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Primär biliäre Zirrhose



Klassifikation nach ICD-10
K74.3 Primäre biliäre Zirrhose
Chronische nichteitrige destruktive Cholangitis
ICD-10 online (WHO-Version 2006)

Die Primär biliäre Zirrhose (PBC, Syn: Primär biliäre Cholangitis[1]) ist eine relativ seltene Autoimmunerkrankung der Leber, die in ca. 90 % der Fälle Frauen betrifft. Diese beginnt (primär) an den kleinen Gallengängen (biliär), die durch eine Entzündung zerstört werden. Im längeren Verlauf kann die Entzündung auf das gesamte Lebergewebe übergreifen und schließlich zu einer Vernarbung bis hin zur Zirrhose führen. Der Name "Zirrhose" ist irreführend, da nicht jeder PBC-Patient zum Zeitpunkt der Diagnose bereits eine Zirrhose hat. Der Begriff stammt noch aus Zeiten, in denen die PBC erst im Endstadium entdeckt werden konnte. Inzwischen lässt sich die Erkrankung (z. B. durch den Nachweis von antimitochondrialen Antikörpern, AMA im Blut) bereits nachweisen, wenn die Leber noch relativ unversehrt ist. Daher wird heute auch der Begriff Primär biliäre Cholangitis verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Symptome

Besonders häufige Symptome der PBC sind Müdigkeits- und Erschöpfungszustände (70-90 % der Patienten) sowie Juckreiz (20-70 %). Rheuma-ähnliche Begleiterscheiungen umfassen Gelenkbeschwerden, Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis) und trockene Schleimhäute (Sicca-Syndrom). Kleine Fetteinlagerungen in den inneren Augenwinkeln (Xanthelasmen) werden bei ca. 20 % der Patienten beobachtet. Fettstühle und Vitamin-Mangel (insbes. Vitamin A, D, E und K) können ebenfalls mit einer PBC einhergehen. Bei 20 % der Frauen mit PBC wurden immer wieder auftretende (rezidivierende) Harnwegsinfekte gefunden. Im Spätstadium der Zirrhose können sich Zirrhose-typische Komplikationen einstellen (vgl. Zirrhose). Dazu gehören Wasserbauch (Aszites), Krampfadern in der Speiseröhre (Ösophagusvarizen) oder im Magen (Fundusvarizen), Störungen der Hirnfunktion (hepatische Enzephalopathie) und Leberkrebs. Ob die PBC auch das Risiko eines Knochenabbaus (Osteoporose) erhöht, wird durch neue Untersuchungsergebnisse jedoch in Frage gestellt.

Diagnose

Bei den meisten PBC-Patienten sind die so genannten antimitochondrialen Antikörper (AMA) im Blut erhöht. Dieser Befund kann die Diagnose oft schon beweisen. (Eine seltene Ausnahme ohne AMA-Erhöhung ist die so genannte "AMA-negative PBC", die auch als Autoimmuncholangitis bezeichnet wird.)

Allgemeine Laborwerte, die auf Gallenwegsentzündung bzw. Gallestau hinweisen können, liegen ebenfalls oft über dem Normbereich: Dazu gehören die alkalische Phosphatase (AP) und die Gamma-Glutamyltranspeptidase (GGT oder Gamma-GT). Die Eiweißverbindung IgM kann bei PBC ebenfalls erhöht sein.

Im Ultraschall (Sonographie) kann die Leber im Frühstadium unauffällig oder ähnlich wie eine Fettleber aussehen. In späteren Stadien kann die Leber vergrößert sein, im Endstadium der Zirrhose ist die Oberfläche oft höckrig oder gewellt, die Leber kann hier wieder schrumpfen.

Eine Leberpunktion (Leberbiopsie) kann bei der Erstdiagnose helfen, die Diagnose auch über eine Gewebeuntersuchung abzusichern.

Wichtig ist es, die PBC klar von anderen Autoimmunerkrankungen wie z.B. Autoimmunhepatitis oder primär sklerosierender Cholangitis abzugrenzen. In bis zu 10 % der Fälle können auch Mischformen z. B. von PBC und Autoimmunhepatitis auftreten (so genanntes Overlap-Syndrom).

Ursachen

Die Ursachen und Auslöser der PBC sind unbekannt. Studien deuten darauf hin, dass es sich um eine Autoimmunkrankheit handelt. Dies bedeutet, dass das eigene Immunsystem aufgrund eines Defektes nicht mehr zwischen "Fremd" und "Eigen" unterscheiden kann und körpereigene Zellen angreift. Stark abweichende Meinungen gibt es, welche Faktoren eine PBC verursachen bzw. zum Ausbruch bringen können. Diskutiert werden u.a. hormonelle und genetische Einflüsse, Medikamente, Infektionen mit Viren, Pilzen oder Bakterien sowie Umwelteinflüsse. Der Einfluss von Schwangerschaft auf PBC und umgekehrt von PBC auf Schwangerschaft ist nicht geklärt. Alkohol ist erwiesenermaßen kein Auslöser von PBC. Er kann jedoch wie bei allen Lebererkrankungen den Verlauf ungünstig beeinflussen und sollte strikt gemieden werden. Wahrscheinlich wirken die Autoantikörper gegen die E2 Untereinheit des Pyruvat-Dehydrogenase-Komplexes.

Heutige Therapie

Unbehandelt kann eine PBC innerhalb von zwölf Jahren zum Tod führen, allerdings ist der Verlauf von Patient zu Patient sehr unterschiedlich. Die Standardtherapie der primär biliären Zirrhose besteht heute in Ursodeoxycholsäure (UDCA), welche als Tablette gegeben werden kann. Die Therapie wird gewöhnlich gut vertragen, setzt nach Diagnosestellung ein und dauert lebenslang. Ziel der Therapie ist, den Verlauf der Erkrankung zu verlangsamen und Laborwerte zu verbessern.

Transplantation

Schreitet die Erkrankung trotz Therapie bis zur dekompensierten Zirrhose voran oder werden Symptome wie z.B. Juckreiz trotz Behandlung für Patienten unerträglich, wird oft eine Lebertransplantation nötig. Bei 75% der transplantierten Patienten ist damit auch die PBC praktisch geheilt, bei 25 % können sich in der neuen Leber wieder PBC-ähnliche Schäden entwickeln. Nach einer erfolgreichen Lebertransplantation ist die Langzeitprognose von PBC-Patienten gut.

Zukunftsaussichten

Ein Durchbruch bei der Ursachensuche der PBC ist auch in den kommenden Jahren kaum zu erwarten. Viele Studien scheinen für sich genommen plausibel, widersprechen sich aber in den Ergebnissen. Auch Meldungen in der medizinischen Fachpresse, die Ursache sei gefunden (z. B. Umwelteinflüsse oder Retroviren), sollten daher mit großer Vorsicht aufgenommen werden.

Um die Therapie der PBC weiter zu verbessern, wird in Studien derzeit untersucht, ob die Kombination von Ursodeoxycholsäure (UDCA) mit Kortikoiden besser wirkt als UDCA alleine. Endgültige Ergebnisse stehen noch aus, zugelassen ist die Kombinationstherapie in Deutschland zurzeit nicht (Stand: Mai 2005).

Einzelnachweise

  1. Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2007 (Seite 485).

Quellen

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