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NeuroblastomDas Neuroblastom ist mit sieben bis acht Prozent aller Krebserkrankungen im Kindesalter die zweithäufigste bösartige Neubildung bei Kindern. Vom autonomen Nervengewebe – der embryonalen Neuralleiste – ausgehend handelt es sich um einen Tumor, dessen Zellen (sogenannte Neuroblasten) in einem unreifen Stadium verblieben sind. Er ist vor allem in den Nebennieren, entlang der Wirbelsäule, im Kopf-, Hals- und Nackenbereich sowie im Brust-, Bauch- und Beckenraum entlang des zervikalen, thorakalen und abdominalen Grenzstranges sowie in den Paraganglien anzutreffen. Circa 70 Prozent liegen außerhalb des Bauchraumes im Retroperitonealraum und etwa 20 Prozent zwischen den Lungenflügeln im Mediastinum. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
SymptomatikDas Beschwerdebild des Neuroblastoms wird durch den Ort des Primärtumors oder der Metastasen bestimmt. Bei im Grenzstrang gelegenen Tumoren finden sich neurologische Symptome bis zur Querschnittsymptomatik durch das Einwachsen in den Wirbelsäulenkanal, bei Auftreten im Halsbereich in 15 bis 20 Prozent ein Horner-Syndrom; bei Auftreten im Brustbereich kann es zu Luftnot, bei im Bauchbereich oder retroperitoneal gelegenen Tumoren zu Bauch- und Rückenschmerzen, Harnwegs-, Darmproblemen kommen. Metastasen verursachen einen reduzierten Allgemeinzustand, Schmerzen, Blässe, Fieber und Gewichtsabnahme. Bluthochdruck oder Durchfälle können durch die hormonelle Aktivität des Tumors auftreten. Brillenhämatome sind Hinweis auf ein retrobulbäres Neuroblastom. Diagnostik
Die Diagnose erfolgt in den Frühstadien meist zufällig mittels Ultraschall, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT), die aus anderen Anlässen angefertigt wurden. In der Folge führt die MIBG-Szintigraphie zur Lokalisieriung des Primärtumors und der eventuell schon vorhandenen Metastasen. Die Skelett-Szintigraphie mittels Technetium wird zur Unterscheidung zwischen Knochenmarks- und Knochenmetastasen herangezogen. Bezüglich Laboruntersuchungen ist zu erwähnen, dass die bis vor kurzem zum Tumorscreening eingesetzten Tumormarker Vanillinmandelsäure, Homovanillinsäure, Dopamin und die neuronspezifische Enolase (NSE) noch ihre Bedeutung zur Therapie- und Verlaufskontrolle haben (siehe unten). Ein weiterer Tumormarker ist das Ferritin. Sowohl NSE als auch Ferritin dienen vor allem der Verlaufskontrolle. Eine Knochenmarkpunktion ist bei Verdacht auf ein Neuroblastom unerlässlich. Sie dient zum Nachweis (Stadium IV) oder Ausschluss eines Befalls des Knochenmarks durch das Neuroblastom. Typischerweise erfolgt im Gegensatz zum Standardvorgehen bei Knochenmarkpunktion eine Punktion an 4 Stellen des Beckenkamms (2 Punktionsstellen vorderes Becken, 2 Punktionsstellen hinteres Becken). Ein Befall liegt dann vor, wenn sich in einer der 4 Punktionsstellen zytologisch, immunohistochemisch oder molekularbiologisch Neuroblastom nachweisen lässt. Auf eine Knochenmarkpunktion kann nur ausnahmsweise verzichtet werden. Bei der mikroskopischen Untersuchung besteht das Tumorgewebe häufig aus Zellen mit dichten Kernen, die nur wenig Zytoplasma enthalten. Charakteristisch ist die Ausbildung eines Pseudorosetten-Musters. Vereinzelt finden sich einzelne Ganglienzellen. Finden sich bereits zahlreiche Ganglienzellen, kann der Tumor bereits zu einem Ganglioneuroblastom ausdifferenziert sein. HäufigkeitEines von 5000 Kindern ist davon betroffen, d. h., dass in Deutschland jährlich ca. 150 Kinder von dieser Erkrankung betroffen sind. Ein Drittel dieser Kinder erkrankt bereits im ersten Lebensjahr, 90 Prozent der Tumore tritt vor Schulbeginn auf, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei zwei Jahren. In der Hälfte der Fälle sind zum Zeitpunkt der Diagnose bereits Metastasen vorhanden, besonders in den regionalen und entfernten Lymphknoten, in Knochenmark, Knochen, Leber, Haut, selten im Zentralnervensystem. Stadieneinteilung, Therapie, PrognoseDas International Neuroblastoma Staging System (INSS) unterscheidet zwischen folgenden Krankheitsstadien:
Die histologische Einteilung ("Grading") erfolgt nach Hughes, des Weiteren werden molekulargenetische Untersuchung des Tumormaterials durchgeführt. Therapie: Im Stadium 1 und 2 wird die alleinige operative Tumorentfernung angestrebt, in den höheren Stadien wird der Operation eine Chemotherapie vorgeschaltet. Im Stadium 4 kann bei ausgewählten Tumorlokalisationen zusätzlich eine Strahlentherapie angewandt werden. Im Anschluß erfolgt eine autologe Stammzelltransplantation mit vorheriger Kondititonierung durch eine Hochdosischemotherapie. Diese wird häufig mit einer MIBG-Therapie (Radiorezeptortherapie) kombiniert. Im Rezidivfall kommen die haploidente Stammzelltransplantation, die Antikörpertherapie und ggf. eine nochmalige MIBG-Therapie infrage. Zur Erhaltungstherapie stehen Retinsäurederivate und das Arsentrioxid zur Verfügung. Falls eine MYCN Amplifikation nicht festgestellt wurde, beträgt die 5-Jahres-Überlebensrate ca. 72%, falls ja, nur ca. 31%. Die Chance auf eine Spontanheilung ist im Gegensatz zu anderen Krebsarten sehr hoch. Im Stadium 2a sind in 50%, im seltenen Stadium 4 S sogar bei 80 % der Fälle Spontanheilungen zu erwarten [1] NeuroblastomscreeningAufgrund dieser stadienabhängigen Verschlechterung der Überlebensrate wurde intensiv nach verlässlichen Früherkennungmethoden gesucht. An der Kinderklinik in Graz wurde schließlich ein Neuroblastomscreening entwickelt und 1991 eingeführt. In den Jahren 1991 bis 1995 ergab sich bei 125.201 Erstanalysen nur ein einziges falsch-negatives Ergebnis; in 16 Fällen wurde eine Erkrankung festgestellt und rechtzeitig behandelt. Der Test war einfach und billig: Im Harn feststellbare Tumormarker - Vanillinmandelsäure (VMS) und Homovanillinsäure (HVS) - als Abbauprodukte von durch den Tumor selbst gebildeten Hormonen wurden in einem kombinierten Verfahren getestet, indem ein Teststreifen im Alter zwischen 7 und 12 Monaten von den Eltern in die Windel eingelegt wurde. Die Kosten für ein österreichweites Screening wären mit ca 350.000,- € extrem günstig und gleich hoch gewesen wie die intensivmedizinische Behandlung zweier fortgeschrittener Tumorerkrankungen. Dieses Screening konnte die Erwartungen nicht erfüllen, wie zwei im April 2002 im NEJM veröffentlichte unabhängige und wesentlich größere Studien zeigten. Weder im kanadischen Québec (siehe [2]) noch in 6 deutschen Bundesländern (siehe [3]) konnte durch das Screening gegenüber den Vergleichsgruppen eine Senkung der Sterblichkeit erreicht werden. Für die deutsche Studie wurden rund 1,5 Millionen Kinder mit dem genannten Urintest untersucht, um ein Neuroblastom frühzeitig zu erkennen. Etwa 150 Neuroblastome wurden in dieser Gruppe diagnostiziert und etwa 100 dieser Kinder wurden durch Operationen oder Chemotherapien behandelt. Ein Kontrollgruppe umfasste ca. 2,1 Millionen Kinder, bei denen nicht aktiv nach einem Neuroblastom gesucht wurde und die folglich nicht behandelt wurden, sofern kein Neuroblastom auf herkömmlichem Weg diagnostiziert wurde. Die Gesamtsterblichkeit konnte in der Gruppe, die am Screening teilgenommen hatte, gegenüber der Kontrollgruppe nicht gesenkt werden. Der Grund dafür ist, dass die Behandlungserfolge derjenigen Neuroblastome, die ohne Behandlung zum Tod geführt hätten, nicht größer waren als die Risiken bei der Behandlung - teils bis zum Tod der Patienten führend - derjenigen Neuroblastome, die sich ohne Behandlung von selbst zurückgebildet hätten. Die Mediziner, die diese Studie durchgeführt haben, raten deshalb beim gegenwärtigen Stand der Behandlungsmöglichkeiten von einem Screening nach Neuroblastomen ab. LiteraturWas leisten Tests zur Früherkennung von Klaus Koch; Erschienen in Spektrum der Wissenschaft Spezial - Krebsmedizin II; 2003
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Neuroblastom aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |