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PflegeskandalDer Begriff Pflegeskandal ist ein Schlagwort, das in den Medienberichten für die Vernachlässigung, Misshandlung oder die wiederholte Verletzung der Berufspflichten von Pflegepersonal und deren administrativer Leitung (PDL) gegenüber Patienten und pflegebedürftigen Personen ebenso wie systematisch herbeigeführte Schädigungen von Patienten in Kliniken, Altenheimen bzw. von Kunden in der ambulanten Pflege benutzt wird. Als Begriff in Schlagzeilen von Zeitungen und Medien wird das Wort nicht einheitlich verwendet. Es kann sich dabei um Einzeltaten oder um einen wiederholt auftretenden gravierenden Mangel in einer Institution handeln. Dabei wird in vielen Artikeln damit gleichzeitig die Vorstellung verbunden, dass die jeweilige Institution nicht alles ihr Mögliche getan hat, um diese massiven Pflegefehler bzw. die Straftaten zu verhindern. Es geht bei diesem Begriff also um das Zusammentreffen von individuellem und kollektivem Fehlverhalten, das in der Öffentlichkeit Zweifel auslöst, ob die pflegerische Einrichtung nicht gerade das Gegenteil der Fürsorglichkeit bewirkt, die von ihr erwartet und von ihr in der Regel auch geleistet wird. Besonders chronisch Kranke und Senioren fallen derartigen Missständen leicht zum Opfer, da sie in einem besonders ausgeprägten Abhängigkeitsverhältnis zum Pflegepersonal stehen. Wenn sie auf sich allein gestellt sind und keine Angehörige oder Betreuer für sie aktiv werden, bleiben Vernachlässigung oder gar Straftaten ihnen gegenüber häufig unentdeckt. Sie selbst rufen meist nicht die Polizei und klagen nur selten vor Gericht. An Demenz erkrankte Personen, die seit dem Jahr 2000 über sechzig Prozent der Bewohnerschaft von Pflegeheimen ausmachen, stehen einem eventuellen Fehlverhalten der pflegenden Institution und des Personals besonders hilflos gegenüber. Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass nicht irgendwo im deutschen Sprachraum über mindestens einen Fall von massiven „Mängeln“ oder gar Verbrechen in einem Altenheim, einer Klinik berichtet wird.[1][2][3] Dagegen war es im September 2007 eine Ausnahme in der Presselandschaft, dass und wie über strukturelle Mängel in einer größeren Zahl von Pflegeheimen oder ambulanten Diensten berichtet und diskutkiert wurde (Bericht des MDK über Pflegequalität als Auslöser). Weiteres empfehlenswertes FachwissenStrukturelle DefiziteEs gibt strukturelle Defizite im Gesundheitswesen. Als Hauptursache struktureller Defizite im Pflegebereich wird am häufigsten ein chronischer Personalmangel genannt: Während es in früheren Jahren zu wenige ausgebildete Pflegekräfte in Deutschland gab („Pflegenotstand“), so werden heute meist zu geringe Personalzuweisungen („Personalschlüssel“) als Folge einer unzureichenden allgemeinen Finanzierung des Gesundheitswesens für Mängel in der Pflege verantwortlich gemacht.[4] In diesen Bereich gehört auch die Diskussion um das Schlagwort Sozialabbau. Darüber hinaus dürfen laut Heimgesetz in Pflegeheimen bis zur Hälfte der Mitarbeiter fachlich unausgebildete Pflegepersonen sein. Dies und die häufig geltend gemachte ungenügende fachliche Anleitung dieser Pflegehelfer durch ausgebildetes Personal führt nicht selten zu einer Verringerung der Qualität in der Pflege. Wenn beispielsweise in Pflegeheimen Menschen Wunden ertragen müssen, die fachlich falscher Lagerung geschuldet sind („Dekubitus“), ist dafür möglicherweise die zeitliche und fachliche Überforderung des Personals Ursache des Übels. Daher werden deswegen in der Regel nicht einzelne Pflegekräfte beschuldigt, sondern Juristen sprechen von einem Organisationsversagen, wenn die Institution zu geringe Vorsorge gegen derartige Fehlleistungen trifft. Vergleichbar wurde in den vergangenen Jahren durch den medizinischen Dienst der Krankenversicherungen (MDK) in Berichten zur Pflegequalität bemängelt, dass zu viele Menschen in Pflegeheimen unterernährt seien oder zu wenige Getränke zugeführt bekämen.[5][6] Immer wieder berichten Pflegekräfte oder Angehörige auch von alten Menschen, die mangels Personal viele Stunden in ihrem Kot und Urin liegen müssen, oder von Personen, die ohne richterlichen Beschluss in ihren Betten angebunden („fixiert“) werden, eine Handlungsweise, die juristisch gesehen den Tatbestand der Freiheitsberaubung erfüllt. Da die jeweilige Heimleitung davon eigentlich Kenntnis haben muss, kann sie nicht ohne weiteres den einzelnen Pflegenden hierfür die juristische Schuld zuweisen. Die Heimleitungen werden deshalb selbst als ein Teil der strukturelle Defizite benannt, weil ihre Ausbildung und berufliche Erfahrung nur auf einem niedrigen Niveau vorgeschrieben ist.[7][8] Kliniken und Pflegeeinrichtungen müssen wie Ärzte ihre pflegerischen Handlungen – und somit auch ihre Unterlassungen – dokumentieren, damit zunächst die Weiterbehandlung gesuchert wird, aber auch damit spätere Kontrollen möglich sind. In den letzten zehn Jahren wurde allerdings wiederholt darüber diskutiert, ob diese Dokumentationspflicht sinnvoll ausgestaltet ist oder nicht. Es gab den Vorwurf, dass sie oder bestimmte Ausprägungen unnötig Arbeitskraft bindet. Individuelle FehlhandlungenWenn eine Krankenschwester oder ein Altenpfleger Patienten bestiehlt, beschimpft oder gar misshandelt, ist das deren individuelles kriminelles Handeln. Es wurde nicht angeordnet oder auch nur geduldet. Unterlassene Hilfeleistung oder Diebstahl in Pflegeeinrichtungen ist aber nicht nur ein Aufklärungsproblem sondern bedeutet einen Vertrauensbruch zwischen gepflegter Person und der Institution. Überdeutlich wird dies bei jeder Form von Gewalt in der Pflege. Im Extremfall eines Mordes wird immer wieder der zwiespältige Begriff „Todesengel“ strapaziert. Es ist hier zu fragen, warum es in Einzelfällen immer wieder möglich ist, solche Taten unentdeckt über einen längeren Zeitraum in einer Institution zu vollbringen, in der viele Personen eng zusammen arbeiten. Auf der Suche nach Täterprofilen ist die Kriminalistik und die Psychologie inzwischen so weit zu sagen, dass es "die" klar abgrenzbare Tätergruppe nicht gibt. Vorsorge kann also nicht über frühzeitige Identifizierung von Tätern erfolgen sondern nur über Prophylaxe bei potentiellen Opfern.[9][10] Das kann im Bereich der professionellen Pflege durch die Ausbildung, Fortbildung der Pflegenden oder z. B. der menschenwürdigen Gestaltung des Heimalltags geschehen. Entgegen älteren Annahmen von geringerem Umfang fanden Roth und Hormolova 2004 für NRW, dass 1/4 bis 1/3 der Pflegekräfte in Heimen körperliche Misshandlungen für sich oder andere bestätigen. Unangemessene Freiheitseinschränkungenwürden zwischen ca. 5% bis 28% der Pflegekräfte als eigene oder beobachtete Handlungen bejahen. Gewalthandlungen in der häuslichen Umgebung wurden deutlich weniger, zwischen 5 und 15%, angegeben. Die Autoren schließen allerdings ein Dunkelfeld dabei nicht aus.
Nach Pressemeldungen der Staatsanwaltschaft Stuttgart vom 20.12.2006 / 02.03.2007 ist ein Ermittlungsverfahren gegen einen Vormundschaftsrichter wegen Rechtsbeugung nach § 339 StGB anhängig, der in einer Vielzahl von Fällen gegen betreute in Senioren- und Pflegeheimen befindliche Personen ohne die gesetzliche Anhörung freiheitsentziehende Maßnahmen angeordnet habe. Dies kann, sollte sich der Vorwurf bestätigen, in der Regel nicht ohne Kenntnis der verantwortlichen Pflegekräfte geschehen sein.
Die Grauzone SterbehilfeDie Selbsttötung wird in der Bundesrepublik nicht bestraft. Wer andere tötet, auch mit der im Strafverfahren vorgebrachten Entschuldigung es aus Mitleid getan zu haben, muss durch den Staatsanwalt und später das Gericht mit einer genauen Prüfung der Umstände und seiner Motive rechnen. Weil es in der Bundesrepublik keine rechtlichen Bestimmungen gibt, die Sterbehilfe (oft Euthanasie genannt) in klar umrissenen Grenzen erlaubt, wird Ärzten oder Pflegekräften, die sich daran beteiligen, in der Öffentlichkeit fast regelmäßig dies als strafmildernd zugestanden.[11] Dabei wird in der Presse oft der Unterschied zwischen einer Tötung einer dem Täter gut bekannten Person als Einzelhandlung einerseits und Serientaten oder Tötungen bzw. Morde von professionellen Pflegekräften, evtl. auch um andere strafbare Handlungen dieser Täter zu verdecken, andrerseits übersehen. Das Motiv Mitleid kann von einer professionellen Pflegekraft doch nicht bei „Opfern" geltend gemacht werden, die sie noch gar nicht persönlich kennen kann. Mängel bei der Aufsicht über die HeimeDer „Medizinische Dienst der Krankenversicherungen“ legt bei hilfsbedürftigen Älteren die Pflegestufe fest und prüft zudem die Qualität von Heimen neben der so genannten staatlichen „Heimaufsicht“, von der evtl. jahrelang nichts zu hören ist. Werden dabei erhebliche Missstände festgestellt und deren Abhilfe vom Heimbetreiber verlangt, erfährt die Öffentlichkeit oder Angehörige von dort gepflegten Personen zunächst gar nichts davon. Die Prüfer dürfen ihre Berichte laut Gesetz nicht veröffentlichen. Die Heime dürften publizieren, machen davon aber keinen Gebrauch. So bleiben die einzelnen Berichte vertraulich zwischen den Pflegekassen, der Kreisbehörde, dem Heimverband und dem Heimbetreiber. Nur in den seltenen Fällen einer Heimschließung durch die lokale Heimaufsicht dringt manchmal etwas an die Öffentlichkeit. Immer noch sind die meisten regulären Besuche von Medizinische Dienst und Heimaufsicht angekündigte Begehungen von Stationen, auf denen tagelang vom Personal in zusätzlichen Überstunden „klar Schiff“ gemacht wurde (72 bis 87%). Dokumentationen konnten ergänzt, Speisenvorräte auf Hygienemängel überprüft, Medikamentenschränke und Rezepte mit einander abgeglichen werden.[12] Pflegemitarbeiter, die sich bei Missständen an diese Aufsicht wenden, müssen nicht nur mit dem Verlust ihres jetzigen Arbeitsplatzes rechnen sondern Angst haben, als „schwarze Schafe“ keine neue Beschäftigung zu finden.[13] Das geht soweit, dass selbst Juristen in Bezug auf die Pflege beklagen, dass es für „Whistleblower“ im Vergleich zu den USA nur geringen Rechtsschutz gibt. Da in der Bundesrepublik eine Leichenuntersuchung nur als Ausnahmefall vorgenommen wird, gibt es keine wissenschaftlich überprüfbaren Zahlen über die Häufigkeit von kriminellen Handlungen direkt vor dem Tod einer in Institutionen gepflegten Person. Dunkelziffern, das kann bedauert werden, werden leicht bei einem Skandalverdacht angeführt. Das Institut des Heimbeirats/-fürsprechers nach dem deutschen Heimgesetz ist nicht so unabhängig wie es ein Ombudsmann in anderen Ländern ist, da von ihm i. d. R. eine nahestehende Person im Heim lebt oder gelebt hat.[14] Ein weiterer Vorschlag betrifft deshalb die Schaffung eines bundesweiten Angebots von anbieter-unabhängigen Beratungs- und Krisentelefonen für ältere Menschen.[15] Es gibt sie inzwischen in Bonn, München, Kiel und Berlin zum Teil als Hilfsangebot von Vereinen und zum Teil unterstützt durch die Sozialministerien eines Landes. [16][17][18] Bekannte Skandale in den vergangenen Jahre11 der folgenden 14 aufgezählten Skandalfälle seit 1989 führten zum Tod von Patienten. Diese Anzahl schwerster Gewaltausübung erscheint hier möglicherweise deshalb, weil Fälle mit geringerer Schädigung von der (überregionalen) Presse nicht als Skandal wahrgenommen werden. Es ist zu vermuten, aber nicht nachgewiesen, dass es im gleichen Zeitraum auch zu anderen gewaltsamen Übergriffen gekommen ist oder schwere Schädigungen aufgrund von fehlerhaftem pflegerischen Handeln eingetreten sind. Einen Beweis für oder gegen diese Annahme kann aus methodischen Gründen nicht angetreten werden.
Skandal versus SkandalisierungEin Skandal (aus dem Französ. bzw. Griech. skandalon Fallstrick, Stolperstein. Dagegen verharmlosend: Affäre) ist das beabsichtigte oder irrtümliche Fehlverhalten (in diesen Fällen) einer regional oder überregional angesehenen Institutionen, das öffentlich bekannt wird und in der Gegenwart meist mittels der Medien öffentlich gemacht wird und hohes Aufsehen in der Bevölkerung eines Landes erregt. Das Fehlverhalten der einzelnen Pflegepersonen wird in den genannten Fällen jeweils -zunächst- dem Krankenhaus / der Pflegeeinrichtung zugeschrieben. Dabei wurde der Anteil des Organisationsverschuldens der Institution nicht im Einzelnen nachgewiesen. Dies liegt an der Besonderheit des Strafrechts, das nur den jeweils Angeklagten verurteilt oder freispricht. Die nicht angeklagte Institution muss dann keine Beweise vorbringen. Nur in einem Fall in der Schweiz kam es neben dem Täter auch zu einer Verurteilung der Person, der Fehler bei der Aufsichtspflicht nachgewiesen wurden. Aber in der Öffentlichkeit wird wie bei der juristischen Beweislastumkehr von eine Pflegeeinrichtung Vorkehrungen erwartet, dass von ihr und ihren Beschäftigten keine massive Schädigung der zur Pflege anvertrauten Patienten, alten oder behinderten Menschen ausgehen kann. Dieser Nachweis ist in den genannten Fällen (Urteile bzw. auf vielen Erhebungen beruhenden MDK-Gutachten) logischerweise nicht möglich. Der Presse und anderen Medien kann daher nicht der Vorwurf einer Skandalisierung gemacht werden. Davon würde gesprochen, wenn offensichtlich ist, dass jemand (in diesen Fällen also z. B. der Fernsehjournalist) der einen Zustand oder eine Tat anklagt, dies nur zu seinem eigenen Vorteil tut. Allerdings könnte auch die Verknüpfung von Missständen mit weiteren Themen im Sinne einer Auflagensteigerung/Quotenverbesserung durchaus gezielt erfolgen. Dies konnte bei den genannten Skandalen aber nicht als Publikationsstrategie nachgewiesen oder als Vorwurf gegen einzelne Medien erhoben werden. Die Fälle wurden jeweils in vielen Medien mit ungefähr gleichlautender Kommentierung berichtet. In der Mehrzahl handelte es sich ja auch um Straftaten oder grobe Vertragsverletzungen. Die verschiedenen Taten vereint in den Augen der Bevölkerung deren moralische und medizinische Verwerflichkeit. Weitere Problemkreise waren deshalb für eine künstliche Skandalisierung gar nicht erforderlich. Folgen von einzelnen PflegeskandalenNach einem Skandal stellt sich immer auch die Frage, wieweit danach für die Zukunft ähnliche Schadenssituationen vorgebeugt wurde bzw. werden konnte. Skandale üben so auch eine Präventivwirkung aus. Einer Regierung gegenüber, die z. B. absichtlich tausende von vermeidbaren Verkehrstoten zulässt, müsste / könnte von den Medien ein entsprechender Vorwurf der skandalösen Untätigkeit erhoben werden. In der Pflege gab und gibt es nach den oben geschilderten Skandalen einzelne Veränderungen der Regeln zur Heimaufsicht und der Pflegegesetze, die inzwischen weitere Dokumentationspflichten im Rahmen der Qualitätssicherung vorsehen als früher. Im April 1999 wurde in Bonn die erste verbandsübergreifende Initiative gegen Gewalt in Pflegeeinrichtungen in Deutschland gegründet, die mit einem gemeinsamen Memorandum „Menschenwürde in der stationären Altenpflege - (K)ein Problem. Memorandum 1999“ 15 Verbesserungen in der Alltagsarbeit von Pflegeheimen aber auch bei der Pflegeforschung und von politischen Instanzen einforderte. Träger waren u. a. der Sozialverband Reichsbund e.V., Bonn und das Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln[22]. Dies Intitiative wies auch auf den in Deutschland bestehenden Forschungsbedarf zu dem Thema hin, der bisher nur in den USA seit 1988 durch eine staatlich geleitete Institution nachgegangen wird. [23] In dem Fall Lainz II (Österreich) kam es nach der Einführung einer weiteren Kontrollinstanz mit einigem zeitlichen Abstand aber auch wieder zu deren Abschaffung (Pflegeombudsmann Wien). Teilweise auf privater Basis kam es seither fast bundesweit zur Einführung von Beschwerdestellen und Nottelefonen. 2006 kam es zum ersten World Elder Abuse Awareness Day (15. Juni, erster Mahntag gegen Mißbrauch und Gewalt an älteren Personen).
Abgrenzung des Begriffs von der Gewaltanwendung durch PatientenDie Abgrenzung des Begriffs „Pflegeskandal" oder des Begriffs „Gewalt in der Pflege" von Formen der Gewaltanwendung, die von Patienten ausgehen, ist sinnvoll. Es gibt Störungen des Verhaltens von Patienten, die mit Aggressionen oder Gewalttätigkeiten des Patienten / der gepflegten Person einhergehen. Zum Teil liegt das an psychotischen oder schizoiden Erkrankungen. Bei dementen Personen können regressive Entwicklungen auch zu überschießender Gewaltausübung gegen Pflegepersonal beitragen. Dem allen liegen Situations- und Personenverkennung im Rahmen von wahnhaftem Erleben und Halluzinationen der Patienten zugrunde. Die Fremdgefährdung oder gar das gewalttätige Verhalten kann auch andere Patienten / Mitbewohnerinnnen im Pflegeheim etc. betreffen. Sie sind, soweit das vorab bekannt ist, vor solchen Gefährdungen und Schäden zu schützen. Es kommt nicht nur zu verbal von der Norm abweichendem Verhalten sondern kann bis zu gezielten Angriffen auf Gesundheit und Leben der professionellen Pflegekräfte gehen. Im Rahmen einer psychiatrischen Krankenversorgung ist der Umgang des Pflegepersonals damit zu trainieren und isolierte Situationen mit solchen Patienten sind strikt zu vermeiden. Das frühzeitige Erkennen von Auslösern aggressiven Verhaltens gehört zu den notwendigen Kenntnissen der Pflegekräfte.[24] Aber diese Gewaltausübungen sind mit den Begriffen „Pflegeskandal" oder „Gewalt in der Pflege" regelmäßig nicht abgedeckt. Sie sollten zur Eindeutigkeit der Verhaltensbeschreibungen damit begrifflich auch nicht vermengt werden. Der Arbeitgeber von Pflegepersonal ist verpflichtet, alles zum Schutz seiner Mitarbeiter vor solchen Angriffen frühzeitig zu veranlassen. Der notwendige Selbstschutz der in der Pflege Mitarbeitenden darf aber wiederum nicht zu unkontrollierter Machtausübung und versteckten Gewaltformen führen. Die Gabe von Psychopharmaka anstelle von Fixierungen bedarf derselben richterlichen Überprüfung wie jede Freiheitseinschränkung. Notwehrsituationen sind in der Pflege sehr selten und mit dem hier Beschriebenen nicht gemeint. Würde Gewaltanwendung, die von Patienten ausgeht, unter dem Begriff Pflegeskandal behandelt oder publiziert, käme es zu einer Verschleierung der an sich ungleichen Lebens- und Machtposition von Pflegenden und gepflegten Personen in einer Institution. Dieses Verhältnis ist normalerweise von einem Hierarchiegefälle zu Ungunsten der Kunden / Patienten geprägt. Nur in Ausnahmefällen werden alte Menschen als Pflegebedürftige die professionell Pflegenden systematisch aus einer Machtposition heraus mißhandeln. Mit dem Begriff Pflegeskandal wird aber die Besonderheit der Institution und der dort üblicherweise herrschenden Abhängigkeiten vorausgesetzt. Anonymisierte Fehlerberichtssysteme befinden sich im AufbauBerichte über einzelne massive Pflegefehler erfolgen entweder im einrichtungsinternen Dokumentations- und Berichtssystem oder über eine Meldung an eine externe Stelle - z. B. an die Polizei oder die Heimaufsicht. Damit wird im günstigen Fall die Regulierung eines Schadens möglich. Im ungünstigen Fall kommt es zu einem Verschweigen. Auch sollte die einzelne Einrichtung Vorkehrungen gegen Wiederholungen treffen. Wie erfolgreich das geschieht, kann nur einrichtungsintern beurteilt werden. Das Kuratorium Deutsche Altershilfe (KDA) bietet seit diesem Jahr (2007) Pflegenden zusätzlich ein Fehlerberichtssystem an, das positive Impulse für die Entwicklung der Qualität der Altenpflege geben möchte (vom engl. Begriff Critical Incident Reporting System abgeleitet). Es bietet die Möglichkeit anonym - dass heißt, ohne dass eine Rückverfolgung möglich ist - kritische Ereignisse aus der Praxis der Altenpflege auch über die Einrichtungsgrenze hinweg zu berichten.[25] Damit werden wichtige Informationen über den eigentlichen Fehler, die sonst nur einer einzigen Person oder Pflegeeinrichtung zugänglich sind, vielen/allen Benutzerinnen und Nutzern des Systems und durch Weitergabe auch deren Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung gestellt. Häufigen Fehler sollte dann ein Handlungsverfahren entgegengesetzt werden können, das erfolgreich den Fehler vermeiden hilft. Das gilt aber auch für gravierende Ereignisse, die für Einzelne oder einzelne Einrichtungen selten sind - es wird möglich sich mit deren Rahmenbedingungen und einer Prävention vertraut zu machen. Solche Systeme sind im technischen Bereich, z. B. der Luftfahrt, bereits seit längerem erfolgreich eingeführt. Neben der Schilderung des jeweiligen Vorfalls kann auch eine Stellungnahme der (KDA-)Pflegeexperten damit verbunden werden.[26] Allfällig abgegebene Berichte hier ersetzen jedoch keine einrichtungsinterne Pflicht- oder Schadensmeldung und ersetzen auch nicht die Anzeige strafbarer Handlungen gegenüber dem Justizwesen. Siehe auch
Filme
Literatur
Kategorien: Medizinethik | Medizinrecht |
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