Um alle Funktionen dieser Seite zu nutzen, aktivieren Sie bitte die Cookies in Ihrem Browser.
my.bionity.com
Mit einem my.bionity.com-Account haben Sie immer alles im Überblick - und können sich Ihre eigene Website und Ihren individuellen Newsletter konfigurieren.
- Meine Merkliste
- Meine gespeicherte Suche
- Meine gespeicherten Themen
- Meine Newsletter
Natalizumab
Natalizumab (Handelsname: Tysabri®; Zulassungsinhaber in der EU: Élan Pharma Ltd; Vertrieb: Biogen Idec) ist monoklonaler Antikörper (mAb) und selektiver Hemmstoff für Adhäsionsmoleküle, die sich an der Oberfläche von weißen Blutzellen befinden. Es hemmt das Einwandern von weißen Blutzellen in Entzündungsherde und wird zur Behandlung besonders aggressiver Formen der schubförmig verlaufenden Multiplen Sklerose (MS) eingesetzt. Natalizumab wird auch als α4-Integrin-Inhibitor bezeichnet und ist ein IgG4-Antikörper. Natalizumab stand Anfang 2005 im öffentlichen Interesse, als das Medikament nur drei Monate nach seiner Erstzulassung in den USA aufgrund schwerer Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen wurde. Nach sorgfältiger Überprüfung der bislang behandelten Patienten wurde Natalizumab Mitte 2006 wieder zugelassen (siehe auch: «Geschichte»). Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
Klinische AngabenZugelassene Anwendungsgebiete (Indikationen)In der EU und in der Schweiz ist Natalizumab zur Behandlung von hochaktiver, schubförmig verlaufender MS bei folgenden Patientengruppen zugelassen:
Natalizumab darf nicht zusammen mit anderen Arzneimitteln eingesetzt werden, die auf das Immunsystem wirken. Die Zulassung in den USA enthält auch den Hinweis, Natalizumab nur bei Patienten einzusetzen, die auf eine vorherige Behandlung nicht angesprochen haben. Da diese Einschränkung in den USA jedoch nur Empfehlungscharakter hat, kann Natalizumab in den USA auch bei normal verlaufender schubförmiger MS als Ersttherapie verordnet werden. Bei der Behandlung von akuten MS-Schüben ist Natalizumab nicht wirksam.[1] Weitere mögliche AnwendungsgebieteNatalizumab wurde auch als Behandlung des Morbus Crohn, einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung, untersucht.[2] Einen entsprechenden Zulassungsantrag der Firma Elan hat der zuständige Ausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur jedoch im Juli 2007 wegen nicht ausreichender Daten zur Wirksamkeit abgewiesen.[3] In den USA empfahl ein Beratergemium der dortigen Arzneimittelbehörde (FDA) im Juli 2007, Natalizumab mit Einschränkungen zur Behandlung des Morbus Crohn zuzulassen. Natalizumab wurde ebenfalls bei rheumatoider Arthritis untersucht.[4] Die Ergebnisse einer Phase-II-Studie waren jedoch eher enttäuschend.[5] Dosierung, Art und Dauer der AnwendungDas Medikament wird alle vier Wochen in einer Dosis von 300 mg verdünnt über eine Stunde intravenös infundiert. Sollte sich nach 6-monatiger Behandlung kein Behandlungserfolg zeigen, ist die Fortsetzung der Behandlung zu überdenken. Es liegen keine Anwendungsdaten über einen Zeitraum von zwei Jahren hinaus vor. Daher sollte für eine Fortsetzung der Behandlung über zwei Jahre hinaus eine erneute Nutzen-Risiko-Abwägung vorgenommen werden. Gegenanzeigen (Kontraindikationen)
Wechselwirkungen mit anderen MedikamentenNatalizumab ist ein Antikörper und hat daher keine klassischen Wechselwirkungen mit chemischen Arzneistoffen. Eine begleitende Behandlung mit anderen Arzneistoffen, die auf das Immunsystem wirken oder zur Behandlung von Krebsleiden eingesetzt werden kann das Risiko schwerer Infektionen erhöhen und ist daher - bis auf eine kurze Behandlung von MS-Schüben mit Steroiden - zu vermeiden. Anwendung während Schwangerschaft und StillzeitNatalizumab darf nicht während der Schwangerschaft verwendet werden, es sei denn, dies ist eindeutig erforderlich. Wenn eine Frau unter der Behandlung mit Natalizumab schwanger wird, sollte ein Absetzen der Behandlung in Erwägung gezogen werden. Es ist nicht bekannt, ob Natalizumab beim Menschen in die Muttermilch übergeht, allerdings wurde dies in Studien bei Cynomolgus-Affen beobachtet. Daher sollten Patientinnen, die Natalizumab erhalten, nicht stillen. Besondere Patientengruppen
Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)Natalizumab wird allgemein gut vertragen. In einigen Fällen kann es zu Kopfschmerzen, Harnwegsinfektionen, Depressionen, leichten Atemwegsinfektionen, Müdigkeit, Glieder- und Gelenkschmerzen sowie Rachenentzündungen kommen. Progressive multifokale LeukenzephalopathieDie Behandlung mit Natalizumab führte bei zwei MS-Patienten zu einer schwerwiegenden Hirninfektion, der progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML). Die PML ist eine oft tödlich verlaufende neurologische Erkrankung. Sie wird durch das JC-Virus ausgelöst und tritt als opportunistische Infektion nur bei Patienten mit Immunschäche auf. Es existiert momentan keine wirksame Behandlung für die PML. Beide Patienten wurden vor Auftreten der PML zusätzlich mit einem Interferon-Beta behandelt.[6],[7] Einer der beiden betroffenen Patienten verstarb zwischenzeitlich. Zusätzlich wurde über einen weiteren Todesfall unter Natalizumab bei einem Morbus-Crohn-Patienten berichtet [8] . Bei allen drei PML-Fällen war eine Kombinationstherapie vorausgegangen, die das Immunsystem möglicherweise zu stark geschwächt hat. Derzeit sind keine Todesfälle bei Patienten bekannt, die ausschließlich mit Natalizumab behandelt wurden. Das Risiko einer PML wird auf etwa 1:1000 innerhalb von 18 Monaten Behandlung beziffert [9] Sonstige opportunistische InfektionenBei der Anwendung von Natalizumab traten auch Einzelfälle anderer opportunistischer Infektionen auf. Ein erhöhtes Risiko für andere opportunistische Infektionen kann bei Anwendung von Natalizumab derzeit nicht ausgeschlossen werden. ÜberempfindlichkeitBei der Infusion von Natalizumab kann es zu Überempfindlichkeitsreaktionen kommen, einschließlich schwerer systemischer Reaktionen. Diese Reaktionen traten gewöhnlich während der Infusion oder bis zu einer Stunde nach Infusionsende auf. Das Risiko einer Überempfindlichkeit war bei den ersten Infusionen am größten. Neutralisierende AntikörperNeutralisierende Antikörper gegen das Medikament wurde bei 6% der behandelten Patienten beobachtet. Das Auftreten der Antikörper kann bereits nach dem ersten Behandlungsjahr nachgewiesen werden und führt zur Wirkungslosigkeit von Natalizumab. Pharmakologische EigenschaftenWirkungsmechanismus (Pharmakodynamik)Natalizumab ist ein Antikörper gegen α4-Integrin. Integrine kommen auf der Oberfläche von weißen Blutzellen (Leukozyten) vor. Sie ermöglichen es den weißen Blutzellen an Bindungstellen auf der Gefäßwand «anzudocken». Entzündungen im Gewebe führen zu einer Einwanderung von weißen Blutzellen. Bei Immunkrankheiten wie der MS wirken die sonst sehr nützlichen Zellen häufig zerstörerisch. Natalizumab hemmt die Wanderungsbewegung der weißen Blutzellen durch die Gefäßwand in das entzündete Gewebe hinein und schützt so die Nervenzellen vor Attacken durch fehlgeleitete zerstörerische weiße Blutzellen. Dieses Wirkprinzip kann auch mit dem Auftreten der PML in Verbindung stehen, da Natalizumab die Bewegung von weißen Blutzellen auch dann verhindert, wenn diese einen Krankheitserreger, wie z.B. das JC-Virus, bekämpfen sollen.
Aufnahme und Verteilung im Körper (Pharmakokinetik)Nach Gabe von 300 mg Natalizumab werden maximale Blutkonzentrationen um 110 µg/ml beobachtet. Die durchschnittlichen Konzentrationen von Natalizumab in der Dauerbehandlung schwankten zwischen 23 µg/ml und 29 µg/ml. Die mittlere Halbwertszeit liegt bei 16 Tagen. Ein Auftreten von neutralisierenden Antikörpern erhöhte die Ausscheidung von Natalizumab circa um das Dreifache. ToxikologieEs wurden keine Fälle von Überdosierung berichtet. Es gibt kein spezifisches Antidot. Sonstige InformationenHerkunftNatalizumab wird aus einer Myelom-Zelllinie von Mäusen gewonnen und mittels rekombinanter Technologie humanisiert.[10] GeschichteNatalizumab wurde erstmals in den 1990er Jahren gewonnen. Während der klinischen Entwicklung führte es zeitweise den vorläufigen Handelsnamen Antegren®. Es wurde im November 2004 von der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA auf Grundlage mehrerer kleiner Studien sowie mit den 1-Jahresdaten der Phase-III-Studien AFFIRM[11] und SENTINEL[12] für die Behandlung von Patienten mit schubförmiger MS zugelassen. Üblicherweise wurden bis dahin MS-Medikamente nur nach einer zweijährigen Prüfung zugelassen. Natalizumab wurde dann im Februar 2005 nach nur drei Monaten vom Markt genommen worden, nachdem zunächst zwei, später drei PML-Fälle bekannt wurden. Zwei der Patienten verstarben; der dritte hat schwere Behinderungen erlitten. Eine Zulassung in Europa war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfolgt. Nach dem Rückruf wurden mehr als 3.000 Patienten nachuntersucht. Dabei wurden keine weiteren PML-Fälle entdeckt. Im März 2006 empfahl dann ein Beratergremium der FDA die Wiederzulassung von Natalizumab. Mitte 2006 kam Natalizumab in den USA wieder auf dem Markt und wurde auch in Europa zugelassen. Die Wiederzulassung eines Medikamentes nach einer solchen Rücknahme aus Sicherheitsgründen ist selten: es ist erst einmal zuvor vorkommen (2002: Alosetron). StudienIn der Phase-III AFFIRM Studie, die zur Zulassung von Tysabri® als Monotherapie geführt hat, konnten folgende Verbesserungen unter der Gabe von Tysabri® gezeigt werden:
Handelsnamen und Darreichungsformen
Tysabri® Konzentrat zur Herstellung einer Infusionslösung. Eine Durchstechflasche (15 ml) enthält 300 mg Natalizumab. Ein Milliliter Konzentrat enthält 20 mg Natalizumab. KostenEine Infusionseinheit (300 mg) kostet z.Zt. 2.260 € bzw. 3.000 SFr (Stand 28. August 2007). Literatur
Quellen
Kategorien: ATC-L04 | Arzneistoff | Antikörper |
|||||||||||||||||||||||||||||
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Natalizumab aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |