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Prosopagnosie



Prosopagnosie (von griechisch: πρόσωπον „Prosopon“: das Gesicht und „Agnosia“: das Nichterkennen) oder Gesichtsblindheit bezeichnet die Unfähigkeit eines Patienten, die Identität einer ihm bekannten Person anhand von deren Gesicht zu erkennen.

Prosopagnosie wird in drei verschiedene Typen unterschieden:

  • apperzeptive Prosopagnosie (in etwa "bewusst wahrgenommen")
  • assoziative (oder amnestische) Prosopagnosie
  • kongenitale Prosopagnosie

Das Krankheitsbild wurde erstmalig 1947 durch den deutschen Neurologen Joachim Bodamer beschrieben. Er berichtete über drei Patienten, die nach einer Gehirnverletzung außerstande waren, das Pflegepersonal (und z.T. auch die eigenen Verwandten) wiederzuerkennen. Bodamer prägte auch den Begriff Prosopagnosie, dessen deutsche Übertragung als "Gesichtsblindheit" sich zwar eingebürgert hat, aber nicht exakt ist: Im Gegensatz zur Prosopagnosie bezeichnet Gesichtsblindheit die Unfähigkeit eines Menschen, ein Gesicht überhaupt als Gesicht zu erkennen.

Inhaltsverzeichnis

Umgang mit der Erkrankung

Prosopagnostiker können problemlos einzelne Merkmale des Gesichts erkennen und zum Teil auch Personen anhand einzelner Gesichtsmerkmale erkennen. Andere Merkmale wie Stimme, besondere Kleidung oder Frisuren werden auch zur Erkennung von Personen benutzt. Je nach Art der Prosopagnosie können Betroffene unterschiedliche Informationen aus Gesichtern schließen. Apperzeptive Prosopagnostiker können nicht das Alter und Geschlecht aus dem Gesicht erschließen, auch fällt ihnen das Erkennen von Emotionen schwer. Weiterhin sind sie nicht in der Lage, Gleich-Verschieden-Urteile über Gesichter zu fällen. Assoziative Prosopagnostiker können Gleich-Verschieden-Urteile fällen, das Alter und Geschlecht erkennen. Semantische Informationen (z. B. wer ist die Person oder welchen Beruf hat die Person) können sie ebensowenig wie apperzeptive Prosopagnostiker abrufen. Die Leistungen, zu denen kongenitale Prosopagnostiker fähig sind, sind deutlich variabler.

Menschen mit kongenitaler, also angeborener Prosopagnosie, braucht nicht bewusst zu sein, dass sie eine Prosopagnosie haben, da diese Tatsache schwer zu glauben ist. Zum Vergleich: Ein Kind, das eine Rot-Grün-Blindheit hat, wird in den allermeisten Fällen nicht plötzlich zu der Erkenntnis kommen, dass alle Menschen um es herum bestimmte Farben auseinanderhalten können, bei denen es selbst keinen Unterschied sieht. Vielmehr wird das Kind leicht verwirrt bei der Zuordnung von Farben wirken, sehr bald aber einfach auswendig wissen, dass Erwachsene erwarten, dass es die Frage nach der Farbe des Briefkastens mit „gelb“ beantwortet, dass das obere Licht einer Ampel „rot“ ist usw. Wenn dennoch nahezu alle Rot-Grün-Blinden heute von dieser Blindheit wissen, so liegt das an den Vorsorgeuntersuchungen für Kinder, bei denen routinemäßig auch danach gesucht wird. Die kongenitale Prosopagnosie hingegen ist selbst den meisten Ärzten völlig unbekannt. Die Symptomatik kann, wenn sie sich manifestiert, leicht mit Autismus und Asperger-Syndrom verwechselt werden, tritt jedoch auch sehr häufig als Komorbidität bei Autismus auf. Nahezu alle Kinder mit Prosopagnosie entwickeln unbewusst Strategien, um mit der Störung umzugehen: Erkennung von Menschen an Stimme, Kleidungsgewohnheiten, Statur, Bewegung. Prosopagnostische Kinder profitieren stark von einer frühen Diagnose, da Bezugspersonen ihnen so bei der Entwicklung dieser Strategien helfen können. Eine Behandlung der kongenitalen Prosopagnosie selbst ist nicht bekannt.

Es gibt Hinweise aus der Forschung, dass Prosopagnosie und Hochbegabung gehäuft zusammen auftreten. Möglicherweise stehen die Hirnbereiche, die eigentlich als Teil des Sehzentrums der Gesichtserkennung dienen, bei diesen Personen für die Sprachverarbeitung zur Verfügung.

Prävalenz

Das häufig anzutreffende Unwissen der Betroffenen über ihr Defizit sowie die Möglichkeit, das vorhandene Wahrnehmungsdefizit bis zu einem gewissen Grad durch Lernleistungen zu kompensieren, haben lange Zeit zu der Annahme geführt, Prosopagnosie sei ein extrem selten anzutreffendes Krankheitsbild. Neuere Untersuchungen legen aber die Vermutung nahe, dass etwa 2,5 % der Bevölkerung von der Erkrankung betroffen sind.

Verwandte Themen

  • Apraxie – eine motorische Störung
  • Eine weitere visuelle Erkennungsstörung (Agnosie) ist die Seelenblindheit.
  • Capgras-Syndrom - mit der Prosopagnosie verwandtes Syndrom, bei dem man glaubt, nahe Lebensgefährten seien durch identisch aussehende Doppelgänger ersetzt worden.
  • Balint-Syndrom - räumliche Aufmerksamkeitsstörung, bei der unter anderem nur Teilaspekte von Bildern wahrgenommen werden, sodass eine Prosopagnosie entstehen kann.

Literatur

  • Behrmann, Marlene & Avidan, G. (2005): Congenital Prosopagnosia: face-blind from birth. Trends in Cognitive Sciences, 9, 180-187.

Seiten von Betroffenen und für Betroffene, Erfahrungsberichte

  • Prosopagnosie-Informationsseiten von Martina und Thomas Grüter, dort auch eine Deutschsprachige Mailingliste für Betroffene
  • Faceblind Erfahrungsbericht von Bill Choisser.

Wissenschaftliche Publikationen in Deutsch

  • Die Genetik der kongenitalen Prosopagnosie - Dissertation von Martina Grüter 24.2.2004

Diverse Berichte

  • Katharina Schöbi: Warum sich manche Menschen keine Gesichter merken können
  • Christian Stöcker: Gesichtsblindheit: Wenn alle gleich aussehen In: Der Spiegel, 2. Juni 2006
  • Gesichtsblindheit: lauter fremde Gesichter, Dokumentation im NDR am 1. Juni 2004

Test

  • Gesichtstests
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Prosopagnosie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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