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Ohrmuschelfehlbildung



  Als Teil des Gesichts gehört die Ohrmuschel zu einer Körperregion, deren Unauffälligkeit für das Familienleben, den Beruf und die soziale Integration eine entscheidende Bedeutung hat.

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie/ Ätiologie

Eine höhergradige Mikrotie tritt in der westlichen Bevölkerung in 0,76 – 2,35 Fällen pro 10.000 Geburten auf. Legt man die aktuelle Geburtenrate zugrunde, kommen in Deutschland etwa 100 bis 150 neue Fälle pro Jahr hinzu.

In der Regel tritt die Fehlbildung isoliert auf. In 20 – 30 % der Fälle tritt sie kombiniert mit anderen Fehlbildungen wie Gesichtshypoplasie, Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, inneren Fehlbildungen, kognitiver Beeinträchtigung oder im Rahmen von genetisch bedingten Syndromen auf. Die häufigsten mit Mikrotie assoziierten Syndrome sind das Goldenhar-Syndrom (Hemifaziale Mikrosomie) und das Franceschetti-Syndrom.

Als Ursachen werden sowohl hämorrhagische Ereignisse in der Frühschwangerschaft, Schwangerschaftsdiabetes als auch genetische Ursachen diskutiert. Weitergehende Untersuchungen hierzu stehen aber noch aus. Familiäre Häufungen werden in Einzelfällen beobachtet, hier liegt meist ein autosomal dominanter Erbgang mit variabler Penetranz zugrunde. Die große Mehrheit tritt jedoch sporadisch auf. Die meisten Autoren sehen in der isolierten Mikrotie eine Minimalvariante der hemifazialen Mikrosomie. Die Genese ist dabei vermutlich multifaktoriell mit einer zugrunde liegenden genetischen Wahrscheinlichkeit, auslösend wirken äußere Faktoren wie z. B. Blutungen.

Einteilung

Die Mikrotie wird in drei Grade eingeteilt.

  • Bei der Dysplasie °1 sind die meisten anatomischen Strukturen der Ohrmuschel vorhanden. Hierzu zählen u. a. Abstehende Ohren - Apostasis otum, Tassenohr °I und Tassenohr °II. Zur Korrektur sind Transplantate nur in Ausnahmefällen notwendig, lediglich das vorhandene Gewebe ist umzuformen.
  • Bei der Dysplasie °2 sind nur einige Strukturen der normalen Ohrmuschel vorhanden. Hierzu zählen u. a. Tassenohr °III, und das Miniohr. Hier sind Haut- und/oder Knorpeltransplantate erforderlich, um eine Teilrekonstruktion durchzuführen.
  • Bei der Dysplasie °3 sind normale Ohrmuschelstrukturen praktisch nicht vorhanden. Hierzu zählen u. a. Mikrotie °III, Anotie und die Dystopie. Es existiert lediglich ein Rudiment. Eine Komplettrekonstruktion erfordert ein Grundgerüst und Hauttransplantate.

Diagnostik

Menschen mit Mikrotie müssen frühzeitig interdisziplinär beraten und behandelt werden. Dabei sollten HNO-Ärzte, Kinder- und Jugendärzte, Phoniater und Pädaudiologen sowie ggf. Humangenetiker und Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen beteiligt sein. Anamestisch sollte eine familiäre Häufung und schädigende Einflüsse in der frühen Schwangerschaft erfragt werden. Bei familiärer Häufung empfiehlt sich die Vorstellung in der Humangenetik, um die Auftrittswahrscheinlichkeit bei weiteren Kindern abschätzen zu können. Eine Computertomographie zur Beurteilung der Mittelohrstrukturen wird häufig im 10. Lebensjahr, in der Regel während des ersten stationären Aufenthaltes, durchgeführt.

Sprachentwicklung

Nach heutiger Lehrmeinung soll die Lautsprachentwicklung bei einem einseitigen Schallleitungsblock und normalem Gehör auf der gesunden Seite ungestört verlaufen. Deshalb ist die nicht betroffene Seite regelmäßig fachärztlich zu überprüfen und Schallleitungs- oder Schallempfindungsschwerhörigkeiten müssen zügig und konsequent behandelt werden. Kinder mit beidseitigen Fehlbildungen bzw. beidseitigem Schallleitungsblock benötigen rasch nach der Geburt eine akustische Verstärkung. Dazu werden die Kinder zunächst mit einem Stirnband-Knochenleitungshörgerät versorgt, im 4. Lebensjahr können dann knochenverankerte Geräte (BAHA) zum Einsatz kommen. Bei der Implantation der Knochenanker ist darauf zu achten, dass diese nicht zu nahe am Ohrmuschelrudiment eingebracht werden, um eine spätere ästhetische Rekonstruktion nicht durch Narben zu erschweren.

Therapie

  • Anzustreben ist eine möglichst natürliche Rekonstruktion, die der Form der Gegenseite entspricht. Für die Fertigung des Grundgerüstes eignen sich verschiedene Materialien: Kunststoffe und körpereigener Rippenknorpel. Körpereigener Rippenknorpel ist das Material mit derzeit weltweit größter Erfahrung und Sicherheit. Es ist individuell formbar und hält lebenslang.
  • Der chirurgische Aufbau eines fehlgebildeten Ohres mit körpereigenem Knorpel erfolgt in zwei bis drei Schritten im Abstand von drei Monaten.
    • Während des ersten Schrittes wird der Rudimentknorpel entfernt, die Rudimenthaut präpariert, der Rippenknorpel entnommen und daraus das dreidimensionale Ohrmuschelgerüst gefertigt und implantiert.
    • Während des zweiten Schrittes wird die Ohrmuschel vom Untergrund abgehoben und die Falte hinter dem Ohr gebildet. Dazu wird der Restknorpel aus dem ersten Operationsschritt als Anstandhalter hinter der Ohrmuschel befestigt. Die Deckung des Hautdefektes erfolgt sowohl durch lokale Hautverschiebung als auch mit einem freien Hauttransplantat.
    • Während des dritten Schrittes können erneut Korrekturen der Vorderseite vorgenommen werden. Hierbei steht die Entfernung der Hautüberschüsse aus dem ersten Rekonstruktionsschritt im Vordergrund. Gleichzeitig können einzelne Details der Ohrmuschel weiter herausgearbeitet werden. In einigen Fällen kann dieser Schritt entfallen.
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Ohrmuschelfehlbildung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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