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Muskarinischer Acetylcholinrezeptor



  Muskarinische Acetylcholinrezeptoren auch muskarinerge oder Muskarinrezeptoren sind membranständige Rezeptoren, die im parasympathischen Nervensystem vorkommen und als Substrat den Neurotransmitter Acetylcholin (ACh) binden (Acetylcholinrezeptoren), aber auch von Muskarin aktiviert werden können. Diese Rezeptoren gehören zur Gruppe der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren.

Inhaltsverzeichnis

Reaktionsweg

Der Reaktionsweg bei Aktivierung des muscarinen ACh-Rezeptoren (M1, M3, M5) ist recht komplex und läuft über das Phosphoinositol-System (über PIP). Über ein G-protein (Gq) wird im ersten Schritt die membranständige Phospholipase C (kurz PLC) aktiviert. Der Angriffspunkt dieses Enzyms ist das Phosphoinositol (PI), ein Bestandteil der Zellmembran. Im Gehirn ist die Fettsäurezusammensetzung dieses Lipids ungewöhnlich einheitlich.

Die PLC spaltet von diesem Phospholipid das Inositoltriphosphat (IP3) ab, das ins Cytoplasma diffundiert. Das Diacylglycerin (DAG) verbleibt in der Membran. Im Cytoplasma setzt dann IP3 aus intracellulären Speichern des endoplasmatischen Reticulums Ca2+ frei, wodurch eine ganze Reihe von biochemischen Prozessen in Gang gebracht wird. An das membranständige DAG kann sich die Proteinkinase C anlagern. Dabei wird dann die katalytische Domäne des Enzyms freigelegt. Über eine Phosphorylierung von Zellproteinen mit Hilfe des ATP kommen dann weitere Mechanismen in der Zelle in Gang. Beide Systeme (IP3 und DAG) können sowohl unabhängig voneinander arbeiten als auch sich gegenseitig verstärken.

Der Reaktionsweg des M2- und M4-Rezeptors ist von den anderen verschieden. Über ein Gi-Protein (inhibitorisches) wird ein rezeptorgesteuerter Kaliumkanal aktiviert (Strom iKach). Hierdurch vergrößert sich die Kaliumleitfähigkeit. Eine erhöhte Kaliumleitfähigkeit hat eine Hyperpolarisation der Zelle zur Folge. (siehe Erregungsbildung in Zellen, Aktionspotenzial)

Aufbau

Der molekulare Aufbau des muskarinergen ACh-Rezeptor (mAChR) ist von dem des nicotinergen gänzlich verschieden. Er besteht aus einer zusammenhängenden Kette von etwa 400-500 Aminosäuren. Diese durchspannt die Zellmembran mit 7 Transmembrandomänen (TMs), die jeweils eine α-Helix-Struktur aufweisen (Heptahelikaler Rezeptor). Das aminoterminale Ende (N-Terminus) liegt außerhalb der Zelle (extrazellulär), das Carboxy-terminale Ende (C-Terminus) intrazellulär. Auf der cytoplasmatischen Seite ist der Rezeptor an ein GTP-bindendes Protein (G-Protein) gekoppelt, das verantwortlich für die weitere Signaltransduktion ist. Man ordnet ihn daher in die Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren ein. Wie auch beim nicotinergen ACh-Rezeptor exprimiert der Körper in verschiedenen Geweben unterschiedliche Isoformen (Subtypen) des Rezeptors, sie werden mit M1-M5 nummeriert, und weisen folgende Verteilung auf:

Die Rezeptoren sind in geringem Maße auch in anderen Geweben gefunden worden. Die Rezeptoren unterscheiden sich in ihrer Pharmakokinetik, d.h. sie können unterschiedlich gut durch verschiedene Pharmaka angesprochen werden (s.u.).

Funktion und medizinische Bedeutung

Aufgrund des weiten Vorkommens dieses Rezeptors ergeben sich eine Fülle von Funktionen.

M1-Rezeptor

Im Gehirn nimmt das Acetylcholin über den M1-Rezeptor Einfluss auf kognitive Fähigkeiten wie Lernen und Aufmerksamkeit. Gemeinsam mit dem nicotinergen Acetylcholinrezeptor wird der M1 für die halluzinogene Wirkung einiger Drogen verantwortlich gemacht. Die Betelnuss (aus Areca catechu) wird von vielen Menschen v. a. in Indien gekaut. Das darin enthaltene Parasympathikomimetikum Arecolin gelangt über die Blut-Hirn-Schranke ins Gehirn und übt dort die euphorisierende und halluzinogene Wirkung aus. Ebenfalls - wenngleich über einen entgegengesetzten Effekt - werden Stechapfel (Datura stramonii), Tollkirsche (Atropa belladonna) und Bilsenkraut (Hyoscyamus niger) des Hyoscyamins und Scopolamins wegen mißbräuchlich genutzt. Über die Basalganglien hat Acetylcholin Einfluss auf die Parkinson-Erkrankung. Hier ist es verantwortlich für die Positivsymptome (Ruhetremor, Muskelrigidität), dies jedoch nur, weil ein Dopaminmangel vorliegt, der zu einem relativen Acetylcholinüberschuss führt. Die Medikamente Benzatropin und Biperidin werden den Erkrankten gegeben, um M1-Rezeptoren im Striatum zu blockieren und somit das Leiden zu mindern.

M2-Rezeptor

Am Herzen ist er der Rezeptor (M2) des Nervus vagus und bewirkt über ein inhibitorisches G-Protein (Gi) eine Abnahme der Herzschlagfrequenz (negativ chronotrop) und eine Abnahme der Herzkraft (negativ inotrop). Hier wirken besonders das Muskarin (stimuliert den Rezeptor) und das Atropin bzw. Hyoscyamin (inhibieren den Rezeptor) speziell: Bei Aktivierung des M2-Rezeptors, kommt es zur Erhöhung der Kaliumleitfähigkeit. Damit kann mehr Kalium aus der Zelle in den Extrazellularraum. Hierdurch wird das Ruhepotential der Zelle weiter gesenkt und die Zelle weniger erregbar. Dieses Geschehen spielt sich im Sinus- und AV-Knoten des Herzens ab.

Das parasympathische System ist in der Lage, das sympathische System direkt zu hemmen. Grund hierfür sind M2-Rezeptoren, die auf der Oberfläche der sympathischen Neurone exprimiert sind und durch Stimulation über Acetylcholin aus parasympathischen Fasern hemmend wirken.

M3-Rezeptor

Kreislauf: Die Gefäßerweiterung besteht aus zwei Komponenten. Einerseits geht sie vom Endothel aus, hier über den M3-Rezeptor. Bei Aktivierung erfolgt die Synthese von NO. Andererseits auf Grund einer nervalen Komponente. M2-Rezeptoren sitzen direkt auf sympathischen Fasern, welche vom Parasympathikus aktiviert werden können. Dies führt zur Dämpfung des Sympathikus und damit zur Vasodilatation.

Das Sjögren-Syndrom ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Körperdrüsen angreift. Folge ist u.a. ein trockener Mund. Diesen Patienten kann mit Pilocarpin geholfen werden. Dieser Arzneistoff stimuliert besonders die M3-Rezeptoren. Aus diesem Grund wird er auch zur Diagnose der Mukoviszidose benutzt. Wegen durch die Krankheit bedingter mangelnder Na-Rückresorption und gleichzeitiger Stimulation der Schweißdrüsen zur Schweißproduktion, entsteht ein sehr natriumreicher Schweiß.

An den Genitalien bewirkt ACh über den M3-Rezeptor die Produktion von Stickstoffmonoxid (NO). NO wirkt als Vasodilatator, d. h. es kommt zur verstärkten Durchblutung und somit zur Erektion des Penis und der großen Schamlippen.

An den Bronchien wirkt Acetylcholin bronchospastisch, d.h. die Brochienmuskulatur (M3-Rezeptor) kontrahiert sich und verengt die Luftwege. Dies hat große Bedeutung beim Asthma bronchiale. Ipratropium ist ein Antagonist des mAChR und wirkt durch Inhalation broncholytisch, erweitert also bei einem Asthma-Anfall die Luftwege.

An den Belegzellen des Magens wirkt ACh an M3-Rezeptoren mit bei der HCl Sekretion.

Muscarinischer ACh-Rezeptor am Auge

Die Akkommodation des Auges, sowie die Größe der Pupillenöffnung werden ebenfalls über den muskarinergen ACh-Rezeptor eingestellt. Der Augenarzt benutzt Atropin, um die Pupillen zu vergrößern und den Augenhintergrund besser betrachten zu können (Ophtalmoskopie). Den gleichen Hintergrund hat auch der Gebrauch von Hyoscyamin unter dem Namen Belladonna. In der Vergangenheit haben Frauen sich den Saft der Tollkirsche in die Augen geträufelt, um große Pupillen zu bekommen und damit einem Schönheitsideal zu entsprechen. Carbachol und Pilocarpin, die beide den mAChR stimulieren, werden in der Winkelblockglaukom-Therapie angewandt, da durch die Verengung der Pupille der Abfluss des Kammerwassers durch den Schlemmkanal verbessert wird.

Muscarinischer ACh-Rezeptor am Herzen

 

Am Herzen befindet sich der M2-Rezeptorsubtyp, welcher durch den Parasympathikus angesteuert wird und am Herzen negativ dromotrop, negativ chronotrop und indirekt auch negativ inotrop wirkt. Dies wird über zwei Mechanismen erreicht.

1. Eine Hemmung der Adenylatcyclase über ein Gi-Protein und damit Senkung von cAMP. Hierdurch wird ein hemmender Einfluss auf if ausgeübt. Dies ist der Schrittmacherstrom, es handelt sich hierbei um den Na+-Einwärtsstrom am Anfang der Depolarisationsphase in Schrittmacherzellen des Herzens. Durch die Hemmung verzögert sich die Depolarisation der Zellen.

2. Acetylcholin aktiviert über den M2-Rezeptor ein G-Protein welches einen rezeptorgesteuerter Kaliumkanal aktiviert (Strom iKach). Hierdurch vergrößert sich die Kaliumleitfähigkeit. Eine erhöhte Kaliumleitfähigkeit hat eine Hyperpolarisation der Zelle zur Folge. Ursache ist die größere Anzahl von K+-Ionen, die jetzt aus der Zelle herausströmen. Damit wird das Ruhepotential negativer und entfernt sich vom Schwellenpotential. Dementsprechend ist die Zelle schwerer depolarisierbar.

Siehe auch

 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Muskarinischer_Acetylcholinrezeptor aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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