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Molekulare Uhr



Die molekulare Uhr wird in der Genetik benutzt, um den Zeitpunkt der Aufspaltung zweier Arten von einem gemeinsamen Vorfahren zu bestimmen, und um die Evolutionsdauer abzuschätzen. Je mehr Mutationen (Unterschiede in der DNA-Sequenz) entstanden sind, desto länger hat die Entwicklungszeit gedauert. Schwierig ist es, die Mutationsrate zu bestimmen und damit die Ganggeschwindigkeit der Uhr zu kalibrieren.

Die Technik der molekularen Uhr ist demnach ein wichtiges Werkzeug der Molekulargenetik, um die Organismen zu klassifizieren und Evolutionsereignisse zu datieren.

Der Begriff der molekularen Uhr wurde von Emile Zuckerkandl und Linus Pauling eingeführt. Ihnen fiel 1962 auf, dass die Aminosäuren des Hämoglobins immer unterschiedlicher wurden, je länger die getrennte Evolutionsdauer zweier Arten war. Sie verallgemeinerten, dass die Mutationsrate von beliebigen Proteinen während der Evolution zeitlich konstant sei und schufen damit eine molekulare Uhr.

Später bauten Allan Wilson und Vincet Sarich auf dieser Arbeit auf.

Ein erhöhter Selektionsdruck bedeutete eine größere Mutationsgeschwindigkeit im Erbgut und veränderte damit die Ganggeschwindigkeit der Uhr. Motoo Kimura beobachtete 1968, dass viele Mutationen zwar die DNA-Sequenzen ändern, aber sich nicht im Phänotyp auswirken (Neutrale Theorie) und somit nicht der Selektion unterliegen. Diese evolutionär ‚neutralen’ Unterschiede können zur Zeitmessung benutzt werden. Zur Kalibrierung benutzte man als Referenz Arten, bei denen der Zeitpunkt ihrer Aufspaltung durch Fossilfunde bekannt war.

Francisco J. Ayala listete 1999 fünf Faktoren auf, die die Ganggeschwindigkeit der molekularen Uhr beeinflussen:

  • Generationsdauer (je kürzer die Generationsdauer, desto schneller werden Mutationen fixiert)
  • Populationsgröße (je größer die Population, desto mehr Mutationen werden ausselektiert)
  • artspezifische Unterschiede
  • Funktion eines Proteins
  • Änderung der ‚natürlichen Selektion’ (Änderung der Auslesebedingungen)

Laut Ayala kommen Forscher auf sehr unterschiedliche Ergebnisse, abhängig von den verwendeten Organismen und Genen. Die verschiedenen molekularen Uhren gingen trotz genauerer Analyse und besserer Daten zu ungenau. Die Taktgeschwindigkeiten seien noch unverstanden.

Wen-Hsiung Li von der University of Chicago beschäftigt sich ebenfalls mit molekularen Uhren. Emmanuel Douzery von der Universität Montpellier stellte 2004 eine „entspannte“ molekulare Uhr vor, die besser kalibriert sei.

Literatur

  • Zuckerkandl, Emile and Linus Pauling (1962) Molecular disease, evolution, and genetic heterogeneity. In: Horizons in Biochemistry (V. Bryson and H. J. Vogels, eds.), 189--225, Academic Press, New York.
  • Zuckerkandl, Emile and Linus Pauling (1965) Evolutionary divergence and convergence in proteins. In: Evolving Genes and Proteins (V. Bryson, H.J. Vogel, eds.), 97-166, Academic Press, New York.
  • Sarich, Vincent M. and Allan C. Wilson (1967) Immunological time scale for hominid evolution. Science 158:1200-1203.
  • Kimura, Motoo (1968) Evolutionary Rate at the Molecular Level. Nature 217:624-626.
  • Ayala, Francisco J. (1997) Vagaries of the molecular clock. Proc. Natl. Acad. Sci. USA 94:7776-7783.
  • Ayala, Francisco J. (1999) Molecular clock mirages. BioEssays 21:71-75.
  • Douzery, Emmanuel J. P. and Frederic Delsuc, M. J. Stanhope, D. Huchon: Local molecular clocks in three nuclear genes: divergence times for rodents and other mammals, and incompatibility among fossil calibrations. J. Mol. Evol. 57:S201-S213.
 
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