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Pränataldiagnostik
Gängige Methoden sind zum einen die nicht-invasiven, nur außerhalb des Körpers vorgenommenen Untersuchungen wie die Ultraschalluntersuchung (Sonographie), zu denen die Nackentransparenzmessung, die Nasenbeinmessung (in der 12. bis 14. Schwangerschaftswoche), die Fetometrie, der Feinultraschall, die Doppler-Sonographie, der 3D-Ultraschall und der 4D-Ultraschall gehören. Auch die Untersuchungen von Hormonkonzentrationen im mütterlichen Blut (serologische Untersuchungen), z.B. der Triple-Test und der Double-Test gehören zu den nicht-invasiven Methoden. Invasive, das heißt innerhalb des Körpers vorgenommene Untersuchungen der Pränataldiagnostik, sind die Chorionzottenbiopsie, die Amniozentese und die Nabelschnurpunktion.
Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GeschichteDie Grundlage pränataler Diagnostik legte der britische Geburtshelfer Ian Donald 1958 mit der erstmaligen sonographischen Darstellung eines ungeborenen Kindes (Hepp, 1999; Kowalcek, Bachmann & Mühlhof, 1999). Die technische Weiterentwicklung der Ultraschallgeräte ermöglichte eine hohe Detailauflösung und damit die Erkennung von strukturellen Fehlbildungen fetaler Organe mit hoher diagnostischer Sicherheit. So wurden die Diagnose von Bauchwanddurchbrüchen, Zwerchfellhernien, Verlagerungen der Herzachse, Fehlbildung von Organen wie z.B. der Lunge oder der Nieren, Zystennieren, Fehlbildungen der Extremitäten, Obstruktionen im Magen-Darm-Trakt etc. möglich. Die nicht-invasive Ultraschalltechnologie wurde durch die Entwicklung invasiver Techniken erweitert. So demonstrierte Steele und Breg (1966) die Möglichkeit der Entnahme und der chromosomalen Untersuchung von im Fruchtwasser enthaltenen fetalen Zellen (Amniozentese) während des zweiten Schwangerschaftsdrittels. Anfang der 1980er Jahre folgte die Veröffentlichung der Chorionzottenbiopsie durch Ward et al. (1983) sowie Rodeck et al. (1983). Bei diesem Verfahren werden während des ersten Schwangerschaftsdrittels Zellen aus den Zotten der Eihaut (Chorion) entnommen, die später die Plazenta bildet. Diese Zellen werden kultiviert und einer genetischen Analyse unterzogen. Später folgten mit der frühen Amniozentese (Hanson et al., 1987), der Punktion fetaler Gefäße und fetaler Organe sowie der Entnahme von Blut aus der Nabelschnur weitere Maßnahmen zur Entnahme fetaler Zellen (Hepp, 1999). In neuerer Zeit (Stand 2006) steht zunehmend auch die fetale MRT als nicht-invasive Diagnostik zur Verfügung. Grundlage für die Zuweisung stellen häufig sonografische Verdachtsdiagnosen dar. Die Abklärung seltener Syndrome ist mittels MRT mit hoher diagnostischer Sicherheit möglich. Bislang sind invasive Untersuchungsverfahren mit unterschiedlichen und von verschiedenen Faktoren abhängigen Risiken, z.B. dem einer Fehlgeburt, belastet. Dadurch bedingt spielt in der Regel neben dem weltweit vorhandenen Grundbedürfnis angehender Eltern, ein körperlich und kognitiv gesundes, nicht behindertes Kind zu bekommen, und dem Wunsch nach Wissen über den Gesundheitszustandes des Kindes die Abwägung zwischen den Risiken der Untersuchung und der Wahrscheinlichkeit einer bestimmten Behinderung bei der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer invasiven Untersuchung eine wichtige Rolle. Dies kann jedoch weitreichende gesellschaftliche und juristische Konsequenzen nach sich ziehen: Diejenigen Ärzte, die von einer invasiven Untersuchung wie der Amniozentese oder der Chorionzottenbiopsie abraten, sehen sich bei der Geburt eines Kindes mit durch die Untersuchung feststellbarer Behinderung mitunter Schadensersatzansprüchen ausgesetzt.[1]Auch deshalb ist in Deutschland mittlerweile ein flächendeckendes Angebot von pränatalen Untersuchungen mit hoher diagnostischer Sicherheit etabliert, das durch den inzwischen recht hohen Bekanntheitsgrad verschiedener Untersuchungsverfahren bisweilen den Eindruck von "Vermeidbarkeit" von Kindern mit Behinderung vermittelt (Honnefelder, 2000). Als risikolose, allerdings nicht-diagnotische Untersuchungen sind derzeit Suchtests wie der Triple-Test und die Nackentransparenzmessung im Rahmen des First-Trimester-Screenings populär. Sie geben Hinweise auf eine mögliche Chromosomenbesonderheit oder auf bestimmte körperliche Fehlbildungen, z.B. im Bereich des Rückenmarkkanals, der Bauchwand und der Nieren (Stengel-Rutkowski, 1997, Sherer et al. 1999). Inwieweit diese Verfahren in Deutschland flächendeckend im Rahmen der Mutterschaftsvorsorge angewandt werden sollen, ist nach wie vor Gegenstand kontroverser ethischer und gesundheitspolitischer Diskussionen (Winter 2000). Bereits umstritten, obgleich noch nicht ausgereift (aber weltweit intensiv beforscht) ist eine Untersuchungsmethode, bei der aus Zellen im Blut der Schwangeren das Erbgut des Fetus extrahiert und risikolos auf genetische Abweichungen hin zu untersucht werden kann, damit nicht invasive Verfahren mit einem Fehlgeburtsrisiko zur Chromosomengewinnung angewendet werden müssen. (Holzgreve, Garritsen & Gänshirt-Ahlert, 1992; Gänshirt-Ahlert, 1993; van Wijk et al., 1996; Hahn et al. 1998). Dieses Verfahren befindet sich nach Hepp (1999) zur Zeit in der klinischen Erprobung und es ist noch nicht absehbar, ob es gelingt, das Verfahren bis zur Marktreife weiterzuentwickeln. Sollte es gelingen, vereinzelt im mütterlichen Blut vorhandene fetale Zellen anzureichern und einer DNA-Analyse zu unterziehen, so würden sehr viele zu diesem Zweck durchgeführte invasive Untersuchungen überflüssig werden und darüber hinaus die Analyse des fetalen Genoms bereits ab der 6. Schwangerschaftswoche ermöglicht (Stengel-Rutkowski, 1997). AnwendungsrisikenBei nicht-invasiven (= nicht in den Körper der Schwangeren eindringenden) Untersuchungen, wie einer Untersuchung mütterlichen Bluts und auch bei einer Ultraschalluntersuchung bestehen nach heutigen Wissensstand (2005) keine Risiken für das Ungeborene und seine Mutter. Invasive (in den Körper der Schwangeren eindringende) Untersuchungen wie die Amniozentese (Fruchtwasserpunktion), die Chorionzottenbiopsie oder die Nabelschnurpunktion beinhalten nach neueren Untersuchungen kaum Risiken für den Fetus. Es wurden in einer Studie 35,003 unselektierte, schwangere Patientinnen aus der Normalbevölkerung untersucht. Es stellte sich heraus, dass das Risiko einer Fehlgeburt bei Patientinnen, die keine Amniozentese durchführen ließen, bei 0.94% lag, wohingegen das Risiko einer Fehlgeburt bei den Frauen der Studiengruppe nur auf 1.0% anstieg. Die Amniozentese hat also keine signifikante Auswirkung auf das Risiko einer Fehlgeburt.[2] Eine andere Studie, bei der 9,886 Chorionzottenbiopsien und 39,893 Amniozentesen ausgewertet wurden zeigt, dass es keinen signifikanten Unterschied der Risiken zwischen den beiden Untersuchungsmethoden gibt. [3] Die invasiven Untersuchungsmethoden der Pränataldiagnostik führen also nicht, wie fälschlicherweise oft angenommen und behauptet, zu einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko. Bis zu einem aussagekräftigen Untersuchungsergebnis besteht aber häufig eine eingeschränkte Mutter-Kind-Beziehung durch die gesellschaftlich und persönlich zumindest latent als "Schwangerschaft auf Probe" bewertete Basis. Eine gefühlsmäßig starke Bindung wird vielfach erst bei unauffälligem Befund zugelassen, wodurch sich die Option des Schwangerschaftsabbruches bei auffälligem Befund auch emotional weitestmöglich offen gehalten wird. Oftmals ist für die Schwangere die Zeit bis dahin psychisch schwierig; "aus dem Gefühl, das Kind zur Disposition gestellt zu haben, erwachsen die meisten Schuldgefühle", da die Gesundheit des Fetus als ausschlaggebendes Kriterium für dessen Annahme oder Ablehnung betrachtet wird (Ringler, 1994, S.106). Werdenden Eltern ist vor der Inanspruchnahme pränataler Diagnostik zu empfehlen, Beratungsangebote in Anspruch zu nehmen. Vor allem bei familiären Vorbelastungen ist es ratsam, eine Genetische Beratungsstelle aufzusuchen. Mutterschaftsrichtlinien in DeutschlandDie im Laufe der Schwangerschaft anzuwendenden Untersuchungen sind in den sogenannten "Mutterschaftsrichtlinien" (Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen, 1999; siehe auch Abbildung) beschrieben. Zu diesen Untersuchungen zählen das Anamnesegespräch, eine allgemeinmedizinische Untersuchung, verschiedene serologische Untersuchungen wie Tests auf Infektionskrankheiten wie Röteln, HIV, Hepatitis B und Toxoplasmose (bei begründetem Verdacht), ein Test auf immunologische Abwehrreaktionen zwischen Mutter und Kind, drei Ultraschalluntersuchungen, wovon eine explizit zur Aufspürung von körperlichen Fehlbildungen dient (Feinultraschall) etc.. Sollten sich aufgrund der Vorsorgeuntersuchungen Hinweise auf eine Risikoschwangerschaft, z.B. aufgrund von Fehlbildungen des Kindes ergeben, so ist der Arzt gehalten, die Schwangere über die Möglichkeiten einer humangenetischen Beratung und einer humangenetischen Untersuchung durch Chorionzottenbiopsie, Amniozentese o.ä. aufzuklären.
Möglichkeiten, Grenzen, gesellschaftliche WirkungLiegt bei einem Elternpaar keine spezifische Wahrscheinlichkeitserhöhung vor, besteht bei ihnen das durchschnittliche Basisrisiko von ca. 3%, ein Kind mit Behinderung zu bekommen. Dies ist auf mögliche Geburtskomplikationen (ca. 2-3%) oder genetisch bedingte Erkrankungen (ca. 0,3 bis 1%) zurückzuführen. Für die Mehrzahl vorgeburtlich diagnostizierbarer Besonderheiten gibt es weder pränatal durch Therapie in utero noch durch postnatale Therapien Behandlungsmöglichkeiten zur ursächlichen bzw. vollständigen Heilung. Die große Mehrheit der gestellten pathologischen Diagnosen bleibt letztlich ohne die Möglichkeit hinreichender bzw. ursächlich heilender medizinisch-therapeutischer Intervention, so dass bis auf vergleichsweise wenige Ausnahmen die Diagnose einer Behinderung, Fehlbildung oder Erkrankung des Fetus zum Abbruch der Schwangerschaft führt (medizinische Indikation) [Quelle erwünscht]. Diese Diskrepanz ist für werdende Eltern, aber nicht zuletzt auch für den betreuenden Arzt und Pränataldiagnostiker, eine persönliche bzw. berufliche Herausforderung. Abgesehen von einem Informationsgewinn über eine möglicherweise erschwerte Geburt und/oder einer unverzüglich erforderlichen nachgeburtlichen Behandlung ist aufgrund dessen insbesondere bei chromosomal bedingten Behinderungen und Erkrankungen der Schwangerschaftsabbruch die häufigste Konsequenz, die aus dem Wissen um die Behinderung oder Erkrankung des ungeborenen Kindes gezogen wird. Für manche Eltern ist die nachgeburtliche Freigabe zur Adoption oder die Abgabe des Kindes in eine Pflegefamilie eine Alternative, wenn sie das Kind nicht selbst annehmen wollen oder können. Beispiel: Prävention der Thalassämie auf ZypernZypern ist ein Land mit besonders hoher Prävalenz der β-Thalassaemia major, einer vererbten Bluterkrankung die nur mit sehr hohem Aufwand behandelbar ist. Anfang der 1970er Jahre zeichnete sich ab, dass durch neue Therapien die Zahl der Erkrankten rapide Anstieg, weil diese immer länger überlebten. Es wurde mit einer Verdopplung der Zahl der Erkrankten in etwa 8 Jahren gerechnet, damit war absehbar, dass die Kosten der Versorgung der Thalassämieerkrankten ohne weitere Maßnahmen zum Kollaps des Gesundheitssystems führen würden. Durch all diese Maßnahmen konnte eine Reduzierung der Neuerkrankungen von 70 pro Jahr Mitte der 1970er Jahre auf heute etwa 2 pro Jahr erreicht werden. Die Ausgaben für das Thalassämiemedikament Desferal sind um die Hälfte gesunken, die Zahl der Patienten seit einiger Zeit konstant bei etwa 630. Da auf Zypern nahezu jede Familie von der Thalassämie betroffen ist, gibt es gegen diese freiwillige Eugenik keinen nennenswerten Widerstand in der Bevölkerung. Nahezu jeder erwachsene Einwohner im heiratsfähigen Alter kennt aufgrund eines Gentests seinen eigenen Thalassämie-Status, weiß also, ob er Träger des Gendefektes ist.[4] Allgemeine DebatteKritiker der Pränataldiagnostik geben zu bedenken, dass durch die diagnostischen Möglichkeiten der pränatalen Untersuchungen in der Gesellschaft der Eindruck entstehe, Behinderungen und Fehlbildungen seien vermeidbar: "Es scheint sich beispielsweise subtil zu entwickeln, dass Schwangere dafür verantwortlich gemacht werden, ein gesundes, mit allen Möglichkeiten der Medizin abgeklärtes Baby bekommen zu sollen" und "Nichtwissen .. zunehmend als Schuld oder Haftung betrachtet" wird.[5] In der Praxis finden sich bereits Bestätigungen dieser Tendenzen: So wurde bei einer Studie von Lumkemann (2001) herausgefunden, dass sich mittlerweile die große Mehrzahl der Eltern eines Kindes mit Down-Syndrom (72% der befragten Mütter, 100% der befragten Väter) nach der Geburt mit der Frage konfrontiert sieht, warum man keine pränatale Diagnostik in Anspruch genommen hätte. Gesetzliche EinschränkungenIn Kulturen mit der gesellschaftlichen Erwartung an die Frauen, Söhne zu gebären (z. B. diverse asiatische Staaten wie China, Indien), wird häufig ein Schwangerschaftsabbruch eingeleitet, sobald vorgeburtliche Untersuchungen ein Mädchen ankündigen. Verstärkt durch die Ein-Kind-Politik kommen z. B. in China auf 10 neugeborene Mädchen 12 Jungen. Um Frauenmangel als eine daraus resultierende gesellschaftliche Spätfolge zu verhindern, wird in vielen Ländern die vorgeburtliche Diagnostik nur eingeschränkt erlaubt. Literatur
Kritik
Einzelnachweise
Siehe auch
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Wikiquote: Pränataldiagnostik – Zitate |
- Nationaler Ethikrat zur genetischen Diagnostik vor und während der Schwangerschaft (PND/PID)
- Arbeitskreis Pränataldiagnostik
- Interdisziplinäres Forum Pränataldiagnostik
- Medizinische Indikation auf dem Prüfstand
Kritik:
- Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik
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Kategorien: Medizinethik | Pränatalmedizin | Humangenetik