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Nähen (Medizin)



  Nähen bezeichnet in der Medizin die Form des Wundverschlusses, bei der ein Faden auf beiden Seiten einer klaffenden Wunde durch das Gewebe gestochen und anschließend verknotet wird. Es ist eine grundlegende und bis heute unverzichtbare Teildisziplin chirurgischer Behandlung.

Inhaltsverzeichnis

Aufgabe des Nähens

Verwundetes Gewebe verheilt am besten und schnellsten, wenn zusammengehörige Wundschichten spannungsfrei aneinander liegen. Eine Naht kann durch Verletzung oder Operation getrennte Wundflächen wieder zusammenführen und -halten. Die Naht ist insofern nur vorübergehend notwendig. Sie soll den Zeitraum überbrücken, bis durch Wundheilung eine belastbare biologische Narbe entstanden ist.

Materialien

Das Nähen ist eine historisch sehr alte Behandlungsform. Die wichtigsten Fortschritte wurden und werden bei den Materialien, das heißt den Nadeln und den Fäden gemacht. Verschiedene Aufgaben erfordern dabei verschiedene Nahtmaterialien. Früher hatte man beispielsweise Naturseide und Schafdarm (Catgut) als Nahtmaterial verwendet. Heute werden fast ausschließlich hochmoderne Kunststoffe eingesetzt.

Resorbierbare und nicht-resorbierbare Fäden

Zunächst unterscheidet man resorbierbare von nicht-resorbierbaren Fäden. Die Naht hat, wie oben beschrieben, immer nur eine zeitlich begrenzte Aufgabe und unnötig im Körper verbliebenes Nahtmaterial stellt ein Entzündungsrisiko dar. Deshalb werden zugängliche, nicht resorbierbare Fäden nach ausreichender Zeit entfernt. Man nennt dies "Fäden ziehen".

Für Bereiche, in denen man die Fäden zum Ziehen nicht erreichen kann, beispielsweise Nähte an inneren Organen oder im Unterhautfettgewebe, verwendet man daher Fäden, die vom Körper selbst abgebaut (resorbiert) werden.

Die Resorption ist nicht nur eine materialspezifische Eigenschaft, sondern auch eine Funktion der Zeit (Hyperbel). Die modernen Fäden werden durch die Anwesenheit von Körperwasser hydrolytisch gespalten. Die Größe der Oberfläche (und somit der Durchmesser) des Fadens spielen deshalb eine ebenso wichtige Rolle wie die Art des genähten Gewebes, dessen Feuchtigkeitsgehalt unterschiedlich ist.

Dicke und dünne Fäden

Dicke Fäden haben den Vorteil, große Kräfte aushalten zu können, da die Zerreißfestigkeit u.a. vom Querschnitt abhängt. So werden beim Nähen unter Zugspannung gerne dicke Fäden verwendet. Dicke Fäden hinterlassen aber nach dem Ziehen auch dicke Stichkanäle, die beispielsweise bei einer Hautnaht im Gesicht unschöne Narben verursachen können. Daher stellt die Industrie heute eine sehr große Palette verschiedener Fäden bereit, aus denen der operierende Arzt nach Aufgabenstellung und Erfahrung den jeweils geeigneten Faden wählt.

Monofile, geflochtene und pseudomonofile Fäden

Monofile (einfädige) Kunststofffäden sind wie Angelsehne wenig schmiegsam. Zwar gleiten sie beim Nähen gut durch das Gewebe, sind aber in der Handhabung störrisch und verhindern durch ihre glatte Oberfläche einen sicheren Knotenhalt.

Durch Flechten eines Fadens aus mehreren dünnen, vergleichbar dem Knüpfen eines Seils, entsteht ein sogenannter geflochtener oder polyfiler Faden, der wesentlich geschmeidiger, leichter zu knoten und dessen Knotensitz sicher ist. Solche Fäden sägen beim Gewebedurchtritt und ihre unverschlossenen Oberfläche wirkt wie ein Docht. So können Keime in den Körper eindringen und Infektionen begünstigen. Für Nähte im Gesicht gelten daher geflochtene Fäden nicht mehr als zeitgemäß. Für das Nähen beispielsweise der Unterhaut sind sie optimal.

Als Hybride bietet die Industrie sogenannte pseudomonofile Fäden an. Dabei handelt es sich um geflochtene Fäden mit den genannten Vorteilen bei der Handhabung, deren Oberfläche aber durch Ummantelung geglättet ist und so die Säge- und Dochtwirkung vermeidet.

Nadeln

Früher wurden Fäden oft als sterile, unter Flüssigkeit in Flaschen gelagerte Meterware geliefert und bei Bedarf in wiederverwendbare Nadeln mit einem Federöhr eingespannt, die aber nur annähernd den noch heute zum Nähen von Stoffen verwendeten ähnlich sind. Letztere besaßen nie ein offenes Federöhr.

Heute sind nur noch einmal verwendbare Nadel-Faden-Kombinationen üblich. Nadel und Faden bilden eine Einheit, der Faden ist unauswechselbar mit der Nadel verbunden. Außer dem geeigneten Fadenmaterial muss der Arzt aber auch noch eine geeignete Nadel auswählen, denn es gibt für jede Situation geeignete: große oder kleine, gerade, leicht oder stark gebogene, im Querschnitt runde oder dreieckige mit scharfen Kanten und vieles mehr.

Beim sogenannten atraumatischen Nahtmaterial ist das maximale Kaliber der Nadel mit dem des Fadens identisch und geht stufenlos ineinander über. Dadurch wird gewährleistet, dass der Faden den Stichkanal völlig ausfüllt und selbst bei Gefäßnähten kein Blut aus dem Gefäßinneren am Stichkanal austritt. Monofiles oder pseudomonofiles Nahtmaterial sind hierbei selbstverständlich. Besonders heikel bei Herstellung und Gebrauch ist das hohle Nadelende, welches den Fadenanfang umschließt. In aller Regel wird bei Gebrauch die Nadel im Nadelhalter in ihrem hinteren Drittel und nie im Bereich des Hohlöhrs eingespannt.

Spezielle Nahtformen

 

 

Der typische Standard ist die Einzelknopfnaht(A), bei welcher durch einen kreisförmige durchs Gewebe geführten Faden mit einem mehrfachen Knoten eine punktförmige Wundadaptation erzeugt wird. Lange Wunden benötigen daher mehrere. Aber das Vernähen langer Wunden kann auch mit einem fortlaufenden Faden geschehen, wobei verschiedene Fadenführungen möglich sind: überwendlig oder nur in einer Ebene hin und her. Um hierbei Hautaustrittskanäle zu vermeiden, entwickelte man die vollständig versenkte Intrakutannaht.

Spezielle Formen der Fadenführung erlauben Nähte unter Gewebespannung, so die vertikale Rückstichnaht (Donati-Naht, B). Durch abwechselnden jeweils nur einseitigen Hautausstich lässt sich hierbei die Zahl der Hautaustritte halbieren (Allgöwer-Naht, C). Die gepaarte andere Seite wird dabei nur intra- und subkutan gefasst.

Nadelhalter

Das frühere Führen der Nadel von Hand ist heute nicht mehr üblich. Heutzutage wird sie mit einer speziellen Metallklemme, dem Nadelhalter, von denen es zwei prinzipiell unterschiedliche Arten mit vielen Modifikationen gibt, durch das Gewebe gestochen und damit auch wieder herausgezogen. Das hat verschiedene Vorteile: Das Infektionsrisiko für den Operateur durch versehentliche Stichverletzungen ist geringer und es können kleinere Nadeln gefasst werden. Auch kann man so in tiefere Wundhöhlen eindringen. Mit Operationshandschuhen ist die Handhabung des Nadelhalters leichter als das Führen der Nadel von Hand.

Sogar das Knoten des Fadens kann in vielen Situationen mit dem Nadelhalter erfolgen. In anderen Situationen ist der von Hand vorgelegte und mit dem Finger in die Tiefe geführte Knoten unersetzlich.

Alternativen

Zum Nähen gibt es inzwischen eine Reihe von Alternativen. Keines dieser Verfahren erreicht aber die universelle Anwendbarkeit und Vielfalt des Nähens. Nach dem Aufwand sortiert kann man folgende nennen:

  • Pflasterzüge - sie nehmen die Kräfte auf, die eine Wunde klaffen lassen und ermöglichen so eine spannungsfreie Adaptation und Heilung. Naturgemäß werden solche Techniken ausschließlich äußerlich angewendet. Es gibt aseptisch produzierte Pflaster und sterile in einer luftdichten Verpackung (Steristrip als ältestes Beispiel sei hier stellvertretend genannt.).
  • Verkleben - Im Körperinnern kann man Nähte mit Fibrinkleber abdichten, großflächige Wundflächen auf gleiche Art versiegeln oder Defekte verschließen. Die Reißfestigkeit ist begrenzt. Deshalb werden so geklebte Defekte niemals sofort belastet, beispielsweise bei der Achillessehnenklebung nach Ruptur. Vorteilhaft ist, dass Fibrin als Eiweiß um- oder abgebaut wird, also kein Fremdkörper im Körper verbleibt. Synthetische Polyacrylkleber werden derzeit aufgrund unvermeidbar toxischer Monomere ausschließlich äußerlich angewendet, sehr elegant bei Hautwunden mit einem kosmetisch guten Resultat. Oberflächliche Klebungen werden bei der Hautregeneration abgestoßen.
  • Klammern (engl. staples) - Beim Klammern, "Tackern" oder "Stapeln" werden zum Verschluß von Hautwunden Metallklammern gesetzt, die von außen die Haut zusammenhalten, ohne sie zu durchbohren. Auch innerlich lassen sich Klammern verwenden, nur werden diese in der Regel nicht einzeln gesetzt, sondern es werden Klammernahtgeräte verwendet.
  • Klammernahtgeräte (Stapler) - Hohlorgane wie Speiseröhre, Magen, Dünn-, Dick- oder Mastdarm kann man mit solchen Spezialgeräten miteinander verbinden oder in einem Arbeitsgang durchtrennen und wieder zusammentackern. Auch wurden Stapler für Gefäßoperationen entwickelt, fanden aber keine bedeutende Akzeptanz.

Literatur

  • R. M. Kirk: Chirurgische Techniken. 3. erw. Aufl. Thieme Verlag, Stuttgart 1997, ISBN 3-13-619403-9
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Nähen_(Medizin) aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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