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Philippe Pinel



  Philippe Pinel (* 20. April 1745 im Weiler Roques in der Gemeinde Jonquières im Departement Tarn; † 25. Oktober 1826 in Paris) war ein französischer Psychiater und seit 1794 leitender Arzt am Hôpital Salpêtrière und setzte dort zuerst eine ärztliche Behandlung ohne Zwangsmaßnahmen durch. Um die Ausbildung der Psychiatrie zur Wissenschaft erwarb er sich große Verdienste, darüber hinaus auch um die gesamte Auffassung vom biologisch-pathologischen Geschehen.

Leben

Der Sohn eines Landarztes kam erst über die Theologie und Philosophie mit 30 Jahren zur Medizin und studierte in Toulouse, Montpellier und Paris. Eins seiner Hauptwerke war die philosophische Nosographie. Sein Bemühen war darauf ausgerichtet, für die einzelnen Krankheiten ein natürliches System aufzustellen. Er wandte sich der Psychologie zu und fand besonderes Interesse an den Geisteskrankheiten. So erstellte er eine genaue Lehre der Krankheitszeichen bei Geisteskrankheiten und gab der Psychiatrie des 19. Jahrhunderts damit eine neue Grundlage. Durch seine Beschreibung der klinischen Entwicklung der verschiedenen psychischen Erkrankungen wurde es möglich, das Gebiet der Psychiatrie in die allgemeine Medizin aufzunehmen. Ferner bewirkte er eine grundlegende Reform der Irrenanstalten (Befreiung der Geisteskranken von ihren Ketten) und wies völlig neue Wege in der Behandlung Geisteskranker. 1792 übernahm er die Leitung der Anstalt Bicetre und 1795 eine neue Abteilung für geisteskranke Frauen in der Salpêtrière. Die „Irrsinnigen“ wurden nun nicht mehr als Zuchthäusler, sondern wie Kranke behandelt - Pinels wohl größter Verdienst. Dennoch sollte man Pinel nicht kritiklos aufnehmen. Behandlungsmethoden wie eiskalte Duschen oder der Einsatz von Zwangsjacken übten immer noch einen unmenschlichen Druck auf die psychisch Erkrankten aus, von schonender Behandlung wie bei "normalen" Kranken oder gar Integration konnte damals sicherlich nicht die Rede sein. Später wurde er beratender Arzt des Kaisers, Mitglied der Akademie der Wissenschaften und schließlich 1804 Ritter der Ehrenlegion. Am 25. Oktober 1826 starb Pinel in Paris an einer Hirnblutung.

Werk

Pinel und sein Schüler Jean Etienne Dominique Esquirol begründeten die französische Psychiatrietradition im Sinne eines traitement moral, d. h., einer Form des Umgangs mit dem Kranken, die gekennzeichnet ist durch Milde, Zuwendung und Geduld. Die traitement moral oder auch regime moral genannt, wurde beispielgebend für die Entwicklung der Psychiatrie in Europa. Einige körperliche Behandlungsmethoden muten jedoch aus heutiger Sicht sehr barbarisch an. So setzte Pinel z. B. die Drehstuhlbehandlung, das Untertauchen in kaltes Wasser und Hungerkuren zur Erschütterung der Seele und zum Ablenkung von der idee fixe ein.

Pinel legte einen Grundstein für die Diagnostik in der modernen Psychiatrie, indem er das moderne analytische Denken mit der hippokratischen Tradition verband. Philippe Pinel war als Philanthrop ab 1792 ärztlicher Leiter des Hospice de Bicêtre und später auch des Hôpital de la Salpêtrière. Diese beiden Internierungsanstalten nahmen Verwirrte, Wahnsinnige und Kriminelle auf. Vor den Revolutionstribunalen flüchteten Adlige und Kleriker in diese Anstalten in Paris.

Pinel stellte bei seinen Anstaltserfahrungen fest, dass die Bedingungen der Unterbringung die Kranken und ihr Verhalten prägen. Er ist mit dem Bild der Befreiung der Irren von ihren Ketten eng verbunden. Dieser Mythos der Aufklärung wirkt bis in die Gegenwart nach.

Pinel gilt als Begründer der wissenschaftlichen Psychiatrie. Mit seinem Konzept der Manie sans delire brach er mit der Tradition der Aufklärung, psychische Störungen lediglich als Störungen der Verstandestätigkeit zu interpretieren (wie es die Schriften von John Locke und Étienne Bonnot de Condillac nahelegen). Die Fortentwicklung seines Ansatzes ermöglichte der Psychiatrie im 19. Jahrhundert die subtilere Erfassung psychischer Störungen auch ohne das Vorliegen schwerer Verstandesstörungen, z. B. Veränderungen der Stimmung, des Antriebs sowie Störungen, die heute als Persönlichkeitsstörungen oder Neurosen/neurotische Störungen bezeichnet werden.

Sein Schüler Esquirol entwickelte das Konzept der „Manie ohne Delirium“ weiter zur Monomanienlehre.

Schriften

  • Nosographie philosophique, ou la méthode de l'analyse appliquée à la médecine (2 volumes, 1798). Texte online : [1] [2]
  • Rapport fait à l'École de médecine de Paris, sur la clinique d'inoculation, le 29 fructidor, an 7 (1799). Text online : [3]
  • Traité médico-philosophique sur l'aliénation mentale ou La manie (1801) Text online : [4] (Dt. Übersetzung von M.Wagner: Philosophisch-medicinische Abhandlung über Geistesverwirrungen oder Manie. Wien: Carl Schaumburg, 1801.)
  • La médecine clinique rendue plus précise et plus exacte par l'application de l'analyse : recueil et résultat d'observations sur les maladies aigües, faites à la Salpêtrière (1804). Text online : [5]
  • « Lettres de Pinel, précédées d'une notice sur sa vie par son neveu, le Dr Casimir Pinel » in Gazette hebdomadaire de médecine et de chirurgie (1859)
  • Genèse de la psychiatrie : les premiers écrits psychiatriques de Philippe Pinel, Le Sycomore, Paris, 1981


  • Pinel Gesellschaft Berlin, Initiative für psychisch Kranke
  Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Philippe_Pinel aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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