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Probiotikum



Ein Probiotikum ist eine Präparation aus lebensfähigen Mikroorganismen, die, in ausreichenden Mengen konsumiert, einen gesundheitsfördernden Einfluss auf den Wirt hat.[1] Am längsten angewendet werden probiotische Milchsäurebakterien, aber auch Hefen und andere Spezies sind in Gebrauch. Probiotika können als Zugabe in Lebensmitteln oder in Form von Arzneimitteln dargereicht werden. Abgegrenzt werden Probiotika von den Präbiotika, die eine positive Wirkung (Wachstumsanregung) auf bereits sich im Darm befindende Mikroorganismen haben, und den Synbiotika, einer Kombinationen aus beidem.

Inhaltsverzeichnis

Probiotische Lebensmittel

Als probiotisch bezeichnete Lebensmittel enthalten meist Mikroorganismen (z. B. Milchsäurebakterien der Art Lactobacillus casei), die, sofern sie die Magenpassage überhaupt zu einem nennenswerten Anteil teilungsfähig überwinden können, im Dünndarm, teilweise auch im Dickdarm, durch quantitative Verdrängung und Produktion von antibakteriellen Stoffen (Bacteriocine) einer Fehlbesiedlung mit nichtphysiologischen Darmkeimen entgegenwirken sollen. Tatsächlich verdrängen sie vorwiegend Teile der erwünschten physiologischen Darmflora, wodurch das dort herrschende Gleichgewicht empfindlich gestört werden kann. Die probiotischen Bakterien nehmen jedoch nur vorübergehend am komplexen Stoffwechsel der Darmflora teil und verschwinden nahezu vollständig innerhalb weniger Wochen nach Beendigung der Zufuhr. Häufig findet auch zu keinem Zeitpunkt je eine nennenswerte Besiedelung des Darmes mit den zugeführten Bakterien statt, zumeist schlicht weil ihre Konzentration im Lebensmittel zu gering ist.

Nachdem ursprünglich nur entsprechender Joghurt angeboten wurde, erscheinen seit einiger Zeit zunehmend weitere Lebensmittel, etwa Quark, Käse oder Wurst, die probiotische Bakterien enthalten sollen, auf dem Markt. Sofern sich in den angebotenen Produkten allerdings überhaupt die ausgewiesenen probiotischen Bakterien finden lassen, ist ihre Konzentration meist sehr niedrig und liegt oftmals sogar weit unterhalb der Herstellerangaben, was eine wie auch immer geartete Wirkung auf den menschlichen Organismus generell unwahrscheinlich macht.

Eigenschaften

Die intensiv beworbenen, angeblich gesundheitsfördernden Eigenschaften verschiedener probiotischer Stämme sind nur zu sehr geringen Teilen wissenschaftlich nachgewiesen; es besteht in vielen Bereichen noch großer Forschungsbedarf. Eine der vielen Schwierigkeiten hierbei liegt darin, dass die Eigenschaften von Probiotika jeweils stammspezifisch sind. Das heißt, ist ein förderliche Effekt bei einer Erkrankung (z. B. Verstopfung) für einen bestimmten Bakterienstamm nachgewiesen, bedeutet dies keinesfalls, alle probiotischen Bakterienstämme würden über diese Wirkung verfügen. Auch sind die schädigenden Effekte der zugeführten Bakterien in die Gesamtbeurteilung miteinzubeziehen, was bisher kaum beachtet wird.

Teilweise positive Ergebnisse brachten Untersuchungen an einigen probiotischen Bakterienstämmen bezüglich

  • Förderung der Lactose-Verdauung
  • Unterdrückung einiger krankheitserregender Keime im Darm
  • Wirksamkeit gegen bestimmte Formen von Durchfall, besonders durch Viren verursachte

Versuche, eine Wirksamkeit nachzuweisen, schlugen bislang fehl bezüglich

Zu bedenken ist zudem, dass auch traditionelle Milchsäurebakterien ähnlich positiv im Darm wirken.

Herstellung probiotischen Joghurts

Probiotischer Joghurt kann auf verschiedene Arten hergestellt werden. Bei den meisten probiotischen Produkten wird zunächst Joghurt auf herkömmliche Weise unter Zusatz der üblichen Starterkulturen hergestellt und erst nachträglich der probiotische Bakterienstamm zugesetzt. Je nach verwendetem Bakterienstamm kann die Fermentation der Milch jedoch auch durch den probiotischen Bakterienstamm selbst erreicht werden (z. B. bei Yakult); in diesem Fall enthält das Produkt ausschließlich den probiotischen Bakterienstamm.

Beispiele für probiotische Bakterienstämme in Nahrungsmitteln

  • Bifidobacterium animalis subsp. lactis BB-12 [Chr. Hansen, Fitline all in 1000]
  • Bifidobacterium animalis subsp. lactis DN-173 010 (= Bifidobacterium Digestivum Essensis) Danone
  • Bifidobacterium animalis subsp. lactis HN019 (= Howaru Bifido) Danisco
  • Lactobacillus acidophilus LA5 [Chr. Hansen, Fitline all in 1000]
  • Lactobacillus acidophilus NCFM [Rhodia Inc.]
  • Lactobacillus johnsonii La1 (= Lactobacillus LC1) Nestlé
  • Lactobacillus casei immunitass/defensis (= Actimel) Danone
  • Lactobacillus casei Shirota (DSM 20312) Yakult
  • Lactobacillus casei CRL431 [Chr. Hansen]
  • Lactobacillus delbrueckii subsp. bulgaricus [Fitline all in 1000]
  • Lactobacillus reuteri (ATCC 55730) [BioGaia Biologics]
  • Lactobacillus rhamnosus (ATCC 53013) (=LGG) [Valio]
  • Streptococcus thermophilus [Fitline all in 1000]

Probiotische Arzneimittel

Neben der nicht unumstrittenen Zugabe von probiotischen Bakterien zu herkömmlichen Nahrungsmitteln werden Probiotika in einer Vielzahl von Erkrankungen therapeutisch eingesetzt. Manche Anwendungsmöglichkeiten sind nach wissenschaftlichen Kriterien nicht gesichert. Im Gegensatz dazu ist z. B. die Anwendung des E. coli Stammes Nissle 1917 zur Rezidivprophylaxe der Colitis ulcerosa oder zur Behandlung der Diarrhö bei Säuglingen, Kleinkindern und Kindern zugelassen und genügt den Ansprüchen der evidenzbasierten Medizin. Kritischer formuliert lassen die durchgeführten Doppelblindstudien eine positive Wirkung bei akuten Durchfallerkrankungen bei Kindern, der Verhinderung Antibiotika-induzierter Durchfälle und für die Colitis ulcerosa möglich erscheinen.[2]


Spezien

in probiotischen Arzneimitteln kommen sowohl einzelne Stämme einer Spezie, als auch Mischungen aus mehreren Stämme und Spezien vor.

Wirkungsmechanismen

Nicht immer ist der genaue Wirkmechanismus von probiotischen Arzneimitteln bekannt. Jedoch ist bekannt, dass sie zum Teil das Mukosaimmunsystem stimulieren bzw. modulieren, das auch als MALT (mucosa associated lymphatic tissue) bezeichnet wird. Dadurch wird über verschiedene Mechanismen auch die Produktion von sekretorischen Immunglobulinen A, die z. B. ins Darmlumen abgeschieden werden oder auf allen Schleimhäuten sich befinden, stimuliert, was der Immunabwehr zugute kommt. Weiterhin gibt es eine sog. Kolonisationsresistenz, was bedeutet, dass probiotische Bakterien u. a. selbst Antibiotika (Bacteriocine) produzieren (bei den Colibakterien sind es die Colicine, bei Lactococcen z. B. das Nisin), die sich gegen andere eingedrungene Bakterien wehren.

Indikationen

Probiotika wurden bei vielfältigen Erkrankungen erfolgreich angewendet, allerdings steht der wissenschaftliche Beweis oft noch aus. Für folgende Krankheiten ist die Wirksamkeit von Probiotika verhältnismäßig gut erforscht:

Kontraindikation

Obwohl nicht bewiesen, sollen probiotische Produkte die entzündlichen Phasen mancher Autoimmunerkrankungen wie Morbus Bechterew verschlimmern. Über vereinzelte Fälle von probiotischer Bakteremia und Fungemia bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem und bei chronisch Kranken wurde berichtet. Fälle von Sepsis bei gesunden Menschen, die Probiotika einnahmen, sind nicht bekannt. [3]

Health Claims

Seit Anfang 2007 sind in der Europäischen Union sogenannte Health Claims untersagt (Health-Claims-Verordnung). Demnach sind nur noch gesundheitsbezogene Aussagen zu Lebensmitteln, zu diesen zählen auch Probiotika, erlaubt, wenn sie auch wissenschaftlich belegt sind. Allerdings gilt bis Ende 2009 eine Übergangsfrist. Derzeit wird für Probiotika eine Liste erstellt, in der alle gesundheitsbezogenen Aussagen gesammelt werden. Diese wird dann der EFSA[4] (European Food and Safety Authority) vorgelegt, die bis 2009 über deren wissenschaftliche Fundiertheit entscheiden muss.

Quellen

  1. Fuller, R. (1989): Probiotics in man and animals. In: J. Appl. Bacteriol. Bd. 66, S. 365-378. PMID 2666378
  2. Haben Probiotika eine belegte Wirkung?
  3. Boyle, R.J. et al. (2006): Probiotic use in clinical practice: what are the risks? In: Am J Clin Nutr. Bd. 83, S. 1256-1264. PMID 16762934
  4. European Food and Safety Authority

Literatur

  • Johannes Krämer: Lebensmittelmikrobiologie. Ulmer Verlag
  • Stephanie Hermes: *Probiotische Milchprodukte: Neues aus dem Kühlregal. UGB-Forum 2/98, S. 71-74.
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Probiotikum aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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