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NeutralitätstheorieDie Neutralitätstheorie (im englischen Sprachgebrauch Neutral theory of molecular evolution) wurde von Motoo Kimura in den späten 60er Jahren begründet, und beruht auf der Nicht-Injektivität der Genotyp-Phänotyp Abbildung. Die nicht-leere Urmenge (die auch neutrale Menge genannt wird) eines Phänotyps stellt alle möglichen genetischen Repräsentationen dar. Kimuras Arbeiten weisen darauf hin, dass viele Mutationen im obigen Sinne neutral sind. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Beispiele
Ein recht einfaches Beispiel für Nicht-Injektivität ist z.B. dass GCC und GCA beide die Aminosäure Alanin codieren, d.h. eine Änderung von (GCC)->(GCA) wäre bzgl. der fitness neutral (selectively neutral).
Nehmen wir einmal den Satz 1 : "Der brasilianische Hintern ist rhythmisch." und den Satz 2 : "Der brasilianische Popo ist rhythmisch.". Dann sind diese semantisch betrachtet synonym, in Analogie dazu dass zwei Genotypen selektiv neutral sind. Aber diese Neutralität gilt i.a. nicht in Bezug auf die Strategieparameter. So mutiert der zweite Satz leicht zu "Der brasilianische Pop ist rhythmisch.", während das beim ersten Satz nur sehr schwer möglich ist. Während sich die fitness bei sog. neutralen Mutationen nicht oder kaum ändert, gilt das nicht für das Potential weiterer Veränderungen, die dann aber wieder i.a. nicht neutral sind.
9 verschiedene Triplets codieren für Arginine. Bei CGA ist die Wahrscheinlichkeit 4/9, dass bei einer Punkt-Mutation weiterhin Arginine codiert wird (Bewegung innerhalb der neutralen Menge). Bei AGA hingegen ist die Wahrscheinlichkeit 2/9. Die Autoren argumentieren nun, dass das HI-Virus diesen Mechanismus benutzt, d.h. CGA wird bei kritischen Loci benutzt, während bei Chrakteristika die einer höheren Änderungsrate unterliegen sollen (z.B. Charakteristika die das Verbergen vor dem Immun-System unterstützen), Arginine mit AGA codiert werden. BedeutungBesondere Bedeutung erhält die neutrale Menge in der Sichtweise der theoretischen Biologie dadurch, dass dadurch formal Strategieparameter realisiert werden, also die Möglichkeit zur Selbst-Adaption, die zum Verständnis evolutionärer Phänomene unerlässlich ist. Durch die Bewegung in der neutralen Menge kann der genetische Algorithmus die Strategieparameter ändern, ohne dabei den Phänotyp und damit die Fitness zu ändern. Dadurch besteht ein direkter Zusammenhang zur Evolvierbarkeit (evolvability) oder auch zur Fähigkeit zur Selbstadaption (Self-adaptability), also grundsätzlich eine Änderung, genauer Selbständerung der Suchstrategie. Kimura verteidigte sich gegen die Kritik der Selektionisten, die behaupteten, die Neutralität erfülle keine besondere biologische Funktion, da sie eben neutral unter Selektion sei, mit den Worten: "Sometimes, it is remarked that neutral alleles are by defnition not relevant to adaptation, and therefore not biologically very important. I think that this is too short-sighted a view. Even if the so-called neutral alleles are selectively equivalent under a prevailing set of environmental conditions of a species, it is possible that some of them, when a new environmental condition is imposed, will become selected. Experiments suggesting this possibility have been reported by Dykhuizen & Hartl (1980) who called attention to the possibility that neutral alleles have a "latent potential for selection". I concur with them and believe that "neutral mutations" can be the raw material for adaptive evolution." [Kimura (1986), page 345] Literatur
StichworteEvolvierbarkeit, Pleiotropie, Neutralität Kategorien: Theoretische Biologie | Genetik | Evolution |
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