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Ovulationshemmer




Ein Ovulationshemmer (weitgehend synonym: orale Kontrazeptiva, ugs. Pille) ist ein Medikament zur Empfängnisverhütung, das die beiden weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Gestagen in kombinierter Form enthält.

Inhaltsverzeichnis

Wirkungsweise

Ovulationshemmer wirken auf drei Wegen empfängnisverhütend: Sie verhindern durch Einwirkung auf das Regelsystem HypothalamusHypophyse–Ovar den Eisprung. Sie verändern den Schleim im Kanal des Muttermundes (Cervix) derart, dass Spermien diesen kaum passieren können und sie verhindern, dass die Gebärmutterschleimhaut regelrecht aufgebaut wird – ein eventuell befruchtetes Ei (die Zygote) kann sich nicht einnisten und zum Embryo heranwachsen. Dieser dreifache Ansatz erklärt die überaus effektive Wirkung der Ovulationshemmer: Bei korrekter Einnahme über ein Jahr wird die Schwangerschaft in 99,1 bis 99,9 % verhindert. (Pearl Index: 0,1 bis 0,9).

Zusammensetzung

Die weiblichen Geschlechtshormone werden nicht in ihrer natürlichen sondern in einer chemisch veränderten Form verabreicht. Diese Modifikation ist unvermeidlich: Die Hormone würden sonst nach der Aufnahme aus Magen und Darm in der Leber zerstört.

Als synthetisches Derivat (Abkömmling) des natürlichen Östrogens kommt in der Regel Ethinylestradiol (Abkürzung: EE) zur Anwendung. Es werden viele verschiedene Gestagene verwendet, alle mit etwas unterschiedlichen Wirkungen und Nebenwirkungen.

Die Östrogendosis ist seit der Premiere der Ovulationshemmer 1960 immer geringer geworden, weil sich zeigte, dass die Sicherheit gleich hoch blieb bei verminderten Nebenwirkungen. Die meisten neu verordneten Ovulationshemmer erhalten nur 20 bis 35 µg EE , die höchstdosierten in Deutschland noch erhältlichen Ovulationshemmer 50 µg.

Einphasenpräparate enthalten in jeder Pille die gleiche Menge Östrogen und Gestagen, bei Zweiphasenpräparaten ist das Gestagen nur in der zweiten Hälfte der Packung enthalten, in der ersten Phase wird nur das Östrogen eingenommen.

Zwei- oder Dreistufenpräparate enthalten zwei bzw. drei verschiedene Kombinationen von Östrogen und Gestagen.

Einnahme

Pille

In der Regel enthält eine Pillenpackung 21 Pillen. Nach 21 Tagen kontinuierlicher Einnahme folgen 7 Tage Pause, in der meist die Monatsblutung stattfindet. Bei Packungen mit 22 Pillen gelten entsprechend 22 Tage Einnahme und 6 Tage Pause. Ovulationshemmer mit 28 Pillen pro Packung enthalten 6 oder 7 Tabletten ohne Wirkstoff, sie sollen die Einnahmesicherheit verbessern.

Die Ersteinnahme erfolgt heute meist am ersten Tag des Zyklus (dem ersten Tag der Regelblutung). Gegenüber dem früher üblichen 5. Tag wird damit ein Schutz vor Empfängnis schon im ersten Zyklus erreicht, es treten aber auch häufiger Zwischenblutungen auf.

Ovulationshemmer müssen regelmäßig alle 24 Stunden eingenommen werden. Wird die Pille vergessen, so kann sie bei Einphasen- und 2- oder 3- Stufenpräparaten noch 12 Stunden später eingenommen werden, ohne die Verhütungssicherheit zu gefährden. (Allerdings sollte dies nicht mehrfach im Zyklus vorkommen.) Bei Zweiphasenpräparaten ist das Zeitfenster nur 6 Stunden groß, bei der Minipille nur 2 Stunden. Sind diese Zeitspannen überschritten, sollten zusätzliche Verhütungsmittel, z. B. das Kondom, angewendet werden. Der Rest der Packung sollte bei Überschreiten der Zeitspanne und auch völligem Vergessen dennoch aufgebraucht werden, um Zyklusunregelmäßigkeiten zu vermeiden.

Erbrechen und Durchfall können die Sicherheit der Ovulationshemmer verringern. Einige Antibiotika (z.B. Ampicillin, Tetrazykline), Antiepileptika aber auch frei verkäufliche Johanniskrautpräparate u.a. können die Wirksamkeit von Ovulationshemmern herabsetzen.

Minipille und östrogenfreie Ovulationshemmer

Die Minipille besteht nur aus einem Gestagen, der Östrogenanteil fehlt. Minipillen hemmen nur bei einem Teil der Frauen den Eisprung, sie sind also keine Ovulationshemmer im eigentlichen Sinne. Sie wirken empfängnisverhütend, in dem sie den Zervikalschleim für Spermien unpassierbar machen und den regelrechten Aufbau der Gebärmutterschleimhaut (des Endometriums) behindern. Minipillen sind nicht so sicher, sie schützen nur in 97 bis 99,5 % pro Anwendungsjahr vor einer unerwünschten Schwangerschaft. Außerdem führen Minipillen sehr häufig zu Zwischenblutungen. Minipillen sind vor allem für stillende Frauen (Östrogene hemmen die Muttermilchproduktion) und für Frauen, die wegen einer Krankheit keine Östrogene erhalten dürfen, geeignet. Eine Ausnahme bei den Gestagenpillen bildet eine auf Desogestrel basierende Pille (Cerazette®) die in 97 % der Fälle zur Ovulationshemmung führt und die Sicherheit der kombinierten Pillen erreicht.

Hormonimplantat und Dreimonatsspritze

Das Hormonimplantat ist seit Mitte 2000 in Deutschland zugelassen. Ein kleines Gestagenhaltiges Stäbchen wird unter die Haut des Oberarms eingepflanzt. Über die Zeitdauer von 3 Jahren wird das Gestagen aus dem Depot freigesetzt. Die Sicherheit und die Nebenwirkungen ähneln denen anderer Ovulationshemmer. Häufiger treten allerdings unregelmäßige Blutungen auf, bei 20 % der Frauen kommt es zur Amenorrhoe (Ausbleiben der Regelblutung). Es fehlen Langzeiterfahrungen, Studien an Frauen unter 18 Jahren sind bisher noch nicht durchgeführt worden. Hormonimplantate sind vor allem für Frauen geeignet, die Schwierigkeiten mit der regelmäßigen Einnahme der Ovulationshemmer haben.

Ähnlich wirkt die Dreimonatsspritze. Ein lang wirksames Gestagen wird in die Oberschenkelmuskulatur alle drei Monate injiziert. Vor allem, wenn sie bei jungen Frauen angewendet wird, kann diese Form der Ovulationshemmer später zur einer Osteoporose führen. Nach Absetzen der Dreimonatsspitze dauert es oft sehr lange, bis sich der Zyklus der Frau normalisiert und die Fruchtbarkeit wieder hergestellt ist.

Vaginalring und Verhütungspflaster

Der Vaginalring ist seit Februar 2003 in Deutschland zur Empfängnisverhütung zugelassen. Er besteht aus einem flexiblen Kunststoff, der mit Östrogen und Gestagen imprägniert ist. Der Vaginalring wird von der Frau in die Scheide eingeführt und verbleibt dort für drei Wochen. Nach einer Woche Pause, in der die Regelblutung auftritt, wird ein neuer Ring auf die gleiche Weise verwendet. Östrogen und Gestagen des Vaginalrings werden über die Vaginalschleimhaut aufgenommen, die Wirkungsweise entspricht dem der herkömmlichen Kombinationspräparate. Die niedrige Östrogendosis (15 µg EE) wird u.a. als Vorteil der sehr sicheren Methode angesehen, auch hier fehlen noch langfristige Erfahrungen.

Das Verhütungspflaster wird einmal pro Woche auf die Haut z. B. des Oberarms geklebt. Nach drei Pflastern folgt eine Woche Pause mit der Regelblutung. Das Verhütungspflaster setzt Östrogene und Gestagene frei, die von der Haut resorbiert werden. Die Wirkung und die Sicherheit entsprechen dem der herkömmlichen Einphasenpräparate. Verhütungspflaster kommen vor allem bei chronischen Darmerkrankungen in Betracht, bei denen die Aufnahme herkömmlicher Ovulationshemmer nicht sicher ist.

Nebenwirkungen

Nichtrauchende, gesunde Frauen können Ovulationshemmer bis zum Eintritt der Menopause (dem Beginn der Wechseljahre) einnehmen. Pillenpausen haben einen eher negativen Effekt auf die Zyklusregulation und werden heute nicht mehr empfohlen.

Bei Frauen, die rauchen oder bei Frauen mit anderen schwerwiegenden Risikofaktoren für Herzkeislauferkrankungen (z. B. schlecht eingestellter Bluthochdruck) treten Herzinfarkte und Schlaganfall häufiger auf.

Frauen, die nach Einnahme von Ovulationshemmern Kopfschmerzen, Sprachstörungen, Bewusstseinsstörungen oder andere Symptome von Seiten des ZNS entwickeln, sollten Ovulationshemmer sofort absetzen.

Erhöhungen des Blutdrucks werden der Östrogenkomponente zugeschrieben. Bringt ein Wechsel des Präparats keine Besserung, muss der Ovulationshemmer abgesetzt werden. Der Blutdruck normalisiert sich danach in den meisten Fällen. Nach der heute geltenden Meinung sollten Frauen, die über 35 Jahre alt sind und rauchen, keine Ovulationshemmer anwenden.

Durchbruchblutungen können durch einen Wechsel auf ein Präparat mit höherer Östrogendosis behoben werden. Übelkeit, Spannungsgefühl in der Brust und Wassereinlagerung lassen sich unter Umständen mit einer geringeren Östrogendosis vermeiden. Akne, Nervosität, und Gewichtszunahme werden der Gestagenkomponente zugeschrieben, eventuell hilft ein Wechsel auf ein Präparat mit niedriger Gestagendosis oder einem Gestagen mit anderem Wirkprofil. Einige Ovulationshemmer mit speziell wirksamen Gestagen werden sogar bei Akneproblemen junger Frauen mit Kontrazeptionswunsch erfolgreich eingesetzt.

Die Einnahme von Ovulationshemmern führen nicht zu einer Verminderung der Fertilität (Fruchtbarkeit), eine versehentliche Einnahme von Ovulationshemmern führt nicht zu Missbildungen des Embryos.

Komplikationen durch Thrombose und Embolie kommen bei Frauen unter Ovulationshemmern etwa 4fach häufiger vor als bei Frauen, die keine Hormone einnehmen. Vor und nach einer (geplanten) Operation sollten Ovulationshemmer aus diesem Grund abgesetzt werden. Ovulationshemmer lösen keinen Diabetes mellitus aus, können aber die Entwicklung eines solchen beschleunigen bzw. die Diabetes-Einstellung verschlechtern und Gefäßkomplikationen bei Diabetikern fördern. Ovulationshemmer führen nicht zu einer Neubildung von Gallensteinen, können aber das Wachstum fördern.

Depressionen und Schlafstörungen werden bei 1 – 2% der Frauen, die Ovulationshemmer einnehmen, ausgelöst.

Das Chloasma, eine Hauterkrankung mit verstärkter Pigmentierung, kann unter Ovulationshemmern auftreten. Diese seltene Nebenwirkung erfordert das sofortige Absetzen der Ovulationshemmer, da eine Behandlung nur sehr schwer möglich ist.

Das Risiko, an einem Karzinom der Eierstöcke oder der Gebärmutterschleimhaut (Korpus Carcinom) zu erkranken, ist unter der Einnahme von Ovulationshemmern vermutlich um bis zu 50 % vermindert.

Das Risiko, ein Karzinom des Gebärmutterhalses zu entwickeln, ist vielleicht erhöht. Der ursächliche Zusammenhang ist nicht gesichert, da dieser Tumor bei sexuell aktiven Frauen unabhängig von der Art der Verhütung häufiger vorkommt.

Brustkrebserkrankungen treten unter langjähriger Einnahme von Ovulationshemmern etwas häufiger auf, gutartige Veränderungen der Brustdrüse seltener.

Bei aktiven Lebererkrankungen sollten Ovulationshemmer nicht eingesetzt werden. Sehr selten ( 1:30.000 bis zu 1:50:000) können Ovulationshemmer gutartige Lebertumore erzeugen.

Entzündungen der Eileiter, Extrauteringravidität (Schwangerschaft außerhalb der Gebärmutter), Blutarmut durch Eisenmangel, Prämenstruelles Syndrom und Eierstockzysten treten unter Ovulationshemmern seltener auf. Nach amerikanischen Studien werden dadurch 50.0000 stationäre Einweisungen pro Jahr in den USA vermieden. Nach dem heutigen Wissenstand kann angenommen werden, dass Ovulationshemmer nicht zu einer verminderten Lebenserwartung führen.

Menstruationsverschiebung

Eine Menstruationsverschiebung ist mit Ovulationshemmern möglich. Bei Einphasenpräparaten wird die folgende Packung direkt nach der ersten ohne Pause eingenommen. Die kontrazeptive Wirkung ist dadurch nicht behindert. Gegenstand klinischer Studien ist die Langzeiteinnahme von Ovulationshemmern über einen Zeitraum von 12 Wochen. Die Langzeiteinnahme könnte Vorteile für Frauen bieten, die besonders in der Pillenpause über Beschwerden klagen.

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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Ovulationshemmer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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