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Erregungsleitung



Die Übertragung von Erregungen zwischen Nervenzellen über Neurite (Axone), die Erregungsleitung, kann entweder durch Ionenflüsse (elektrotonisch, siehe Elektrotonus) oder durch Fortleitung von Aktionspotenzialen erfolgen. Der häufig verwendete Begriff „Reizleitung“ ist falsch, da ein Reiz nicht weitergeleitet werden kann, lediglich die durch ihn verursachte Erregung.

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Die Probleme bei der Erregungsleitung bestehen zum einen in der relativ geringen Leitfähigkeit der Ionen und zum anderen in der recht hohen elektrischen Kapazität der Neurite zur Umgebung. Der ohmsche Widerstand kann aufgrund der kaum zu verändernden Ionenkonzentrationen nur durch die Dicke des Neurits beeinflusst werden. Eine Verdopplung des Durchmessers führt zu einer Verbesserung der Leitfähigkeit auf das Vierfache. Allerdings wird auch durch die damit verbundene Oberflächenvergrößerung der Isolationswiderstand der Membran halbiert. Wichtig für die Leitungsgeschwindigkeit ist die Membranzeitkonstante Τ, das pro Längeneinheit berechnete Produkt aus dem Leitungswiderstand R und der Kapazität C. Letztere ist proportional zur Oberfläche der Membran des Neurits und umgekehrt proportional zu der Dicke. Damit gibt es zwei mögliche Methoden, die Leitungsgeschwindigkeit zu erhöhen: durch Verringerung des Leitungswiderstandes oder der Membrankapazität.

Elektrotonische Erregungsleitung

Die elektrotonische Erregungsleitung geschieht nur über kurze Entfernungen. Zum Beispiel wird in der Netzhaut die Erregung als graduierte, reizanaloge Depolarisation elektrotonisch von den Photorezeptoren zu den Ganglienzellen (über die Fortsätze der Horizontal-, Bipolar- und Amakrinen Zellen) übertragen. Diese Form der Erregungsleitung reicht aufgrund des Verhältnisses zwischen Ionenleitung im Inneren (elektrischer Widerstand des Cytoplasmas) und Isolation nach außen (gewisse Leitfähigkeit der das Cytoplasma umgebenden Zellmembran) höchstens einen Hundertstel bis einen zehntel Millimeter weit. Das Signal muss dann wieder verstärkt werden. Die Aktionspotenziale (Spikes) entstehen erst in den Ganglienzellen.

Erregungsleitung durch Aktionspotenziale

In Axonen von Nervenzellen bewirkt eine Depolarisation die vorübergehende Öffnung spannungsaktivierter Natriumkanäle. Die resultierende Depolarisationswelle läuft als Aktionspotential über die Nervenfaser. Je nachdem, ob das Axon myelinisiert ist oder nicht, unterscheidet man zwei verschiedene Weisen:

Kontinuierliche Erregungsleitung

  Bei marklosen Nervenfasern, das heißt bei fehlender Myelinisierung, wird der Impuls durch das Axon von Abschnitt zu Abschnitt übertragen, indem der vorhergehende Abschnitt ein Aktionspotenzial an den benachbarten, noch nicht erregten Abschnitt weiterleitet. Der vorhergehende Abschnitt ist bereits in der Repolarisationsphase, während der neu erregte Abschnitt schon seine Permeabilität ändert, um selbst ein Aktionspotenzial zu erreichen. Diese Form der Weiterleitung ist relativ langsam (meist nur 1–3 m/s, maximal 30 m/s) und findet sich bei Nerven, welche die inneren Organe versorgen, recht häufig. Bekannt sind auch die recht geringen Leitungsgeschwindigkeiten bei Nozizeptoren, die Durchmesser von unter einem Mikrometer haben. Die Leitungsgeschwindigkeit kann durch eine Verdickung des Axons vergrößert werden. Besonders bekannt sind in diesem Zusammenhang die gut untersuchten so genannten Riesenaxone bei Tintenfischen und Meeresschnecken der Gattung Aplysia mit Durchmessern bis zu einem Millimeter. Die Erhöhung des Durchmessers ist allerdings nicht sehr effektiv, da die Verringerung des Leitungswiderstandes teilweise durch eine Vergrößerung der Membrankapazität wieder aufgehoben wird. Eine Verdopplung des Durchmessers führt nur etwa zu einer Verdopplung der Leitungsgeschwindigkeit.

Saltatorische Erregungsleitung

  Bei Wirbeltieren (Vertebraten) sind die meisten Axone von einer Myelinscheide umhüllt (Markhaltige Nervenfaser), die von Schwannschen Zellen im peripheren Nervensystem oder von Oligodendrozyten im Zentralnervensystem gebildet wird und die im Abstand von etwa 2 mm an den Knoten oder Ranvierschen Schnürringen unterbrochen ist. Durch diese Isolation vergrößert sich die Kabelkonstante des Axons (ein Maß für die Länge der elektrotonischen Ausbreitung) von wenigen Hundertstelmillimeter auf einige Millimeter. Außerdem wird die Membranzeitkonstante durch die Verringerung der elektrischen Kapazität entscheidend verringert. Dadurch können Fortleitungsgeschwindigkeiten von bis zu 180 m/s erreicht werden. Nun springt das Aktionspotenzial von Schnürring zu Schnürring und verbraucht dabei außerdem weniger Energie. Bei der Geschwindigkeit von 120 m/s hat ein Nervenimpuls von 1 ms Dauer eine Länge von 12 cm. Das heißt, beim Durchlauf eines Impulses sind mehr als 60 Knoten gleichzeitig in Erregung.

Nach der Geburt fehlen die Markscheiden beim Menschen noch, bilden sich aber im Laufe der Kindheit heran.

Erregungsübertragung

Erreicht ein Aktionspotential oder eine graduierte Depolarisation die Synapse, löst dies eine Folge von Reaktionen aus, die dazu führt dass kleine Bläschen, die so genannten synaptischen Vesikel, mit der präsynaptischen Membran verschmelzen, sich öffnen und dadurch Neurotransmitter in den synaptischen Spalt ausschütten. Diese Transmitter öffnen entweder direkt (ionotrop) oder indirekt (metabotrop) ligandengesteuerte Ionenkanäle in der postsynaptischen Membran. Die Ionenspezifität dieser Kanäle entscheidet ob die postsynaptische (Nerven-,Muskel-,Rezeptor- oder Drüsen-)Zelle depolarisiert (erregt) oder hyperpolarisiert (gehemmt) wird.

Am Beispiel der neuromuskulären Synapse (Verbindungstelle zwischen NZ und Muskel) wird dazu aus den Vesikeln der Transmitter Acetylcholin ausgeschüttet, der den synaptischen Spalt passiert. Dort wird der Transmitter von einem Enzym zerlegt (Acetylcholinesterase).

Dieses Enzym spaltet Acetylcholin in Acetyl und Cholin. Das Cholin wird durch einen Cholinkanal in der Synapse wieder aufgenommen, mit Essigsäure verbunden und wieder als Acetylcholin in die Vesikel verpackt.

 
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