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Pulsierende SignaltherapieDie Pulsierende Signaltherapie (PST) oder „PST Pulsierende Signal Therapie“ (eingetragene Wort-/Bildmarke der Fa. Bio-Magnetic Therapy Systems GmbH in München) ist ein umstrittenes Therapieverfahren, das nach Ansicht von Befürwortern zur Behandlung einer Vielzahl von Erkrankungen und Schäden des Knorpels, anderer Bindegewebe und des Knochens eingesetzt werden könne. Kritiker zweifeln an der Wirksamkeit. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
MethodeNach den Informationen der „PST GmbH“ (ehemals „Signal Medizin Vertriebs GmbH“) wurde das inzwischen patentierte PST-Verfahren von dem deutsch-amerikanischen Arzt und Biophysiker Dr. Richard Markoll entwickelt. In 2000 wurde von der American Academy of Pain Management (größte klinische Vereinigung von interdisziplinär tätigen Schmerztherapeuten in den USA) der John Liebeskind Research Award 2000 für die Entwicklung der Pulsierenden Signal Therapie (PST) verliehen. [1] Die PST-Behandlungszyklen erstrecken sich je nach behandelter Region über neun oder zwölf Werktage. Eine einzelne Behandlung dauert eine Stunde. Biochemische und pathophysiologische GrundlagenKnorpel besteht aus zwei Bestandteilen, den Knorpelzellen (Chondrozyten) und der Interzellularsubstanz, die auch extrazelluläre Matrix genannt wird. Diese Interzellularsubstanz, die aus Proteoglycanen, Kollagenen und Glycoproteinen besteht, wird von den Chondrozyten produziert. Charakteristisch ist der hohe Wasseranteil (bis zu 70 %). Die Proteoglycane sind durch biochemische Modifikationen (Sulfat- und Carboxylgruppen) negativ geladen und stellen deswegen Polyanionen dar. An diese Gruppen lagern sich dissoziierbare Protonen (genauer: an Wasser angelagerte Protonen, H3O+, auch Hydroniumionen genannt) an. Die Ladungsdichte der negativen Ladungen der Interzellularsubstanz ist verantwortlich für die Zusammensetzung des Ionenmilieus in diesem Raum.[2][3] Unter Druckbelastung verändert sich die Ionenverteilung: Die Hydroniumionen dissoziieren von Proteoglycanmolekülen in die umgebende Matrixflüssigkeit ab. Durch die Kombination von Hydroniumionenfluß und Bewegungen der Matrixflüssigkeit entstehen physikochemische Effekte, die auch strömende Potentiale genannt werden.[4] Diese strömenden Potentiale und mechanische Reize regulieren die Biosynthese der Matrixproteine in den Chondrozyten[4]. Im gesunden Knorpel führt die mechanische Beanspruchung des Gelenks zu elektrischen Signalen, die das Knorpelwachstum und die Regeneration desselben regulieren[5][6]. Folglich sind an der Signaltransduktionskette zur Regulation der Genexpression in den Chondrozyten auch Mechanorezeptoren beteiligt[7]. Im erkrankten Gelenk tritt eine geringere mechanische Belastung auf, was sich negativ auf die strömenden Potentiale, die Biosyntheseleistungen der Chondrozyten sowie Knorpelwachstum und -regeneration auswirkt[8]: Hier scheinen Matrixmetalloproteinasen (siehe den entsprechenden Abschnitt im Eintrag Interzellularsubstanz) einzugreifen. Werden diese Proteasen im Knorpelgewebe künstlich aktiviert, werden Matrixproteine abgebaut und die strömenden Potentiale sind bis zu 80% reduziert[9]. Die Abbauprodukte (Peptide) der Matrixproteasen induzieren in Chondrozyten weitere Abbauprozesse, die den Knorpel weiter schädigen[10]. Funktionsprinzip der PSTAus zwei Gründen erscheint eine ursächliche Therapie degenerativer Gelenkerkrankungen mittels rein pharmakologischer Methoden schwierig:
Die therapeutische Grundlage der PST besteht darin, mittels äußerer physikalischer Reize die im gesunden Knorpelgewebe stattfindenden elektrophysiologischen Vorgänge nachzuahmen und zu stimulieren. Insbesondere sollen die strömenden Potentiale wiederhergestellt werden. Dazu wird das Knorpelgewebe pulsierenden Magnetfeldern ausgesetzt. Die in das Gewebe eintretenden pulsierenden Magnetfelder sollen die normalen Biosyntheseleistungen der Chondrozyten wiederherstellen und insbesondere die Konzentration des Proteoglycans erhöhen. Tatsächlich konnten bei in vitro-Experimenten an Chondrozyten nach einer PST-Behandlung positive Einflüsse auf die Physiologie (DNA-Synthese, Verstärkung der Transkriptionsrate, Steigerung der Proteinbiosynthese, auch des Proteoglycans) festgestellt werden.[11]. In bei einer Tagung vorgestellten Studie[12] wurde festgestellt, dass eine PST-Behandlung die Kollagenexpression vermindert. Erhöhte Kollagenkonzentrationen sind charakteristisch für arthrotische Chondrozyten.[13] Praktische DurchführungDas zu behandelnde Körperteil wird innerhalb einer Luftspule gelagert. Die Luftspule wird von einem pulsierenden Gleichstrom durchflossen (Kurvenform Rechteck), der zur Bildung eines pulsierenden Magnetfeldes führt (auch impulsmoduliertes Magnetfeld oder impulsartiges elektromagnetisches Feld, englisch PEMF pulsed electromagnetic field), das innerhalb der Spule homogen ist. Die eingesetzte Frequenz beträgt wenige Hertz bis etwa 30 Hz. Die magnetische Flussdichte soll dabei nach Angaben von Gierke etwa 12,5 Gs (Gauß) betragen, was 1,25 milliTesla entspricht, eine andere Quelle gibt 0,5-1,5 mTesla an. Während der Anwendung wird die Stromstärke und somit die Flussdichte verändert. Dies entspricht maximal dem 50-fachen des Erdmagnetfeldes. Von diesen Feldern spürt der Patient jedoch unter der einstündigen Behandlung nichts. Laut Herstellerangaben unterscheidet sich das PST-Verfahren von anderen PEMF-Verfahren mit gleichmäßigen Impulsmustern (gleichbleibender Arbeitsfrequenz und Flussdichte) dadurch, dass es mit in Dauer und Intensität wechselnden Rechteckimpulsen arbeitet (variabler Frequenz und variabler Flussdichte) und sich so den natürlichen physiologischen Impulsen besser anpassen soll. Indikationen und KontraindikationenAls Indikation zur PST sehen Befürworter u. a. die beginnende Arthrose bis zum Stadium III nach Kellgren. Auch bei fortgeschrittener Arthrose könne in Einzelfällen Erfolg erzielt werden, sie werde aber generell nicht mehr empfohlen. Unabdingbare Voraussetzung für den Therapieerfolg ist, dass noch geringe Knorpelmasse vorhanden ist, die regeneriert werden kann. Neben der Arthrose kommt die PST zunehmend auch zur Behandlung von Weichteilverletzungen wie Überlastungsschäden oder Insertionstendopathien zum Einsatz. Sämtliche Gelenke einschließlich Wirbelsäule können behandelt werden[14]. Absolute Kontraindikation sind Tumore im Behandlungsgebiet (Behandlung erst nach Ablauf von 5 Jahren möglich)oder bakterielle Infekte. Als relative Kontraindikationen werden bei Schwangerschaft Behandlungen der LWS und Becken, und bei Herzschrittmacher Behandlungen der HWS, BWS, Schulter genannt [15] WirkungDie Wirksamkeit des im Oktober 1996 in Deutschland präsentierten Verfahrens ist umstritten. Unstrittig ist ein stimulierender Effekt bestimmter elektromagnetischer Felder auf das Knorpelwachstum auf zellulärer Ebene. Eine systematische Durchsicht der Literatur bis zum Jahr 2001 konnte drei Studien mit pulsierenden elektromagnetischen Feldern oder direkter Stromanwendung bei insgesamt 259 Arthrose-Patienten identifizieren, die den Ansprüchen der evidenzbasierten Medizin genügten. Sie zeigten einen geringen bis mäßigen, statistisch signifikanten positiven Effekt der Therapie.[16] Auch mit anderen Anwendungsarten elektromagnetischer Felder beispielsweise mittels 1,8 x 0,6 Meter großer Matten sind in kleineren Studien Therapieerfolge dokumentiert. [17] Befürworter der PST verweisen auf positive Erfahrungen aus den USA, wo bereits in den 1990er Jahren mehr als 10.000 Patienten erfolgreich behandelt worden seien, ebenfalls positive Erfahrungen aus der Behandlung von mittlerweile etwa 300.000 Patienten in Deutschland und experimentelle Befunde, die „im Reagenzglas“ (in vitro) eine verstärkte Regeneration der Knorpelmatrix unter dem Einfluss der PST gezeigt haben. 2001 wurde eine prospektive, multizentrische (40 Zentren), nicht plazebokontrollierte Untersuchung der Ludwig-Maximilians-Universität, München, an 220 Patienten mit Gonarthrose publiziert. Sie zeigte sechs Monate nach PST Verbesserungen hinsichtlich des Lequesne-Gonarhrose-Index, der Schmerzintensität und der Schwierigkeiten bei den Aktivitäten des täglichen Lebens in der Größenordnung von 40-50 %. Diese Besserung konnte bei 73% der Behandelten festgestellt werden. [18]. Der in einer jüngeren Studie[19] nachgewiesene Plazeboeffekt einer lediglich simulierten Behandlung ist in dieser Studie mangels einer Kontrollgruppe nicht einzuschätzen, so dass die Ergebnisse für eine Bewertung des klinischen Effektes der PST nicht geeignet sind. Kritiker sehen die Wirksamkeit nicht als belegt an. Professor Dr. med. Jürgen Krämer, Direktor der orthopädischen Klinik Bochum in 1997: Solange die Wirksamkeit der Methode nicht nachgewiesen ist, sei die Anwendung der PST „höchst problematisch“.[20]. In Deutschland hat der „Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen“, dessen Nachfolger heute der Gemeinsame Bundesausschuss ist, auf Antrag durch die Kassenärztliche Bundesvereinigung 1998 eine umfangreiche Bewertung der PST vorgenommen. Er kam dabei nach Analyse und Bewertung aller Stellungnahmen und der wissenschaftlichen Literatur zu dem Ergebnis, dass die Wirksamkeit und medizinische Notwendigkeit der PST bei den beanspruchten Indikationen nicht hinreichend belegt sei. Die einzige prospektive doppelblind und placebokontrolliert durchgeführte Untersuchung[21] zeigte schwerwiegende methodische Mängel. Die behauptete Sicherheit des Verfahrens sei mangels Studien mit einer ausreichenden Nachbeobachtungszeit nicht belegt. Die vorliegenden Unterlagen wurden als so wenig tragfähig angesehen, dass auch eine teilweise Anerkennung bei einigen Indikationen nicht begründet werden konnte. „Langzeitbeobachtungen zum Nutzen und den Risiken der Pulsierenden Signaltherapie lagen nicht vor, obwohl die Methode bereits seit Jahren an Patienten erprobt wird.“[22] Die Methode ist auch nicht beihilfefähig.[23] Die Deutsche Rheuma-Liga fasste den Kenntnisstand ohne Angabe von Quellen 2003 so zusammen:
Eine Übersicht von H. Gierse [15] in 2003 umschreibt den aktuellen Stand der Wirksamkeit der PST in der Arthrosebehandlung folgendermaßen:
Über den Stand der experimentellen Untersuchungen des Wirkmechanismus unter Bezug auf [25]:
Im Jahr 2005 wurde eine dänische Studie veröffentlicht, die bei 83 Patienten mit Kniegelenksarthrose keinen vorteilhaften Effekt der Therapie mit pulsierenden elektromagnetischen PEMF Feldern (nicht mit PST-Feldern) zeigte, dafür aber die Notwendigkeit plazebokontrollierter Studien verdeutlichte. In der randomisierten, plazebokontrollierten Doppelblindstudie besserten sich auch nach lediglich simulierter Behandlung alle untersuchten Parameter. Zwischen der Behandlungs- und der Plazebogruppe aber gab es keine signifikanten Unterschiede. Jüngere Patienten im Alter von unter 65 Jahren zeigten in einer retrospektiven Subgruppenanalyse einen positiven Effekt hinsichtlich der Gelenksteifheit, nicht jedoch auf die Schmerzen und die Aktivitäten im Alltag.[19] NebenwirkungenNebenwirkungen sind bisher bei ca. 300.000 mit der PST Behandelten nicht bekannt. [26] [21] [27] Laut Gierse [15]
Wirtschaftliche BedeutungAls in Deutschland von den gesetzlichen Krankenkassen nicht anerkanntes Therapieverfahren wird die PST den Patienten als sogenannte IGeL-Leistung angeboten und in Rechnung gestellt. Der Preis liegt bei 663 bis 885 Euro für neun bis zwölf einstündige Anwendungen. Die auf den weltweiten Vertrieb der markenrechtlich geschützten PST-Technologie spezialisierte „PST GmbH“ verfolgte 1997 die Strategie, die Geräte von Ärzten leasen zu lassen. Orthopäden wurde das Verfahren als „zweites Standbein“ in der Arztpraxis angedient.[20] 2005 lag die PST auf Platz vier der für die Ärzte rentabelsten IgeL-Leistungen[28] Während das Verfahren nach Angaben der Vertriebsfirma in Deutschland (710 Praxen und Kliniken, teilweise Doppelnennungen), Österreich (68 Praxen und Kliniken) und der Schweiz (22 Praxen und Kliniken) verbreitet ist, finden sich in England und den Niederlanden (jeweils nur eine Praxis oder Klinik) kaum Anwender. Quellen
Siehe auch
Kategorien: Alternativmedizin | Orthopädie |
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