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Schlehdorn
Der Schlehdorn (Prunus spinosa), auch Schlehendorn, Schlehe, Heckendorn oder Schwarzdorn, umgangssprachlich bisweilen fälschlich „Akazie“ genannt, ist ein mittelgroßer Strauch oder kleiner Baum der Gattung Prunus Spinosa, der zur Unterfamilie der Steinobstgewächse (Amygdaloideae) innerhalb der Familie der Rosengewächse (Rosaceae) gehört. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Verbreitung und StandortDie Heimat des Schlehdorns erstreckt sich über Europa, Vorderasien bis zum Kaukasus und Nordafrika. Er fehlt im hohen Norden und auf Island. Er vermehrt sich durch Aussaat und durch Wurzelausschläge. Der Schlehdorn bevorzugt sonnige Standorte an Weg- und Waldrändern und felsigen Hängen oder in Gebüschen, bei eher kalkhaltigen, oft auch steinigen Böden. Er ist auch als Heckenpflanze weit verbreitet. Man findet ihn häufig in Gesellschaft von Wacholder, Berberitze, Haselnuss, Wildrosen und Weissdornarten. Auf den Dünen an der Ostsee ist er oft mit Weiden vergesellschaftet. Der Schlehdorn besiedelt geeignete Standorte von der Ebene bis in Höhenlagen von 1400 m. Man ordnet ihn dem eurasischen Florenelement zu und geht davon aus, dass er spätestens in der jüngeren Steinzeit nach Mitteleuropa eingewandert ist. Zahlreiche Funde von Schlehenkernen im Umfeld neolithischer Pfahlbauten sprechen für diese Annahme. BeschreibungDer sommergrüne, sparrige und sehr dornenreiche Schlehdorn wächst als Strauch oder als kleiner, oft mehrstämmiger Baum, der bis zu 40 Jahren alt werden kann. Er erreicht gewöhnlich Wuchshöhen von 3 m. In seltenen Fällen können auch Exemplare bis 6 m Höhe beobachtet werden. Da die Kurztriebe beinahe waagrecht von den Langtrieben abstehen, zeigt die Schlehe ein stark verästeltes Erscheinungsbild. Starke verzweigte Krüppelformen entstehen durch Wildverbiss oder auch dauerhaft starke Winde und sind insbesondere in den Eichengebüschen der Nordseeküste und den Hängen des Oberrheintals anzutreffen. Die Schlehe besitzt eine sehr dunkle, schwärzliche Rinde, die im fortgeschrittenem Alter in schmale Streifen zerreißt. Die Rinde der Triebe ist rotbraun gefärbt und filzig bis fein behaart. Die Zweige zeigen eine rundliche bis kantige Form und sind mit zahlreichen Kurztrieben besetzt. Die Kurztriebe bilden Dornen aus, die im botanischen Sinne umgewandelte Seitentriebe sind und als eine Anpassungsleistung an Trockenheit betrachtet werden. Über einer Blattnarbe entwickeln sich meist drei hellbraune, Knospen, wobei es sich bei den seitlichen gewöhnlich um Blütenknospen handelt, die rundlicher gestaltet sind, als die ovalen bis oval-kugeligen Blattknospen. Die Knospenschuppen sind meist behaart oder bewimpert und laufen in einer Spitze aus. Die Blätter des Schlehdorns stehen wechselständig und sind häufig büschelig-spiralig angeordnet. Sie fühlen sich relativ weich an und bilden eine verkehrt-eiförmige Form aus, die sich zum Blattgrund keilförmig verschmälert und in einer spitzen bis stumpfen Blattspitze ausläuft. Der Blattrand weist eine doppelte, feine Zähnung auf. Die 2-5 cm. langen und 1 -2 cm. breiten Blätter stehen an 2-10 mm. langen Blattstielen, die leicht behaart sein können. Junge Blätter bilden an ihrer Blattunterseite zunächst eine flaumige Behaarung aus, verkahlen jedoch in der Folge und zeigen dann eine mittelgrüne Färbung. Die Blattoberseite ist unbehaart und von dunkelgrüner Farbe. Linealische, am Rand gezähnte Nebenblätter überragen gewöhnlich den Blattstiel. Am Grund der Blattspreite befinden sich Nektardrüsen. Die weißen Blüten des Schlehdorns erscheinen im März und April- lange vor dem Laubaustrieb. Dadurch lässt sich die Schlehe in diesem Zeitraum leicht vom Weißdorn unterscheiden, dessen Blüten erst nach den Blättern gebildet werden Die kurzgestielten, fünfzähligen, zwittrigen, und radiärsymmetrischen Blüten haben einen Durchmesser von bis zu 1,5 cm. Sie bilden sich an der Spitze verdornter Kurztriebe und stehen dort sehr dicht einzeln oder zu je zwei aneinander. Charakteristisch ist ihr leichter Mandelduft. Die Kronblätter erreichen eine Länge von etwa sechs bis acht mm und umgeben die etwa 20 fünf mm langen Staubblätter mit gelb-rötlichen Staubbeuteln welche wiederum einen Griffel säumen. Außen werden die Kronblätter von einem fünf-blättrigen Kelch umgeben. Die dreieckigen bis ovalen Kelchblättchen werden etwa 1,5 bis 2 mm lang und sind an ihrem Rand drüsig fein gezähnt. Die Innenseite des Kelchbechers sondert reichlich Nektar ab, so dass die Schlehe für zahlreiche Insekten im zeitigen Frühjahr eine wertvolle Nahrungsquelle darstellt. Aus dem Fruchtknoten entwickelt sich eine kugelige, dunkelblau bis schwarze, stark bereifte Steinfrucht mit einem Durchmesser von etwa einem bis 1,5 cm. Charakteristisch ist der darin enthaltene kugelig- bis linsenförmige, leicht runzelige Steinkern. Er wird etwa neun mm lang und sechs mm breit und löst sich nur schwer vom grünen Fruchtfleisch. Die Schlehen sind sehr sauer und herb - erst nach einem Frost werden sie schmackhafter. Sie reifen von Oktober bis November und verbleiben den Winter über am Strauch. Die Schlehe wird von Insekten bestäubt. Tiere, die den Samen der Frucht wieder ausscheiden, übernehmen die Ausbreitung. Diese Pflanzenart gehört zu den Wurzelkriechpionieren. Die weit streichenden Wurzeln treiben Schösslinge, so dass sich oftmals dichte Schlehenhecken bilden. Der Schlehdorn gilt als Stammform der Kulturpflaume. ÖkologieDer Schlehdorn ist durch seine Dornen gut gegen den Fraß von großen Pflanzenfressern (Megaherbivoren) geschützt. Wenn er einmal etabliert ist, breitet er sich durch seine Wurzelbrut leicht weiter aus. Das Stadium des Schlehen-Weißdorn-Gebüsches bildet die Überleitung zum Wald. Die Schlehe zählt zu den wichtigsten Wildsträuchern für Tiere. Sie gilt als ausgesprochene Schmetterlingspflanze und dient zur Zeit ihrer Blüte im Frühjahr zahlreichen Schmetterlingen als Nahrungsquelle.[1] Ihre Blätter stellen insbesondere für die Raupen des gefährdeten Grauen Laubholz-Spinnerspanners und Schlehen-Grünspanners oder des stark gefährdeten Schwalbenwurz-Kleinspanners eine wertvolle Futterpflanze dar. Der vom Aussterben bedrohte Hecken-Wollafter legt vorwiegend in der Schlehe sein Eigelege an. Für die Jungraupen stellen die Schlehenblätter die erste Nahrung dar. Insgesamt konnten mehr als 70 Tag- und Nachtfalter bzw. deren Raupen auf dem Schlehdorn nachgewiesen werden. Mehrere Käferarten wie der Goldglänzende Rosenkäfer und der Dunkle Zierbock sowie etwa 20 Wildbienenarten schätzen den Nektar der Blüten als Nahrungsquelle. Etwa 20 Vogelarten, darunter Meisen und Grasmücken, ernähren sich von den Früchten. Schlehenhecken bieten Strauchbrütern einen idealen Lebensraum. Diesen nutzt zum Beispiel der Neuntöter. Er spießt an den Dornen der Schlehe seine Beutetiere wie Insekten oder Mäuse auf. VerwendungDie Blüten werden als Heilpflanze in Form von Tee zur Blutreinigung und Frühjahrskur verwendet. Die Früchte werden zur Herstellung von Marmeladen, Fruchtsäften, Likör (Schlehenfeuer), Branntwein (Schlehenwasser), Fruchtweinen und Spirituosen genutzt. In manchen Gegenden werden sie auch dem Apfelwein zugesetzt. Man erntet und verarbeitet die Früchte nach dem ersten Frost. Die Zweige des Schlehdorns werden in Salinen oder Gradierwerken, zum Beispiel in Werl oder Bad Orb, verbaut. Aus der Rinde lässt sich Tinte gewinnen. Dazu muss die Rinde von den Zweigen geklopft und in Wasser eingelegt werden. Nach drei Tagen wird das Wasser abgegossen, aufgekocht und erneut über die Rinde gegossen. Dieser Vorgang wird wiederholt, bis die Rinde vollkommen ausgelaugt ist. Danach wird die Flüssigkeit mit Wein versetzt und eingekocht. Diese Dornentinte wurde in den mittelalterlichen Skriptorien verwendet, geriet dann aber - wahrscheinlich wegen ihrer mangelnden Lichtbeständigkeit - in Vergessenheit. Die medizinische Wirkung der Schlehe ist adstringierend (zusammenziehend), harntreibend, schwach abführend und entzündungshemmend. Getrocknete Blüten als Teeaufguss werden zur Blutreinigung bei Hautkrankheiten und rheumatischen Beschwerden eingesetzt sowie als Gurgelmittel bei leichten Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut. Die harntreibende Wirkung beugt Harn- und Nierensteinen vor. Mus oder Marmelade aus den Beeren wirkt gegen Appetitlosigkeit. Da die Schlehe sehr windbeständig ist, wird sie zur Befestigung von Böschungen angepflanzt und auch als Schneeschutzgehölz verwendet. Die Samen des Schlehdorns enthalten das Blausäure-Glykosid Amygdalin. BrauchtumDie Schlehe zählte früher zu den Pflanzen, mit deren Hilfe sich Ernte und Wetter vorhersagen ließen. So wurden die Tage, die zwischen dem Erblühen der Schlehe und dem 24. April - dem Georgi-Tag - lagen, gezählt, um den genauen Erntetermin um den Jakobi-Tag zu bestimmen. Ein gehäuftes Auftreten von Schlehen bedeutete einen besonders strengen Winter, so der Volksglaube. Dem dornenreichen Gehölz wurde auch eine starke Schutzwirkung gegen Hexen zugeschrieben. Deshalb wurden Weiden und Höfe oftmals mit Schlehen umpflanzt. Zahlreiche Legenden befassen sich mit dem frühblühenden, auffällig reinweißem Blütenschmuck der Schlehe. In Posen wird berichtet, dass der Kreuzdorn der Schlehe unterstellte, ihre Zweige für die Dornenkrone Jesu bereitgestellt zu haben. Um die Unschuld der Schlehe zu offenbaren, schüttete Gott des nachts unzählige weiße Blüten über dem Strauch aus. Der Schlehdorn in der LiteraturDie Symbolkraft der Schlehe spiegelt sich auch in der Literatur wider. U.a. Sarah Kirsch, Paul Heyse und Michael Donhauser setzten ihr in Gedichten ein kleines Denkmal.
Stürme brausten über Nacht, und die kahlen Wipfel troffen. Frühe war mein Herz erwacht, schüchtern zwischen Furcht und Hoffen. Horch, ein trautgeschwätz´ger Ton dringt zu mir vom Wald hernieder. Nisten in den Zweigen schon die geliebten Amseln wieder? Dort am Weg der weiße Streif - Zweifelnd frag´ ich mein Gemüte: Ist´s ein später Winterreif oder erste Schlehenblüte? Paul Heyse
Michael Donhauser (Meraner Lyrikpreis, 8000 Euro) HistorischesDer Name der Schlehe ist wohl auf die Farbe ihrer Frucht zurückzuführen und leitet sich von dem indogermanischen Wort (S)li ab. Dieses hatte die Bedeutung „bläulich“. Man findet diese ursprüngliche Bedeutung auch als Silbe im Pflaumenschnaps „Slivovitz“ wieder. Im Althochdeutschen wurde die Schlehe als „sleha“, im Neuhochdeutschen als „slehe“ bezeichnet. Quellen
Die Schlehe wurde früher als Baum zum vorhersagen der Ernte benutzt! |
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