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Rett-Syndrom
Das Rett-Syndrom ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung und Enzephalopathie. Die Kleinkinder, fast ausschließlich Mädchen (Gynäkotropie), entwickeln sich anfangs scheinbar regelgerecht. Zwischen dem siebten Lebensmonat und dem zweiten Lebensjahr verliert das Kind aber, nach einer variablen Phase eines Entwicklungsstillstands, zumindest teilweise bereits erlernte Fähigkeiten, insbesondere das Sprechen und den Gebrauch der Hand. Der Zustand der Kinder stabilisiert sich dann wieder und das Erreichen eines normalen Alters ist möglich. Menschen mit Rett-Syndrom zeigen typischerweise Symptome von Autismus und eine Ataxie. Sie haben eine variable mentale Retardierung, viele sprechen einige Worte und befolgen einfache Aufforderungen. Weiterhin charakteristisch für das Rett-Syndrom sind Handstereotypien und epileptische Anfälle. Im Diagnoseschlüssel DSM-IV sind das Rett-Syndrom, das Asperger-Syndrom und die "nicht näher bezeichnete tiefgreifende Entwicklungsstörung" unter einer Ziffer 299.80 zusammengefasst. Im ICD-10 hat das Rett-Syndrom seine eigene Ziffer F84.2. Zum ersten Mal beschrieben wurde das Rett-Syndrom 1966 von dem Wiener Arzt Andreas Rett (1924–1997). In Deutschland wird die Prävalenz auf 1:10.000 bis 1:15.000 geschätzt. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
UrsachenEs handelt sich in etwa 80 bis 90 % der Fälle um dominante De-novo-Mutationen des X-Chromosoms, die vor allem in der männlichen Keimbahn entstehen und daher nur vom Vater an die Tochter weitergegeben werden (die Söhne erhalten vom Vater das Y-Chromosom). Betroffen ist das Gen MeCP2 (Methyl-CpG-Binding Protein 2), das in der chromosomalen Region Xq28 liegt. MeCP2 ist ein Transkriptionsfaktor, der selektiv an methylierte CpG-Inseln bindet und die Transkription verschiedener Gene reprimiert. Ein früher beginnender, schwererer Krankheitsverlauf kann auch durch einen Defekt am Gen CDKL5 (Cyclin-dependent kinase-like 5) ausgelöst werden, das in der Region Xp22 liegt. Hier tritt in den ersten drei Monaten eine schwer zu behandelnde Epilepsie auf. Einträge in der Datenbank des Online Mendelian Inheritance in Man-Projektes (OMIM) für:
Symptome und BeschwerdenDer Wiener Kinderarzt Andreas Rett entdeckte 1965 die typischen Handbewegungen (waschende Bewegungen, „washing movements“) als zwei junge Mädchen im Wartesaal seiner Praxis auf dem Schoß ihrer Mütter saßen und diese die Hände ihrer Töchter zufällig gleichzeitig losließen. Diese Handstereotypien gelten heute als das typischste Kriterium für das Rett-Syndrom. Mit der Zeit kamen weitere diagnostische Hilfskriterien hinzu. Die Österreichische Rettsyndrom Gesellschaft (ÖRSG) stellt auf ihrer Homepage die folgenden, wichtigsten Kriterien davon vor. Hauptkriterien:
Zusätzlich werden eine Reihe von Hilfskriterien für das Rett-Syndrom aufgeführt, die manchmal auftreten, zur Diagnose aber nicht unbedingt notwendig sind:
Im Jahre 1998 konnte durch Wissenschaftlerinnen des Baylor College of Medicine in Houston und der Stanford-University die Ursache des Rett-Syndroms lokalisiert werden. Sie entdeckten eine Mutation des MECP2-Gens und ermöglichten damit einen schon sehr früh in der Entwicklung des Kindes einsetzbaren Gentest (seit Oktober 1999 angewandt). Dieser konnte die Diagnose unter Einbezug der o. g. Kriterien sicherer machen und es ließen sich zudem auch leichtere Formen des Rett-Syndroms diagnostizieren. HAGBERG und WITT-ENGERSTRÖM haben eine allgemeine Einteilung der Entwicklung von Menschen mit Rett-Syndrom erstellt, die weltweit anerkannt ist und sich in vier Stadien unterteilt (vgl.: LINDBERG. Rett-Syndrom. WUV Universitätsverlag. Wien 1994. 2. Auflage). Die Angaben zu Zeitpunkt und Dauer der jeweiligen Phase werden in verschiedene Quellen äußerst unterschiedlich angegeben und stellen damit nur einen Richtwert dar.
In diesem Stadium verlangsamt sich die motorische Entwicklung und es kann zu einem Stillstand kommen. Die zuvor in der Entwicklung gemachten Fortschritte und das Erlernen von neuen Dingen stellen sich später und langsamer ein. Mit der Zeit nimmt die Aufmerksamkeit und Aktivität der Kinder ab. Das Kleinkind zeigt Desinteresse an dargebotenen Spielsachen, der Blickkontakt ist ebenfalls geringer als bei gleichaltrigen Babys. Die Zunahme des Kopfumfanges bleibt im Vergleich zur Normalentwicklung etwas zurück. Diese Phase kann einige Monate dauern.
Charakteristisch ist eine allgemeine Regression der Entwicklung. Bereits erworbene Fähigkeiten (z. B.: funktioneller Gebrauch der Hände, Sprache) gehen in dieser Phase verloren. Außerdem tauchen die typischen Handbewegungen (waschende, wringende und klatschende Bewegungen) auf. Der Rückschritt kann plötzlich und dramatisch einsetzen oder auch verzögert. Die betroffenen Kinder sind sozial und emotional in sich zurückgezogen, isoliert, können wenig Kontakt zu ihrer Umwelt aufnehmen und verfallen zudem in plötzlich auftretende Schreiphasen. Durch Beschreibungen der Kinder seitens ihrer Eltern nimmt man an, dass die Mädchen in diesem Stadium die Fähigkeit verlieren, Situationen als Ganzes zu erfassen, Reize in Beziehung zueinander zu setzen. LINDBERG spricht in diesem Zusammenhang von Störungen der sensorischen Perzeption und Integration. „Die Signale aus ihrem eigenen Körper und von der Außenwelt scheinen sie zu überwältigen und zu verwirren, anstatt ihnen sinnvolle Informationen zu übermitteln.“ (LINDBERG 1994, S. 20) Diese Störung führt(e) teilweise zu der Fehldiagnose eines frühkindlichen Autismus. In dieser Phase kommt es außerdem zum Auftreten der ersten zerebralen Krampfanfälle (abnormes EEG). Die Dauer des 2. Stadiums wird durch mehrere Wochen und Monate beschrieben.
Nach der Phase rascher Regression durchlaufen Mädchen mit Rett-Syndrom nun eine Phase der relativen Ruhe. Es kommt zu einer Verminderung der autistischen Züge, ihr Verhalten verbessert sich durch eine geringere Reizbarkeit und sie weinen weniger. Sie beginnen sich wieder für ihre Umwelt zu interessieren, wobei Phasen der Aufmerksamkeit mit Phasen des "In-sich-zurückgezogen-Seins" abwechseln. Die Fähigkeit zu kommunizieren verbessert sich. Daneben bleiben die schon bekannten Symptome wie Zähneknirschen, Handstereotypien und epileptische Anfälle erhalten. Zusätzlich kommt es verstärkt zu Apraxie (neurologische Unfähigkeit zur Ausführung erlernter zweckmäßiger Bewegungen oder Handlungen, trotz erhaltener Wahrnehmungs- und Bewegungsfähigkeit) und Ataxie (neurologische Störung der Bewegungsabläufe, diese sind ungewöhnlich ruckartig). (→ Entwicklung) Anfälle treten in dieser Phase häufig auf und die Handstereotypien nehmen zu. Grobmotorische Fähigkeiten bleiben weitestgehend erhalten und verschlechtern sich nur langsam. Deutlich zeigt sich auch das unsicherere Gangbild.
In diesem Stadium öffnet sich das Kontaktverhalten noch weiter. Die Häufigkeit der Anfälle nimmt ab und die betroffenen Menschen mit Rett-Syndrom zeigen kognitive Fortschritte. „Die Grobmotorik verschlechtert sich zusehends und Schwäche, Abmagerung, Skoliose und Spastizität zwingen die meisten Mädchen zur Immobilität und in den Rollstuhl.“ (LINDBERG 1994, S. 18) Kognition und Sprache
(Quelle des Absatzes: http://www.foepaed.net/schnermann/rett-syndrom.pdf - Stand: 24. Januar 2006) Folgen und KomplikationenDas Rett-Syndrom führt zu einer lebenslangen, schweren körperlichen und geistigen Behinderung. Kinder mit Rett-Syndrom sind dauerhaft auf die Hilfe und Unterstützung durch andere angewiesen. Die epileptischen Anfälle können zu Stürzen und zu Verletzungen führen. Die motorischen Schwierigkeiten, der unsichere Gang, die erhöhte Muskelspannung und die Skoliose führen zu Einschränkungen der Beweglichkeit und zur Immobilität. Die mangelhafte Sprachentwicklung erschwert die Verständigung mit der Umgebung. Diese (und weitere Symptome) machen ein selbständiges und unabhängiges Leben unmöglich. BehandlungEs gibt bisher keine das Rett-Syndrom heilende Therapie. Dennoch gibt es einige Therapien, die sich für betroffene Mädchen eignen. Diese helfen allerdings nur, einige Bereiche bzw. Teilgebiete der Mehrfachbehinderung zu beeinflussen. Nicht jede der im Folgenden vorgestellten Therapie ist für jedes Kind mit diesem Syndrom geeignet; hier spielt eine Beachtung der Familiensituation sowie eine fachgerechte Beratung eine wesentliche Rolle. Es ist jedoch sinnvoll, einzelne Therapien zu kombinieren, jedoch ohne das Kind zu übertherapieren.
Literatur
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Rett-Syndrom aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |