwähnt, unterscheiden sich diese Mikroorganismen durch einen besonderen Aufbau und eine besondere Bewegungsweise von anderen Bakterien (Bild 2). Sie besitzen einen flexiblen langgestreckten Körper im Gegensatz zu den meisten anderen Bakterien, die eine elastische, durch ihre Zellwand vorbestimmte Form haben. Sie besitzen an jedem Ende ein bis mehrere Geißeln (im Bild rot). Die Geißeln sind nicht wie bei anderen Bakterien vom Körper abgewandt, sondern einander zugewandt, die Geißeln jeden Zellendes überlappen sich im mittleren Bereich und bilden zusammen ein Bündel, das sogenannte Axialfilament. Um dieses Bündel ist der flexible Spirochätenkörper (ungenau auch als „Protoplasmazylinder“ bezeichnet) wendelförmig gewunden. Das Ganze, der Körper und das Geißelbündel, sind von einer Hülle umgeben (im Bild blau). Die Geißeln werden deshalb auch als „Endoflagellen“ bezeichnet.
  Man nimmt an, dass sich die Spirochäten bewegen, indem die Geißeln wie bei anderen begeißelten Bakterien mittels ihres Basalapparats um ihre Achse gedreht werden. In Folge dessen kommt es mittels Friktion zu einer Rotation des gesamten Körpers, der sich dadurch gewissermaßen durch das umgebende Medium schraubt, so wie ein Korkenzieher durch einen Korken. Diese Bewegungsweise erlaubt den Spirochäten, sich durch hoch viskose Medien zu bewegen, in denen sich andere begeißelte Bakterien, bei denen ihre wendelförmigen, in das Medium ragenden Geißeln wie Propeller funktionieren, nicht fortbewegen können. Spirochaeten können so zum Beispiel durch Schleime und Zellgewebe in den Körper eines Lebewesens eindringen, was für die pathogenen Vertreter von Bedeutung ist. Allerdings können sie sich in normal viskösen Medien sich nicht so schnell fortbewegen wie andere Bakterien. Es gibt Spirochäten mit je einer Geißel an jedem Zellende und solche mit jeweils über 50 Geißeln.
Neben der beschriebenen Bewegungsweise, dem Schrauben durch das Medium, können sie sich auch durch Schlängeln fortbewegen. Man kann vermuten, dass dieses Schlängeln dadurch zustande kommt, dass sich die Geißeln im Bündel gegeneinander längs verschieben, jedoch ist der Mechanismus dieser Bewegungsweise noch weitgehend ungeklärt. Die Enden einiger Spirochäten sind hakenförmig gekrümmt. Ob dies der Bewegung dient, etwa wie ein Propeller, ist nicht sicher geklärt.

Vorkommen

In Bezug auf die physiologischen Eigenschaften und das Habitat ist die Gruppe dieser Mikroorganismen sehr heterogen. Manche der Bakterienarten können strikt aerob, andere strikt anaerob sein. Sie kommen sowohl als Bodenbewohner im Erdboden und Wasser, wie auch als unschädliche Kommensalen oder Parasiten im Darm von Mollusken und Insekten, sowie im Magen-Darm-Trakt und Rachenraum von Säugetieren vor. Bei Säugetieren können sie auch als Nierenparasiten auftreten.


Ein Video des Wasserwirtschaftamtes Freising zeigt das charakteristische Bewegungsmuster der Spirochäten.

Systematik

Die Spirochäten stehen im Stammbaum der Bakterien relativ isoliert, das heißt, sie haben bereits vor langer Zeit eine eigenständige Entwicklung genommen. Dies wird durch die ungewöhnliche Zellmorphologie bestätigt. Die Spirochaetes bilden ein eigenes Phylum (einen Stamm), zu dem als einzige Ordnung die der Spirochaetales gehört. Diese Ordnung besteht aus den drei Familien

  • Spirochaetaceae mit den Gattungen
  • Brachyspiraceae mit der Gattung
  • Leptospiraceae mit den Gattungen
    • Leptospira
    • Turneriella und
    • Leptonema.

Durch 16S rRNA-Analysen wurden allerdings auch kokkoide Vertreter aus der Ordnung der Spirochaetales gefunden, die keine Flagellen besitzen.

Für den Menschen gefährliche Arten

Obwohl die meisten Spirochätenarten für den Menschen ungefährlich sind, gibt es einige Vertreter, die als gefährliche Krankheitserreger gelten. So ist Treponema pallidum der Erreger der Syphilis und Treponema pertenue der Erreger der Framboesie. Auch unter den Borrelien finden sich pathogene Stämme: Läuserückfallfieber wird durch Borrelia recurrentis, das Zeckenrückfallfieber durch Borrelia duttoni u.a. und die Lyme-Borreliose (Zeckenborreliose) durch Borrelia burgdorferi hervorgerufen. Die Leptospiren übertragen verschiedene Leptospirosen, die Erreger werden meist von Haustieren oder Ratten übertragen.

Die Übertragung der Spirochäten auf den Menschen kann durch Läsionen der Haut oder Schleimhaut (zum Beispiel durch sexuellen Kontakt) oder durch Bisse von Zecken und Läusen erfolgen.

Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen!
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Spirochäten aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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