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Organizismus



Organizismus ist eine holistische Betrachtungsweise spezifischer Probleme der Biologie.

Der Begriff wurde von William Emerson Ritter 1919 geprägt.

Der Organizismus entwickelte sich aus der Erkenntnis, dass weder die mechanistisch-reduktionistische Betrachtungsweise der Physik noch die nicht überprüfbaren Hypothesen des Vitalismus den besonderen Eigenschaften der Lebewesen angemessen sind.

Als Grundprinzip wird die besondere Organisation der Lebewesen (und damit der Organismen) betrachtet: Sie stellen ein komplexes, hierarchisch gegliedertes System aus Elementen dar, die untereinander in vielfältigen Wechselbeziehungen stehen und dadurch Eigenschaften hervorbringen, die durch eine isolierte Betrachtung der einzelnen Elemente nicht mehr erklärbar sind. Diese neuen Eigenschaften werden als Emergenzen bezeichnet. Sie ergeben sich aus der Integration von Elementen zu einer neuen Einheit. Diese steht wieder mit anderen Einheiten in vielfältigen Wechselbeziehungen, so dass auch hier eine weitere Integration auf einer weiteren Ebene entsteht, und so fort.

Die besonderen Eigenschaften der Lebewesen beruhen demnach nicht auf ihrer stofflichen Zusammensetzung, sondern auf der ihnen eigentümlichen Organisation. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Einzelteile hat sich hierfür als griffige Formel eingebürgert.

So lassen sich zwar auf der Integrationsebene der Moleküle alle Vorgänge durch physikalisch-chemische Gesetze erklären, diese verlieren aber für die höheren Ebenen immer mehr an Bedeutung und werden durch andere, biologische Prinzipien ersetzt.

In der modernen Biologie spielt das genetische Programm zur Erklärung der Unterschiede zu nicht lebenden Systemen eine herausragende Rolle: Nur Lebewesen werden in weiten Teilen von einem genetischen Programm gesteuert, das im Laufe der Evolution erworben und weiter entwickelt wurde.

Siehe auch:

Systemtheorie, Evolutionstheorie, Organ (Biologie), Biologismus, Tiefenökologie, Gaia-Hypothese, Ökologismus, Mechanismus, Materialismus, Physikalismus, Funktionalismus

Literatur:

  • William Emerson Ritter: The Unity of the Organism; or, the Organismal Conception of Life. Boston 1919
  • Francesco Nardi: Organismus und Gestalt. Von den formenden Kräften des Lebendigen. München 1942.
  • Armin Müller: Ganzheitsbiologie und Ethik. Breslau 1933.
  • Friedrich Alverdes: Die Ganzheitsbetrachtung in der Biologie. 1933
  • Ernst Mayr: The organicists. What is the meaning of life in This is biology. Belknap Press of Harvard University Press, 1997 (deutsch Das ist Biologie - Die Wissenschaft vom Leben, 2000), ISBN 3827410150
  • Karen Gloy: Das Verständnis der Natur, Bd 2: Die Geschichte des ganzheitlichen Denkens, Beck, München 1996, Lizenzausgabe, Köln 2005, ISBN 3406385516
 
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