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Selen



Eigenschaften
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
   
[Ar] 3d104s24p4
34
Se
Periodensystem
Allgemein
Name, Symbol, Ordnungszahl Selen, Se, 34
Serie Halbmetalle
Gruppe, Periode, Block 16, 4, p
Aussehen grau, glänzend
Massenanteil an der Erdhülle 8 · 10−5 %
Atomar
Atommasse 78,96 u
Atomradius (berechnet) 115 (103) pm
Kovalenter Radius 116 pm
Van-der-Waals-Radius 190 pm
Elektronenkonfiguration [Ar] 3d104s24p4
Elektronen pro Energieniveau 2, 8, 18, 6
Austrittsarbeit 5,11 eV
1. Ionisierungsenergie 941 kJ/mol
2. Ionisierungsenergie 2045 kJ/mol
3. Ionisierungsenergie 2973,7 kJ/mol
4. Ionisierungsenergie 4144 kJ/mol
Physikalisch
Aggregatzustand fest
Modifikationen
Kristallstruktur hexagonal
Dichte 4,79 g/cm3 bei 300 K
Mohshärte 2
Magnetismus
Schmelzpunkt 494 K (221 °C)
Siedepunkt 957,8 K (684,6 °C)
Molares Volumen 16,42 · 10−6 m3/mol
Verdampfungswärme 26,3 kJ/mol
Schmelzwärme 6,694 kJ/mol
Dampfdruck

0,695 Pa bei 494 K

Schallgeschwindigkeit 3350 m/s bei 293,15 K
Spezifische Wärmekapazität 320 J/(kg · K)
Elektrische Leitfähigkeit 1,0 · 10−10 S/m
Wärmeleitfähigkeit 2,04 W/(m · K)
Chemisch
Oxidationszustände ±2, 4, 6
Oxide (Basizität) SeO2 (stark sauer)
Normalpotential −0,924 V (Se + 2e → Se2−)
Elektronegativität 2,48 (Pauling-Skala)
Isotope
Isotop NH t1/2 ZM ZE MeV ZP
72Se

{syn.}

8,40 d ε 0,335 72As
73Se

{syn.}

7,15 h ε 2,740 73As
74Se

0,87 %

Stabil
75Se

{syn.}

119,779 d ε 0,864 75As
76Se

9,36 %

Stabil
77Se

7,63 %

Stabil
78Se

23,78 %

Stabil
79Se

{syn.}

1,13 · 106a β 0,151 79Br
80Se

49,61 %

Stabil
81Se

{syn.}

18,45 min β 1,585 81Br
82Se

8,73 %

1,08 · 1020 a ββ 2,995 82Kr
NMR-Eigenschaften
  Spin γ in
rad·T−1·s−1
E fL bei
B = 4,7 T
in MHz
77Se 1/2 5,101 5,25 · 10−4 19,067 (2,3488 T)
Sicherheitshinweise
Gefahrstoffkennzeichnung
aus RL 67/548/EWG, Anh. I
R- und S-Sätze R: 23/25-33-53
S: (1/2-)20/21-28-45-61
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Selen [zeˈleːn] ist ein chemisches Element im Periodensystem der Elemente mit dem Symbol Se und der Ordnungszahl 34. Es kommt in mehreren Modifikationen vor, die stabilste ist die graue metallähnliche Form.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Selen – benannt nach der griechischen Mondgöttin Selene – wurde 1817 von Jöns Jakob Berzelius im Bleikammerschlamm einer Schwefelsäurefabrik entdeckt, der neben Selen auch Tellur (von lat. tellus „Erde“) enthielt.

Vorkommen

In kleinen Mengen kommt gediegenes Selen natürlich vor. Selenmineralien wie Clausthalit und Naumannit sind selten.

Selen ist, meist als Metallselenid, Begleiter schwefelhaltiger Erze der Metalle Kupfer, Blei, Zink, Gold und Eisen. Beim Abrösten dieser Erze sammelt sich das feste Selendioxid in der Flugasche oder in der nachgeschalteten Schwefelsäureherstellung als selenige Säure.

Selen kann in Tragant-Arten oder im Knoblauch als Se-Methylselenocystein angereichert werden.

Als essentielles Spurenelement ist Selen Bestandteil der 21. Aminosäure, Selenocystein, sowie in Bakterien, Archaea und Eukaryoten enthalten.

Gewinnung und Darstellung

Industriell gewinnt man Selen als Nebenprodukt bei der elektrolytischen Kupfer- und Nickelherstellung aus dem Anodenschlamm durch Abrösten.

Die Reduktion zum elementaren Selen erfolgt durch Schwefeldioxid.

Organisches Selen

In der Lebensmittelergänzung und Tierernährung (in der Tierernährung in der EU seit Mai 2005 zugelassen) wird seit einigen Jahren eine organische Selenquelle eingesetzt, die durch die Zucht bestimmter Brauhefen des Typs Saccharomyces cerevisiae (Sel-Plex, Lalmin(TM)) auf selenreichem Nährmedium (Melasse + Na-Selenit) erzeugt wird. Hefen synthetisieren hohe Anteile an Selenomethionin als Aminosäure und binden so bis zu 2000 ppm Selen auf organische Weise. Die größte Anlage zur Erzeugung solcher natürlicher Selenhefen wurde 2004 in São Pedro im brasilianischen Bundesstaat Paraná errichtet.

Eigenschaften

Selen kommt wie Schwefel in mehreren Modifikationen vor:

  • Rotes Selen, löslich in Kohlenstoffdisulfid, besteht zu etwa 30 % aus Se8-Ringen und zu 70 % aus Se8+n, welches sich oberhalb 80 °C in das graue Halbleitermetall umwandelt. Elementares rotes Selen ist ein Isolator.
  • Schwarzes amorphes Selen, das sich oberhalb 60 °C in das schwarze, glasartige Selen umwandelt. Beide Formen wandeln sich beim Erwärmen oberhalb von 80 °C in die graue, halbmetallische Modifikation um.
  • Graues „metallisches“ Selen ist die stabilste Modifikation und verhält sich wie ein Halbmetall.
  • Oberhalb des Schmelzpunktes von 220 °C bildet es eine schwarze Flüssigkeit. Der bei weiterer Temperaturerhöhung entstehende Selendampf ist gelb.
  • Bei Abscheidung aus der Dampfphase an einer kühleren Oberfläche (um einiges unter dem Schmelzpunkt) scheidet es sich in Form hexagonaler, metallisch-grauer Kristallnadeln ab.

 

Durch Belichtung ändert es seine elektrische Leitfähigkeit. Zusätzlich zeigt es einen photovoltaischen Effekt. Die Leitfähigkeit wird nicht durch Elektronen in einem Leitungsband verursacht, sondern durch Leitung von Löchern (siehe bei Elektrische Leitfähigkeit und Defektelektron), also positiv geladenen Elektronenfehlstellen, wodurch unter anderem das Vorzeichen des Hall-Effekts negativ wird. Als Mechanismus für diese Löcherleitung wird eine so genannte „Hopping-Leitfähigkeit“ (der Löcher von einer Kristallfehlstelle zur nächsten) vorgeschlagen.

Beim Erhitzen in Luft verbrennt Selen mit blauer Flamme zum Selendioxid, SeO2. Oberhalb von 400 °C setzt es sich mit Wasserstoff zum Selenwasserstoff, H2Se, um. Mit Metallen bildet es in der Regel Selenide, zum Beispiel Natriumselenid, Na2Se.

Das chemische Verhalten ist dem Schwefel ähnlich, allerdings ist Selen schwerer oxidierbar. Die Reaktion mit Salpetersäure bildet „nur“ selenige Säure, eine Selen(IV)-Verbindung.

Isotope

Das Selen weist eine Vielzahl von Isotopen auf. Die 6 natürlichen (stabilen) Isotope sind mit ihrem jeweiligen Anteil: Se-74 (0,9 %), Se-76 (9,0 %), Se-77 (7,6 %), Se-78 (23,6 %), Se-80 (49,7 %) und Se-82 (9,2 %).

Daneben kennt man einige radioaktive Isotope, unter denen Se-75 mit einer Halbwertszeit von 120 Tagen und Selen-79 mit einer Halbwertszeit von 65.000 Jahren besondere Bedeutung haben. Se-75 findet zur Konstruktion spezieller Röntgenquellen Anwendung. Se-79 ist Bestandteil von abgebranntem Kernbrennmaterial, wo es bei der Spaltung von Uran mit einer Häufigkeit von 0,04 % entsteht.

Das seltenste der stabilen Isotope Se-74 hat eine gewisse Bedeutung als Spekulationsobjekt erlangt. Es wird immer wieder zu sehr hohen Preisen auf dem Markt angeboten. Außer einigen sehr spezialisierten Anwendungen in der Forschung, wo es zur Markierungszwecken dient, ist für dieses Material jedoch keine besondere technische Verwendung bekannt.

Verwendung

Selen ist für alle Lebensformen essentiell. Selenverbindungen werden daher als Nahrungsergänzung angeboten und zu Futter- und Düngemittelzusätzen verarbeitet. In der Glasindustrie verwendet man es zum Entfärben grüner Gläser sowie zur Herstellung rotgefärbter Gläser. Weitere Anwendungen:

  • Belichtungstrommeln für Fotokopierer und Laser-Drucker
  • Bestandteil von Nervenkampfgasen
  • Halbleiterherstellung
  • Anti-Schuppen-Haarshampoos (Verwendung umstritten, Produktname Selsun)
  • Latexzusatz zur Erhöhung der Abrasionsbeständigkeit
  • Toner für Schwarz-Weiß-Fotografien zur Kontrasterhöhung (helle Töne bleiben unverändert, man kann dunklere Schwärzen erreichen, die dunklen Teile wirken insgesamt plastischer), Haltbarkeitserhöhung (nicht eindeutig nachgewiesen) und zur leichten Färbung der dunklen Bildbestandteile ins aubergine-farbene (ebenfalls zur Plastizitätserhöhung)
  • zur Herstellung roter Farbpigmente auf der Basis von Cadmiumselenid (wegen des Cadmiumgehaltes heute eher selten)
  • Legierungszusatz zur Verbesserung der mechanischen Bearbeitbarkeit für Automatenstähle und Kupfer-Legierungen
  • Verwendung in dem Selen-Gleichrichter und der Selen-Zelle, heute allerdings weitgehend durch Silicium (Halbleiter) abgelöst.
  • zur Brünierung von Aluminium, Messing o.ä. (Selendioxid)
  • mit Kupfer und Indium Bestandteil der photoaktiven Schicht von CIS-Solarzellen
  • zur Therapierung von AIDS-Patienten
  • in analogen Belichtungsmessern für die Fotografie

Biologische Bedeutung

Selen ist ein essentielles Spurenelement. In der Milchviehfütterung wird Selen zugesetzt, denn der natürliche Selengehalt unserer Futtermittel reicht zur Versorgung der Nutztiere oft nicht aus. Das deutsche Futtermittelrecht erwähnt zur Ergänzung der Selenversorgung nur die beiden anorganischen Selenquellen Natriumselenit und -selenat als Futterzusatzstoffe. Diese beiden Verbindungen sind ökonomisch sehr günstig, stehen aber aufgrund der geringen Bioverfügbarkeit für den Organismus aktuell im Kreuzfeuer der Kritik.

Selen wirkt in höheren Konzentrationen jedoch stark toxisch, wobei die Spanne zwischen Konzentrationen, die Mangelerscheinungen hervorrufen und toxischen Konzentrationen sehr gering ist. Des Weiteren ist die Toxizität von Selen abhängig von der chemischen Bindungsform.

Es ist in Selenocystein, der Aminosäure im aktiven Zentrum des Enzyms Glutathionperoxidase enthalten, wodurch Selen eine wichtige Rolle beim Schutz der Zellmembranen vor oxidativer Zerstörung spielen kann (Radikalfänger). Knoblauch ist eine wichtige Selenquelle. Selen ist ebenfalls Bestandteil von verschiedenen Enzymen, deren Bedeutung zum Teil noch nicht geklärt ist.

Diskussion um Selen

Bevor eine Arbeitsgruppe um Klaus Schwarz am National Institute of Health (USA) Selen als essentiellen Nahrungsbestandteil der Tiere entdeckte, galt Selen als toxische Substanz. In den 30er Jahren machten Veterinäre in den Great Plains die hohe Aufnahme selenhaltiger Pflanzen für die Alkali-Krankheit und die Blind-Ataxie der Rinder verantwortlich, andererseits berichtete eine Forschergruppe um Schwarz in den 50er Jahren, dass Selen einer nekrotischen Leberdegeneration vorbeugt. Etwa gleichzeitig stellte eine Gruppe von Forschern der Oregon State University, der auch O. H. Muth und J. E. Oldfield angehörten, ein Selendefizit bei schwachen Kälbern fest. Später wies Hogue nach, dass Selen der Muskeldystrophie der Lämmer vorbeugt. Diesen Berichten folgend haben Forscher verschiedener Einrichtungen Studien zum Nutzen der Selensupplementierung auf Leistung und Gesundheit des Milchviehs begonnen. Es wurde beschrieben, dass die vorrangige Rolle des Selens die eines Cofaktors im Glutathionperoxidase-System (GSH-Px) ist. Das GSH-Px zerstört die während des normalen Fettstoffwechsels gebildeten Peroxide (radikale Sauerstoffverbindungen). Wenn Peroxide ungehindert in der Zelle verbleiben, greifen sie die Zellwände an und destabilisieren sie. Hemken erklärte, dass Selen auch an der Entgiftung gefährlicher Medikamente oder Toxine beteiligt ist. Selen spielt noch in mindestens zwei weiteren Systemen eine Rolle: bei der Iodthyronin-Deiodase, einem Enzym, welches das Schilddrüsenhormon T4 aktiviert, und bei der Thioredoxin-Reduktase, einem Enzym, welches die reduzierenden Reaktionen reguliert. Bestimmte Plasma-, Herz-, Muskel- und Nierenproteine enthalten Selen. Jedoch ist die Funktion des Selens in diesen Proteinen noch in weiten Bereichen unklar.

Es gibt viele verschiedene Selenoproteine. In den Selenoproteinen ist Selenocystein enthalten, das auch als 21. Aminosäure bekannt ist. Selenoproteine kommen in dieser Funktion nur in tierischen Organismen vor. Pflanzen bauen Selen je nach Bodengehalt anstelle des Schwefels in ihre Aminosäuren ein, besonders in Methionin (Se-Methionin) und in geringem Umfang auch Cystein (Se-Cystein). Nur die sogenannten „Selensammlerpflanzen“ (Selenakkumulator-Pflanzen, z.B. Paradiesnuss), die in Selen-reichen, ariden Gebieten vorkommen, speichern Selen auch als organisch gebundenes, wasserlösliches Selen oder Selensalze.

Bis dato wurden mindestens 25 Selenoproteine im menschlichen Genom entdeckt (Schweizer et al., Brain Res Rev, 45 [2004] 164-178):

  • Glutathionperoxidase 1 (GSHPx-1), die zelluläre oder klassische Glutathionperoxidase (im Zytosol, Mitochondrienmatrix);

Glutathionperoxidase 2 (GSHPx-2), die extrazelluläre oder Plasmaglutathionperoxidase (im Plasma); Glutathionperoxidase 3 (GSHPx-3), die gastrointestinale Glutathionperoxidase (in der Darmschleimhaut); Glutathionperoxidase 4 (GSHPx-4), die Phospholipidhydroperoxidglutathionperoxidase (an Lipidmembranen, Strukturprotein im Schwanzstück von Spermien); → antioxidative Enzyme, die Peroxidradikale neutralisieren

  • Thioredoxinreduktase (TrxR) → reduziert das Thioredoxin, das wichtig für das Zellwachstum ist

Iodthyronin-5'-deiodinasen (Schilddrüsenhormondeiodinasen) (ID-I, ID-II, ID-III) → katalysieren Schilddrüsenhormone, zum Beispiel Entfernung eines Iod-Atoms aus T4 (Thyroxin), wodurch T3 (Triiodthyronin) entsteht

  • Selenoprotein P (Se-P) → sehr wichtig als Transportprotein von Selen von und zu den Zellen; enthält 10 Selenatome
  • Selenoprotein W → in der Muskulatur; Rolle noch unbekannt
  • Selenphosphatsynthetase → katalysiert die Synthese von Monoselenophosphat, einem Vorläufer von Selenocystein
  • Selenoprotein H, M, N, O, I, K, S, V → Funktion dieser Selenoproteine ist noch weitgehend unverstanden. Mutationen des SEPN1-Gens wurden bei der Multicore-Myopathie beschreieben.
  • Selenoprotein R = Methionine Sulfoxid Reduktase
  • Selenophosphatase Synthetase 2 →→ katalysiert die Produktion von Selenophosphat
Siehe auch
  • Wertvoll – Gesunde Ernährung, 64-seitige PDF-Broschüre der Deutschen Krebshilfe e. V., S. 26
  • W. Marktl: Physiologie und Ernährungsphysiologie von Selen. In: Journal für Mineralstoffwechsel, 8(3), 34–36, 2001 [1].
  • P. F. Surai: Natural Antioxidants. Nottigham Universtity Press, 2002, ISBN 1-897676-95-6

Selenmangelkrankheiten

Selenmangelkrankheiten kommen nur in Ländern mit extremer Selenunterversorgung wie Nordkorea und Nordostchina sowie einzelnen anderen Ländern vor. In unseren Breiten können in der Regel nur Frühgeborene, parenteral ernährte Patienten und Alkoholkranke einen Selenmangel entwickeln.

Bekannte Selenmangelkrankheiten sind:

  • Keshan-Krankheit (juvenile Kardiomyopathie), benannt nach der nordostchinesischen Stadt Keshan im Distrikt Heilongjiang in der Mandschurei
Selenmangel verursacht eine Mutation des harmlosen Coxsackievirus B3 (CVB3/0), das dadurch virulent wird
Vorkommen: Tibet, Mongolei, Sibirien
  • Kaschin-Beck-Krankheit des Menschen (nutritive Gelenkknorpeldegeneration), benannt nach dem russischen Arzt Nikolai Iwanowitsch Kaschin und der Amerikanerin Melinda A. Beck
Vorkommen: Sibirien, Mongolei, Nordkorea, China; betroffen sind ca. 3 Millionen Menschen
  • Epidemische Neuropathie des Menschen
Vorkommen: Kuba
Selenmangel verursacht eine Mutation des Influenza-A/Bangkok/1/79-Virus, das dadurch virulent wird
  • Weißmuskelkrankheit (nutritive Myodegeneration (NMD), nutritive Muskeldystrophie, enzootische Myodystrophie, nutritive Rhabdomyolyse, nutritive Rhabdomyopathie, myopathisch-dyspnoisches Syndrom, Kälberrheumatismus, Hühnerfleischigkeit, Fischfleischigkeit)
Vorkommen: in allen Selenmangelgebieten der Erde
Tierarten: Jungtiere von v. a. Wiederkäuern: Kälber, Lämmer, Zicklein, Dromedar- und Lamafohlen
Vorkommen: in allen Selenmangelgebieten der Erde
Tierarten: v. a. Rinder ab acht Monaten

Selen als Nahrungsergänzung

In einer kritischen Bewertung der Pharmainformation vom Juni 2005 (siehe hier) wird festgestellt, dass die bislang verfügbaren Studien keine Hinweise für einen Nutzen einer zusätzlichen Gabe von Selen in irgendeinem Zusammenhang erbringen konnten. Zwar scheint eine positive Beeinflussung verschiedener Krebsarten möglich, andererseits die Begünstigung anderer Karzinome nicht unwahrscheinlich. Die „SELECT“-Studie („Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial“) soll diesbezüglich Auskunft geben und 2013 abgeschlossen werden.

Im Rahmen der neuerlichen Auswertung von Daten einer Studie kam Saverio Stranges von der Universität in Buffalo [1] zu dem Ergebnis, dass von den 600 Patienten, die Selen einnahmen (tägl. 200 mg) nach fast acht Jahren etwa zehn Prozent an Typ 2 Diabetes erkrankt waren. Bei der Placebo-Kontrollgruppe waren es lediglich sechs Prozent. Bis dato wurde noch keine potentielle Ursache für das erhöhte Diabetes-Risiko gefunden. Hohe Selenkonzentrationen im Blut korrelieren mit dem Risiko an Diabetes zu erkranken.[2]

Selen und Schilddrüsenhormone

Selen spielt eine wichtige Rolle bei der Produktion der Schilddrüsenhormone, genauer bei der „Aktivierung“ von Thyroxin (T4) zu Triiodthyronin (T3).

Selen ist Bestandteil eines Enzyms, der Thyroxin-5'-Deiodase, die für die Entfernung eines Iodatoms aus T4 verantwortlich ist. Durch diese Deiodierung entsteht T3. Ein Selenmangel führt zu einem Mangel an Thyroxin-5'-Deiodase, wodurch nur noch ein Teil des verfügbaren T4 deiodiert werden kann. Da T3 im Stoffwechsel wesentlich wirksamer ist, resultiert aus einem T3-Mangel eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Eine zusätzliche Einnahme von Selenpräparaten (Natriumselenit) in hohen Dosen von 200–300 μg täglich ist nach ärztlicher Abklärung z. B. bei Hashimoto-Thyreoiditis angezeigt, dies kann auch die Entzündungsaktivität reduzieren [2].

Vergleiche dazu auch:

  • D. Behne, A. Kyriakoupoulos, H. Meinhold, J. Köhrle: Identification of type I iodothyronine 5'-deiodinase as a selenoenzyme. In: Biochem. Biophys. Res. Comm. 173, 1143–1149, 1990 [3]
  • J. R. Arthur, F. Nicol und G. J. Beckett: Selenium deficiency, thyroid hormone metabolism, and thyroid hormone deiodinases. In: Am. J. Clinical Nutrition, 57, 236–239, 1993 [4].
  • C. Ekmekcioglu C: Spurenelemente auf dem Weg ins 21. Jahrhundert – zunehmende Bedeutung von Eisen, Kupfer, Selen und Zink. In: Journal für Ernährungsmedizin, 2 (2), 18–23, 2000, Ausgabe für Österreich [5].

Sicherheitshinweise

Selen und Selenverbindungen sind giftig. Direkter Kontakt schädigt die Haut (Blasenbildung) und Schleimhäute. Eingeatmetes Selen kann zu langwierigen Lungenproblemen führen.

Verbindungen

Quellennachweise

  1. *Stranges S, Effects of long-term selenium supplementation on the incidence of type 2 diabetes: a randomized trial, Ann Intern Med. 2007 Aug 21;147(4):217-23. Epub 2007 Jul 9
  2. *Bleys J, Serum selenium and diabetes in U.S. adults, Diabetes Care. 2007 Apr;30(4):829-34
 
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