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Otto Loewi



Otto Loewi (* 3. Juni 1873 in Frankfurt am Main; † 25. Dezember 1961 in New York) war ein österreichisch/deutsch-amerikanischer Pharmakologe. Für ihre Entdeckungen bei der chemischen Übertragung der Nervenimpulse erhielten er und Henry H. Dale (US) 1936 den Nobelpreis für Medizin.

Inhaltsverzeichnis

Lebenslauf

Jugend und Studium

Otto Loewi wurde am 3. Juni 1873 in Frankfurt am Main als Sohn des jüdischen Weinhändlers Jacob Loewi und Anna Willstätter geboren. Hier besuchte Loewi das städtische Gymnasium in Frankfurt bis 1891 und begann dann sein Medizinstudium an den Universitäten in München und Straßburg. In Straßburg wurde er Mitglied der Burschenschaft Germania. Als Student besuchte Loewi allerdings eher selten die Vorlesungen der Medizin, sondern begab sich häufig in die Kurse der philosophischen Fakultät. Eine Ausnahme bildeten die anatomischen Kurse bei Gustav Schwalbe sowie der Sommer 1893, in dem er sich intensiv auf sein Physikum vorbereitete. Sein Examen bestritt er 1894, ohne dass sich bis dahin sein Verhältnis zur Medizin grundlegend geändert hätte.

1896 promovierte Otto Loewi an der Universität in Straßburg über die Arbeiten von Oswald Schmiedeberg, der als einer der Väter der modernen Pharmakologie gilt. Dabei führte er zu diesem Zeitpunkt bereits Experimente an isolierten Froschherzen durch. Daneben waren es unter anderem der Pathologe Bernhard Naunyn sowie Oskar Minkowski und Adolph Magnus-Levy, welche für seine medizinische Ausbildung zuständig waren.

Nach seiner Promotion beschäftigte sich Otto Loewi gemeinsam mit Martin Freund in Frankfurt mit anorganischer und analytischer Chemie. Danach arbeitete er einige Monate am Institut für Biochemie bei Franz Hofmeister in Straßburg. Von 1897 bis 1898 war Loewi Assistent von Carl von Noorden am Städtischen Krankenhaus in Frankfurt. Besonders aufgrund seiner Arbeit mit Patienten mit weit fortgeschrittener Tuberkulose oder Lungenentzündung, die sehr häufig ohne Heilungschancen starben, entschied Loewi sich gegen eine Karriere als praktischer Arzt. Stattdessen schlug er den Weg der medizinischen Grundlagenforschung ein, vor allem der klinischen Pharmakologie.

Von Marburg nach Graz

1898 wurde Otto Loewi Assistent von Professor Hans Horst Meyer an der Universität Marburg und habilitierte hier im Jahr 1900, 1904 ging er mit Meyer nach Wien. 1905 wurde Otto Loewi Assistenzprofessor von Meyer am pharmakologischen Institut in Wien. Er nahm die österreichische Staatsbürgerschaft an, wobei er die deutsche jedoch ebenfalls behielt.

1907 lernte er Guida Goldschmiedt, die Tochter des Chemikers Guido Goldschmiedt, kennen und heiratete diese 1908. Mit ihr hatte er vier Kinder (Hans, Victor, Guido und Anna). 1909 erhielt Loewi seinen eigenen Lehrstuhl für Pharmakologie an der Karl-Franzens-Universität Graz.

Bereits in Marburg konzentrierte sich die Arbeit von Otto Loewi auf das große Feld der Stoffwechselforschung. Seine Ergebnisse über die Wirkung des Phlorizin, welches die Glukosurie auslöst, sowie weitere über den Nukleinsäuremetabolismus beim Menschen brachten ihm bereits 1900 seine erste Stelle als Privatdozent. 1901 wies Loewi nach, dass der tierische Organismus nicht in der Lage ist, aus Fetten Kohlenhydrate zu synthetisieren, 1902 publizierte er sein Paper "Über Eiweisssynthese im Tierkörper", in dem er zeigt, dass Tiere in der Lage sind, ihre Proteine auf der Basis von Aminosäuren selbst herzustellen. Für die damalige Zeit war dieses Gebiet und Wissen Neuland und es stellte somit einen wichtigen Beitrag zur Ernährungslehre dar. Ebenfalls 1902 folgte der erste Teil einer Publikationsserie über Experimente zur Physiologie und Pharmakologie der Nierenfunktion. Im gleichen Jahr verbrachte Loewi einige Monate im Labor von Ernest Starling und arbeitete gemeinsam mit William Bayliss. Hier traf Otto Loewi das erste Mal auf Henry Dale, mit welchem er einige Jahre später den Nobelpreis für Medizin teilen sollte.

Nach seiner Rückkehr nach Marburg konzentrierte er sich wieder auf seine Untersuchungen zur Nierenfunktion, vor allem auf die Funktionsweise von Diuretika. 1905, nach seiner Einstellung in Wien, griff er die Fragestellungen des Kohlenhydratstoffwechsels erneut auf. In diesem Kontext konnte Loewi nachweisen, dass eine Bevorzugung von Fruktose gegenüber Glukose nicht nur bei Hunden auftritt, denen die Bauchspeicheldrüse entfernt wurde, sondern auch bei solchen Versuchstieren, bei denen Glykogen durch andere Umstände fehlt, etwa durch eine Phosphorvergiftung. Damit konnte er die von Oskar Minkowski publizierte Hypothese widerlegen. Außerdem konnte er beweisen, dass das Herz, anders als die Leber, keine Fruktose speichern kann. Auch die Tatsache, dass ausgehungerte Kaninchen (die entsprechend keine Glykogenreserven mehr besitzen) bei der regelmäßigen Injektion von Adrenalin wieder einen normalen Glykogenspiegel erreichen, obwohl sie weiterhin hungern, wies er nach.

Neben diesen Forschungsarbeiten bezüglich des Kohlenhydratstoffwechsels arbeitete Otto Loewi gemeinsam mit Alfred Fröhlich an der Erforschung des vegetativen Nervensystems. Seine bekannteste Veröffentlichung "Über eine Steigerung der Adrenalinfreisetzung durch Kokain" auf diesem Gebiet erschien 1910 mit dem Ergebnis, dass bereits kleine Dosen von Kokain die Reizbarkeit der sympathisch enervierten Organe potenzieren.

Als Professor in Graz hatte Otto Loewi endlich Gelegenheit, seine Qualitäten als Redner und Lehrer unter Beweis zu stellen und zu kultivieren. Zugleich setzte er seine Studien zum Kohlenhydratstoffwechsel fort und konzentrierte sich dabei vor allem auf die Umstände der Hyperglykämie, welche durch Adrenalin ausgelöst wird.

Die Aufklärung der Synapsenfunktion und der Nobelpreis

1921 konnte Otto Loewi die chemische Weiterleitung von Nervenimpulsen entdecken. Er schaffte es, die Vagusnerven von Froschherzen in einer Kochsalzlösung zu stimulieren, in der bereits vorher andere bewusst angeregte Herzen lagen. So konnte Loewi nachweisen, dass für die Übertragung eines Nervenimpuls auf das Herz ein chemischer Stoff verantwortlich sein musste, den er als "Vagusstoff" bezeichnete und der später von Henry Dale als Acetylcholin identifiziert werden konnte. Er hatte auf diese Weise den ersten Neurotransmitter gefunden und etablierte damit ein Forschungsfeld, welches in den Folgejahren durch ihn und seine Kollegen massiv vorangebracht werden konnte.

Vor der Entdeckung der Neurotransmitter war diese Stelle der Nervenleitung zum ausführenden Organ vollkommen unbekannt. Man ging zwar davon aus, dass es einen Impuls der Nerven an das Organ geben musste, wie dies vonstatten ging war allerdings Gegenstand eines Forscherstreites. Während eine Vielzahl eine elektrische Weiterleitung für die richtige Lösung hielten, gab es einige Wissenschaftler wie Otto Loewi, die an eine chemische Übertragung glaubten. Diese konnte Loewi aufgrund seiner Experimente nun beweisen. Er ermöglichte dadurch auch ein neues Verständnis für physiologische Vorgänge wie verschiedene Lähmungen. So konnte für den Stoff Hyoscyamin geklärt werden, dass es nicht die Nerven lähmt sondern an den Rezeptoren in den signalempfangenen Synapsen wirkt. Durch weitere Versuche konnte auch der Abbau des Acetylcholin durch ein Enzym, die Acetylcholinesterase, sowie die hemmende Wirkung des Abbaus durch Alkaloide entdeckt werden.

Für diese Forschungen und Ergebnisse erhielten Loewi und Dale 1936 den Nobelpreis für Medizin, da diese zu einer völlig neuen Betrachtung der Neuromedizin geführt haben. Seiner eigenen Aussage zufolge erschien ihm das eigentlich sehr simple Experiment mit dem Froschherzen im Traum.

Die Zeit nach dem Nobelpreis

Am 12. März 1938 übernahmen die Nationalsozialisten unter Adolf Hitler Österreich. Der mittlerweile 65-jährige Otto Loewi wurde als Jude für einige Monate inhaftiert und danach bedrängt, das Land zu verlassen. Vorher musste er jedoch die schwedische Bank in Stockholm anweisen, das Preisgeld für den Nobelpreis an eine Bank zu überweisen, die von den Nationalsozialisten kontrolliert wurde.

"Forced by the Nazi authorities to leave Austria, I departed from Graz on September 28, 1938, for London. Before leaving, in the presence of Gestapo men, I had to order the Swedish bank in Stockholm to transfer the Nobel prize money, deposited with the bank in 1936, to a prescribed Nazi-controlled bank." (Loewi 1960)

Otto Loewi ging als Gastprofessor an die Université Libre in Brüssel und an das Nuffield Institute in Oxford, bevor er 1940 das Angebot der New York University annahm und dort eine Stelle als Professor für Pharmakologie antrat. Er arbeitete hier gemeinsam mit George Wallace. 1946 erhielt Otto Loewi die amerikanische Staatsbürgerschaft. Er starb am 25. Dezember 1961

Ehrungen

Otto Loewi erhielt neben dem Nobelpreis für Medizin eine Reihe weiterer internationaler Ehrungen für seine Arbeit. So bekam er die Ehrendoktorwürde an der New York University, der Yale University sowie der Universitäten in Graz und in Frankfurt. Des weiteren war er Preisträger des "Physiology Prize" der Royal Academy of Sciences of Bologna, des "Lieben-Preises" der Akademie von Wien sowie des "Cameron Prize" der University of Edinburgh (1944). Er war Ehrenmitglied der "Physiological Society" in London, der "Harvey Society" in New York und der"Società Italiana di Biologia Sperimentale" sowie korrespondierendes Mitglied der Ärztevereinigung in Wien, der "Wiener Biologischen Gesellschaft" und der "Gesellschaft zur Förderung der Naturwissenschaften" in Marburg. Auch der "Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina" in Halle gehörte er an. 1954 wurde er auch zum Mitglied der "Royal Society".

Ausgewählte Werke

  • Loewi, O. (1902): Über Eiweisssynthese im Tierkörper, Arch. Exp. Pathologie und Pharmacologie, 48, 303-330 (p. 316).
  • Loewi, O. (1921): Über humorale Übertragbarkeit der Herznervenwirkung. Pflügers Arch. ges. Physiol.,189, 239–242.
  • Loewi, O. (1922): Über humorale Übertragbarkeit der Herznervenwirkung. II. Mitteilung. Pflügers Arch.ges. Physiol., 193, 201–213.
  • Loewi, O., Navratil, E. (1924): Über humorale Übertragbarkeit der Herznervenwirkung. VI. Mitteilung. Pflügers Archiv fur die Gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere, 206, 123–134.
  • Loewi, O., Navratil, E. (1924): Über humorale Übertragbarkeit der Herznervenwirkung. VII. Mitteilung. Pflügers Archiv fur die Gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere, 206, 135–140.
  • Loewi, O., Navratil, E. (1926): Über humorale Übertragbarkeit der Herznervenwirkung. X. Mitteilung: Über das Schicksal des Vagusstoffs. Pflügers Archiv fur die Gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere, 214, 678–688.
  • Loewi, O., Navratil, E. (1926b): Über humorale Übertragbarkeit der Herznervenwirkung. XI. Mitteilung: Über den Mechanismus der Vaguswirkung von Physostigmin und Ergotamin. Pflügers Archiv fur die Gesamte Physiologie des Menschen und der Tiere, 214, 689–696.
  • Loewi, O. (1935): The Ferrier Lecture: On problems connected with the principle of humoral transmission of nervous impulses. Proceedings of the Royal Society, 118B, 299–316.
  • Loewi, O. (1953): From the workshop of discoveries. Univ. of Kansas Press.
  • Loewi, O. (1954): Introduction. Pharmacological Reviews, 6, 3–6.
  • Loewi, O. (1958): A scientist’s tribute to art: Essays in honour of Hans Tietze. Gazette of Besaux Arts,pp. 389–392.
  • Loewi, O. (1960): An autobiographical sketch. Perspectives in Biology and Medicine, 4, 3–25.

Literatur

  • Fred Lembeck, Wolfgang Giere: Otto Loewi. Ein Lebensbild in Dokumenten. Springer, Berlin 1968.
  • Bernhard Kupfer: Lexikon der Nobelpreisträger, Patmos Verlag Düsseldorf 2001, ISBN 3-491-72451-1.
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