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RöntgenportraitDas Röntgenportrait ist ein für das Kunstprojekt „Röntgenportrait“ gebildeter Ausdruck. Dieses Kunstprojekt von Tor Seidel fand 2003 in dem von den sowjetischen Truppen verlassenen Festspielhaus in Dresden-Hellerau als Installation zum ersten Mal statt und wurde 2005 in Zürich und Berlin gezeigt. Ausgangspunkt war die Überlegung, dass es sich bei Röntgenaufnahmen vom Kopf de facto nicht um Portraits handeln kann – denn strenggenommen ist ein Portrait eine Abbildung einer Oberfläche, der des Gesichtes. Eine Röntgenaufnahme hingegen beruht auf der Wirkung der im deutschen Sprachraum so genannten Röntgenstrahlung. Dabei geht die Strahlung durch einen Körper hindurch und wirft von den Körperteilen, die diese Strahlung absorbieren (zum Beispiel Knochen), Schatten auf eine fotografische Platte. Dieses Röntgenbild zeigt keine Oberflächen und ist meist nur von Spezialisten, den Radiologen, lesbar. Mithin zeigt es nicht das was ein fotografisches Portrait zeigen kann, eine Person und deren Gesichtsausdruck. Wissenschaftlich gesehen wäre es also gar nicht möglich von Röntgenportraits zu sprechen. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
RöntgenportraitsDas Kunstprojekt „Röntgenportraits“ von Tor Seidel, bürgerlich Torsten Seidel zeigt vielfach vergrößerte Röntgenaufnahmen von Köpfen als Tafelbilder. Das zugrundeliegende Material ist der Restbestand eines ehemaligen sowjetischen Militärlazarettes im Festspielhaus Dresden-Hellerau, welches von den sowjetischen Truppen in der DDR-Zeit genutzt wurde. Die Röntgenaufnahmen wie Portraits zu behandeln war das Resultat der Beobachtung, dass die Aufnahmen nicht den typischen abstrakten Knochenausdruck aufwiesen, sondern gesichtsähnliche Züge. Ob sich dies der Art der Röntgenapparatur und der Stärke der Strahlung respektive der Behandlung durch die sowjetischen Militärärzte schuldete, blieb unklar. Auch die „Diagnose“ des Materials bei Radiologen und Röntgenspezialisten konnte dazu keine Klärung bringen. Diese Aufnahmen, als 150 x 200 cm große Tafelbilder in der Ausstellung „Portrait of this mortal coil“ in dem riesigen Festspielhaussaal hängend, erinnerten manchen Ausstellungsbesucher an die zurückgekehrten Geister der Soldaten. Der Eindruck wurde verstärkt durch szenische Beleuchtung und einen eigens für die Installation geschriebenen Sound des Londoners James Welburn. Erstaunlich war bei der Auswahl der Köpfe die Verschiedenartigkeit der Ausdrücke: geöffnete Münder, die an Schreie erinnern, Mondgesichter, leere Augenhöhlen die wie Augen wirken. Der Ausdruck „Röntgenportrait“ erwies sich beim Anblick dieser Bilder als sinnfällig und wurde fortan verwendet, um einerseits den Begriff des Portraits zu erweitern und andererseits die spezifische Ausdrucksweise der Hellerauer Aufnahmen festzustellen. Zudem gab die Stellung von Röntgenaufnahmen in einen künstlerischen Zusammenhang, also einfach schon die Hängung großer Tafelbilder mit Röntgenaufnahmen in einem Ausstellungsgebäude die künstlerische Legitimation, hier von Röntgenportraits zu sprechen. Röntgenskulpturen2005 wurde das Projekt „Röntgenportrait“ auf das Science et Cité in Zürich eingeladen. Für diese Installation baute Tor Seidel basierend auf den Hellerauer Aufnahmen Röntgenskulpturen. Die Idee war, den vermeintlichen Gesichtsausdruck der Röntgenaufnahmen ins Dreidimensionale zu übersetzen. Das gelingt, schaut der Betrachter durch einen dafür vorgesehene Röhre auf die plastische Gesichtsaufnahme, welche vor einer Lichtquelle positioniert ist. Das ganze funktioniert wie das Prinzip einer Computertomografie. Der Körper wird in Segmente zerlegt, in diesem Fall das Röntgenbild. Diese werden dann in räumlichen Abständen vor der Lichtquelle positioniert, bis sich die Plastizität herstellt. Dieses Kunstwerk suggeriert wiederum eine Illusion, denn ein solches Gesicht kann keine anatomische Rekonstruktion sein, ebensowenig wie eine Röntgenaufnahme ein Portrait ist. Die Publikation „Röntgenportrait“Die Diskussion um die Ausstellung veranlasste Tor Seidel und die Kuratorin Friederike Meyer Wissenschaftler und Schriftsteller um Textbeiträge für eine Publikation zu bitten, die Röntgen und Fotografie im Kontext von Wissenschaft und Kunst zum Inhalt haben sollte. Das Buch Röntgenportrait, erschienen bei Bühler und Heckel, Berlin, ist Bestandteil des künstlerischen Projektes und weitet die Diskussion um das Portrait in künstlerischen und wissenschaftlichen Bildern aus. Der Ausstellungsmacher Bodo Michael Baumunk (Deutsches Hygienemuseum Dresden) verfolgt die Spur einer erhaltenen Röntgenaufnahme vom Zahn des Reichspräsidenten von Hindenburg im Kontext seiner Zeit. [1] Der Arzt und Philosoph Jan Holthues deutet den Vorgang des Sehens anhand der Röntgenbilder aus erkenntnistheoretischer Sicht. [2]. Der Dresdner Schriftsteller Marcel Beyer wandert in seinem experimentellen Gedicht durch eine imaginäre Landschaft wie Dresden-Hellerau. [3] Die Wissenschaftsforscherin Monika Dommann (Zürich) verortet die Relevanz von Röntgenbildern in Bezug auf den Tod. [4] Der Wissenschaftsforscher und Autor Michael Hagner (Zürich) betrachtet Versuche, über das Sichtbare hinaus Sichtbarkeit erzeugen zu können. Er untersucht die Geschichte des Gedankenlesens. [5] Der Dresdner Fotohistoriker Wolfgang Hesse betrachtet die Röntgenbilder als Bilder des Lebens vor dem Tod. Markus Buschhaus (Düsseldorf) beschreibt den Kontextwandel der medizinischen Aufnahmen zu Kunstobjekten. FazitDas Kunstprojekt, der Ausdruck „Röntgenportrait“ und die Publikation erweitern den Begriff des fotografischen Portraits. Sie haben schließlich eine Diskussion um die Frage, was eine Röntgenaufnahme in einem Goldrahmen sei, angefacht. Literatur
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Röntgenportrait aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |