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Numerische Taxonomie



Die numerische Taxonomie oder Phänetik ist ein Klassifikationssystem in der biologischen Systematik. Ziel der Phänetik ist die Aufstellung einer biologischen Taxonomie anhand von morphologischen Merkmalen. Dabei wird intensiv auf computergestützte Rechenverfahren und insbesondere die Clusteranalyse zurückgegriffen. Das Konzept der numerischen Taxonomie wurde 1961 von Robert Sokal und Peter Sneath in dem Buch Principles of Numerical Taxonomy entwickelt.

Motivation und Praxis

Die morphologische Ausrichtung der numerischen Taxonomie stand schon bei ihrer Entwicklung im Kontrast zur Mehrheit der taxonomischen Theorie und Praxis. Der überwiegende Teil der biologischen Systematik ist an der phylogenetischen Entwicklung orientiert. Das Aussparen evolutionstheoretischer Überlegungen ist von Sokal und Sneath jedoch explizit gewünscht. Ziel ist es, ein allgemeingültiges, möglichst theoriefreies taxonomisches System zu entwickeln, das für die verschiedenen Disziplinen wie Ökologie, Evolutionsbiologie oder Paläontologie gleichermaßen verbindlich ist.

Die numerische Taxonomie stützt sich auf eine große Anzahl morphologischer Merkmale, die allesamt beobachtbar und quantifizierbar sein müssen. Dabei wird für Individuen der Grad bestimmt, in dem ihnen die Merkmale zukommen. Mittels komplexer, computergestützter Verfahren soll so ein objektives Maß für Ähnlichkeit von Individuen gefunden werden. Die Ähnlichkeiten können dann als Material für ein taxonomisches System dienen.

Kritik und Aufnahme in der Forschung

Die numerische Taxonomie hat sich in der biologischen Systematik nicht durchsetzen können. Zum einen wird von Evolutionsbiologen eine rein morphologisch orientierte Taxonomie als unrealistisch abgelehnt. Zum anderen gibt es schwerwiegende wissenschaftstheoretische Einwände gegen die phänetische Konzeption einer objektiven Taxonomie. Morphologische Artenkonzepte gelten in der Biologie sogar als besonders subjektiv, da die Auswahl und Gewichtung der morphologischen Merkmale entweder willkürlich oder von den spezifischen Forschungsinteressen geleitet sein muss. Es ist nicht absehbar, wie dieses grundsätzliche Problem in dem komplexen Verfahren der numerischen Taxonomie gelöst werden könnte.

Diese Probleme der numerischen Taxonomie ändern jedoch nichts daran, dass sie in einigen Teilbereichen erfolgreich verwendet wird. Dies gilt insbesondere für die Bereiche, in denen andere Artenkonzepte nicht anwendbar sind. Dies ist z.B. in der Paläontologie der Fall, wo etwa der biologische Artenbegriff Ernst Mayrs oft nicht zur Anwendung kommen kann, da meist keine Informationen über die Fortpflanzungsmöglichkeiten vorhanden sind.

Der Anspruch, eine allgemeingültige taxonomische Methode vorgelegt zu haben, kann allerdings als gescheitert angesehen werden. Dies schließt allerdings nicht aus, dass die Phänetik in einer Pluralität taxonomischer Systeme dauerhaft einen begrenzten Platz haben könnte.

Literatur

  • Sokal und Sneath: Principles of Numerical Taxonomy, San Francisco: W.H. Freeman, 1963
  • Sneath und Sokal: Numerical Taxonomy, San Francisco: W.H. Freeman, 1973
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Numerische_Taxonomie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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