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Membranöse Glomerulonephritis



Die membranöse Glomerulonephritis (membranöse Glomerulopathie, epimembranöse Glomerulonephritis, membranöse Nephropathie) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Nierenkörperchen. Als Ursache werden unter anderem Antikörper gegen Proteine der Podozyten angenommen, einer Zellschicht, die im Nierenkörperchen auf der Filtrationsmembran (glomeruläre Basalmembran) liegt.

Im Erwachsenenalter ist die membranöse Glomerulonephritis häufigste Ursache des nephrotischen Syndroms, das mit hohen Eiweißverlusten über den Urin, Wassereinlagerungen und Störungen im Stoffwechsel der Blutfette einhergeht.

Die Diagnose wird durch Nierenpunktion und feingewebliche sowie elektronenmikroskopische Untersuchung des gewonnenen Nierengewebes gestellt. Kennzeichnend ist die Ablagerung von Komplexen aus Antikörper und (unbekanntem) Antigen (Immunkomplexen) auf der Außenseite der glomerulären Basalmembran.

Der Verlauf der membranösen Glomerulonephritis ist sehr variabel, ca. ein Drittel der Fälle heilt spontan aus, ca. ein Drittel bleibt im Verlauf stabil und ca. ein Drittel führt zum chronischen Nierenversagen.

Die Behandlung erfolgt mit Medikamenten, welche das Immunsystem hemmen (immunsuppressive Therapie): Cortison, Cyclophosphamid, Chlorambucil, Cyclosporin und Mycophenolat-Mofetil.[1]

Inhaltsverzeichnis

Epidemiologie

In alten Nierenbiopsie-Statistiken war die membranöse Glomerulonephritis die häufigste Diagnose bei erwachsenen Patienten mit Proteinurie und nephrotischem Syndrom. Der relative Anteil membranöser Glomerulonephritiden an Nierenbiopsien hat in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen. Möglicherweise ist dies auf eine Zunahme der Fälle von fokal segmental sklerosierender Glomerulonephritis zurückzuführen.

Die membranöse Glomerulonephrtits kommt in allen ethnischen Gruppen und bei beiden Geschlechtern vor. Die idiopathische (= Ursache unbekannt) membranöse Glomerulonephritis ist allerdings bei Männern über 40 Jahren und weisser Hautfarbe häufiger. Bei jüngeren Frauen sollte bei membranöser Glomerulonephritis an eine Lupusnephritis gedacht werden. Bei Kindern ist die membranöse Glomerulonephritis seltener und häufig mit einer Hepatitis B assoziiert.

Pathologie

In der Lichtmikroskopie findet sich eine diffuse Verdickung der glomerulären Basalmembran in allen Nierenkörperchen (Glomeruli). Die Anzal der Zellen ist in den Nierenkörperchen nicht vermehrt. In frühen Stadien können die Glomeruli unauffällig erscheinen, in fortgeschritteneren Stadien finden sich an der Aussenseite (= der subepithelialen Seite) der Basalmembranen feine Ausziehungen, sogenannte Spikes. Bei weiterem Fortschreiten der Erkrankung kommt es zur Vernarbung (Sklerose) der Nierenkörperchen und Veränderungen von Nierenkanälchen (Tubuli) und Zwischengewebe (Interstitium) der Niere.

In der Fluoreszenzmikroskopie findet man feine körnelige Ablagerungen von IgG und C3 entlang der Basalmembran.

Die Elektronenmikroskopie zeigt elektronendichte Ablagerungen (Depots) an der Aussenseite (der subepithelialen) Seite der Basalmembran, eine Verschmelzung der darüber liegenden Fußfortsätze der glomerulären Deckzellen (Podozyten) sowie eine Verbreiterung der Basalmembran durch Ablagerung neu gebildeter extrazellulärer Matrix zwischen den Immundepots, den „Spikes“. Im Verlauf der Erkrankung werden die Immundepots schließlich vollständig von der Basalmembran umschlossen. Der Grad der Veränderungen der Basalmembran ermöglicht eine histologische (feingewebliche) Stadieneinteilung, die aber nicht mit der Schwere der Erkrankung oder dem Ansprechen auf Medikamente korreliert. (Stadieneinteilung auf pathopic)

Pathogenese

Aufgrund von Befunden, die an experimentellen Modellen erhoben wurden, vermutet man, dass sich die Immundepots an Stelle der Ablagerung (in situ) bilden. Dazu müssen IgG-Antikörper die Basalmembran passieren, und Antigene binden, die entweder an den Fußfortsätzen oder in deren Nähe exprimiert werden, oder aber aus dem Blutkreislauf an die Aussenseite der Basalmembran gelangt sind.

Tiermodell

Bereits 1959 gelang es Heymann, in Ratten eine membranöse Glomerulonephritis hervorzurufen, in dem er die Tiere mit einem Extrakt von Nierentubulus-Zellen in Freund´schem Adjuvans impfte. Als Zielantigene konnte zwischenzeitlich Megalin und ein mit Megalin assoziiertes Protein identifiziert werden, die in Membran-Einstülpungen von tubulären und glomerulären Epithelzellen, den Clathrin coates pits, exprimiert werden. Die Bildung von Immunkomplexen auf der Aussenseite der Basalmembran führt zur Komplement-Aktivierung. Dadurch werden die Podozyten geschädigt. Eine Störung des Zytoskeletts führt zum Verlust der Integrität der glomerulären Schlitzmembran. Dies wiederum führt zum Übertritt von Eiweiß in den Urin, zur Proteinurie. Zudem kommt es zu einer Überproduktion von Bestandteilen der Basalmembran, Kollagen IV und Laminin, und so zur Verbreiterung der Basalmembran.[2]

Vorgeburtliche (antenatale) membranöse Glomerulonephritis

Beim Menschen ist das Antigen, welches für die membranöse Nephritis verantwortlich ist, nicht bekannt - Megalin wird im menschlichen Glomerulus nicht exprimiert.

Beobachtung an der antenatalen membranösen Nephritis legen einen ähnlichen Pathomechanismus auch beim Menschen nahe: Im menschlichen Glomerulus exprimieren die Podozyten das Enzym neutrale Endopeptidase. Fehlt der Mutter aufgrund einer Mutation diese Enzym, kann es während der ersten Schwangerschaft zu einer Immunisierung der Mutter kommen, wenn der Fetus dieses Enzym in der Niere exprimiert. Bei einer zweiten Schwangerschaft können mütterliche Antikörper gegen neutrale Endopeptidase die Plazenta passieren und im Fetus eine membranöse Glomerulonephritis mit nephrotischem Syndrom hervorrufen. Einige Monate nach der Geburt verschwinden die mütterlichen Antikörper aus dem kindlichen Blut, die Immundepots in der Niere lösen sich auf, das nephrotische Syndrom heilt spontan aus.

Sekundäre membranöse Glomerulonephritis

In Fällen, bei denen die membranöse Glomerulonephtritis Folge einer anderen Erkrankung war, konnten Antigene in den Immundepots nachgewiesen werden: Doppelstrang-DNA bei Lupus erythematodes, Thyreoglobulin bei Thyreoiditis, Hepatitis B-Antigen, Treponema-Antigen und Helicobacter pylori-Antigen bei den entsprechenden Infektionen, sowie Carcinoembryonales Antigen und Prostataspezifisches Antigen bei Tumorerkrankungen.

Die Rolle der T Zellen

Neben Antikörpern sind auch T-Helferzellen an der Pathogenese der Glomerulonephtitiden beteiligt.

Th1-Helferzellen überwiegen bei Glomerulonephritiden, die mit einem vermehrtem Zellwachstum einhergehen, wie der rasch progressiven Glomerulonephritis. Bei der membranösen Glomerulonephritis überwiegen dagegen, wie bei der Minimal-Change-Glomerulonephritis, Th2-Helferzellen.

Ätiologie

In etwa 75% der Fälle von membranöser Glomerulonephritis wird keine Ursache gefunden (idiopathische membranöse Glomerulonephritis).

Für eine das Vorliegen einer sekundären membranösen Glomerulonephritis, die eine andere Erkrankung zur Ursache hat, sprechen:

  • Tubuloretikuläre Strukturen in den Podozyten, die durch Interferon alpha hervorgerufen werden, sprechen für einen Lupus erythematodes.
  • Immundepots auf der Innenseite der glomerulären Basalmembran (subendotheliale Depots) oder im Mesangium (Zwischengewebe des Nierenkörperchen) sprechen für das Vorhandensein zirkulierender Immunkomplexe im Blut gegen die in situ Bildung der Immundepots.
  • Immundepots an den Basalmembranen der Nierentubuli sind bei der idiopathischen membranösen Nephritis selten, bei sekundären Formen dagegen häufig.
  • Bei der idiopthischen membranösen Nephritis wird in den Immundepots vorwiegend Immunglobulin G vom Isotyp IgG4 gefunden, bei Lupus erythematodes IgG2, IgG3, IgA, IgM und Komplementfaktor C1q, bei Tumoren überwiegt IgG1 und IgG2.

Die Ursachen der sekundären membranösen Glomerulonephritis sind vielfältig:

Membranöse Glomerulonephritis und andere Nierenerkrankungen

Eine membranöse Glomerulonephritis wurde auch zusamen mit anderen glomerulären Nierenerkrankungen beschrieben.

  • Fokal-segmentale Glomerulosklerose: Möglicherweise sind die sklerotischen (narbigen) Veränderungen im Nierenkörperchen Folge der membranösen Nephritis oder eines erhöhten intraglomerulären Drucks. Sklerotische Läsionen in der Nierenbiopsie weisen auf eine fortschreitende Verschlechterung der Nierenfunktion und damit auf eine schlechte Prognose hin.
  • Diabetische Nephropathie: Möglicherweise enthalten die Immundepots Schweine-Insulin und Antikörper gegen Schweine-Insulin. Eine Besserung des nephrotischen Syndroms nach Umstellung auf humanes (menschliches) Insulin wurde beschrieben.
  • Rasch progressive Glomerulonephritis: In etwa 5% der Fälle kann eine membranöse Nephritis durch eine rasch progressive Glomerulonephritis überlagert werden.
  • Gelegentlich treten die histologischen Veränderungen einer membranöse Glomerulonephritis zusammen mit einer IgA-Nephropathie, einem Goodpasture-Syndrom oder einer Wegener-Granulomatose auf.

Klinik

Bei etwa 80% der Patienten besteht ein nephrotisches Syndrom mit unter Umständen erheblichen Wassereinlagerungen in den Geweben, Schwellungen von Beinen und Augenlidern, Gewichtszunahme und Abnahme der Urinausscheidung. Bei etwa 20% der Betroffenen besteht eine Proteinurie geringeren Ausmaßes ohne zusätzliche Symptome. Im Urinsediment werden häufig ovale Fettkörperchen, Fetttröpfchen und Fettzylinder angetroffen. Bei etwa 50% der Patienten besteht eine Mikrohämaturie, d.h. im Urin werden rote Blutkörperchen (Erythrozyten) nachgewiesen. Die Albuminurie führt zu einer einer Störung des tubulären Transportes, im Urin ist daher häufig Glukose trotz normaler Blutzucker-Werte nachweisbar (Glukosurie).

In der Blutuntersuchung findet sich meist eine Verminderung des Albumins und eine schwere Erhöhung der Blutfette (Hyperlipidämie)

Etwa 70% der Patienten haben bei Krankheitsausbeginn einen normalen Blutdruck und eine normale Nierenfunktion. Ein akutes Nierenversagen ist selten; Ursachen sind eine Hypovolämie durch zu aggressive Behandlung mit harntreibenden Substanzen (Diuretika), eine rasch progressive Glomerulonephritis oder der Verschluss der Nierenvene durch ein Blutgerinnsel (Nierenvenenthrombose).

Krankheitsverlauf und Prognose

Ohne Behandlung hat die Erkrankung hat einen relativ günstigen Spontanverlauf:

  • In 5 – 30% der Fälle kommt es zu einer Normalisierung der Proteinurie (Vollremission).
  • In 25 – 40% der Fälle sinkt die Proteinurie unter 2g pro Tag (Teilremission).
  • Allerdings ist nach 5 Jahren bei etwa 14% der Betroffenen ein vollständiger Verlust der Nierenfunktion (terminale Niereninsuffizienz) eingetreten, nach 10 Jahren bei 35% und nach 15 Jahren bei 41% der Betroffenen.

Risikofaktoren für einen ungünstigen Krankheitsverlauf

In Anbetracht des oftmals günstigen Krankheitsverlaufes und der unter Umständen gravierenden Nebenwirkungen einer Behandlung sollte eine immunsuppressive Therapie nur bei den Patienten begonnen werden, bei denen ein ein schweres nephrotisches Syndrom oder ein hohes Risiko für eine fortschreitende Verschlechterung der Nierenfunktion besteht.

  • Im Gegensatz zu anderen glomerulären Erkrankungen besteht keine Beziehung zwischen Ausmaß der tubulointerstitiellen Schädigung und Ansprechen auf eine Behandlung oder Geschwindigkeit des Nierenfunktionsverlustes.
  • Ein erhöhtes Risiko der Progression besteht bei
    • Männern, über 50 Jahren mit einer Proteinurie über 8g/Tag über mehr als 6 Monate und
    • Patienten mit erhöhtem Kreatinin bei Diagnosestellung.
  • Asiaten habe eine bessere Prognose als Angehörige anderer Ethnien.
  • Frauen, Kinder, junge Erwachsene, Patienten mit nicht-nephrotischer Proteinurie und normaler Nierenfunktion drei Jahre nach Krankheitsbeginn haben eine günstige Prognose.
  • Patienten mit medikamentös-induzierter membranöser Nephritis haben ebenfalls eine gute Prognose. Die Proteinurie kann allerdings bis zu einem Jahr nach Absetzen des auslösenden Medikamentes noch zunehmen und es können bis zu drei Jahre bis zu einer Normalisierung der Eiweißausscheidung vergehen.

Therapie

Die Behandlung erfolgt mit Medikamenten, welche das Immunsystem hemmen (immunsuppressive Therapie): Cortison, Cyclophosphamid, Chlorambucil, Cyclosporin und Mycophenolat-Mofetil.

Quellen

Literatur

  1. Peggy W.G et al.: „ Idiopathic Membranous Nephropathy: Outline and Rationale of a Treatment Strategy“. American Journal of Kidney Diseases 2005; 46: s. 1012-1029  [Artikel]
  2. Farquhar, MG: „The Heymann nephritis antigenic complex megalin (gp330) and RAP“. J Am Soc Nephrol 1995; 6: s. 35-47 [Abstract] [Artikel]
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Membranöse_Glomerulonephritis aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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