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Mehr-Generationen-Haus



Das Mehr-Generationen-Haus (auch Mehrgenerationenhaus geschrieben) bezeichnet ein Haus oder Gebäude, das generationenübergreifend als Wohnraum oder offener Treff genutzt wird. Je nach Ausgestaltung bezieht sich der Begriff auf:

  • eine generationenübergreifende Haus- oder Wohngemeinschaft, die als Ort für das freiwillige Zusammenleben mehrerer unabhängiger und verschieden alter Personen in einer sehr großen Wohnung oder einem Haus als langfristig angelegte Lebensform gewählt wurde. Es handelt sich dabei in der Regel um mindestens zwei separate Wohneinheiten. Allgemeine Räume wie Bad, Sauna, Gemeinschaftsküche, Hobbyräume, Atelier, Gästezimmer, evtl. Wohnzimmer und Gartenflächen werden dabei nach vereinbarten Regeln gemeinsam genutzt. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Es kann sich dabei um eine reine Wohn- oder Zweckgemeinschaft handeln bis hin zu einer Form des Zusammenlebens von gemeinsam wirtschaftenden nicht verwandten Personen, um so den einzelnen und gemeinsamen Lebensunterhalt zu sichern.
  • offene Treffpunkte, an denen sich Angehörige verschiedener Generationen begegnen, austauschen und sich gegenseitig unterstützen. Seit 2003 bezeichnet der Begriff in Deutschland auch einen offenen Tagestreffpunkt mit einem familienorientierten, vor allem auf Selbsthilfe oder Ehrenamt beruhenden Angebot an Aktivitäten und Dienstleistungen; in diesem Sinne vereinen Mehrgenerationenhäuser häufig die Leistungen von Mütter- oder Familienzentren, Begegnungsstätten, Kindertagesstätten und Seniorentreffpunkten zu generationenübergreifenden Angeboten.

Beiden Bedeutungen ist gemeinsam, dass sie auf dem Wunsch basieren, das Miteinander und die gegenseitige Unterstützung von Jung und Alt neu zu beleben. Oft wird als Bezugspunkt in diesem Zusammenhang das Zusammenleben in Großfamilien genannt, in denen der Alltag von mehreren Generationen gemeinsam gemeistert wird.

Inhaltsverzeichnis

Mehr-Generationen-Haus als gemeinsames Wohnen

Das Mehr-Generationen-Haus orientiert sich am örtlichen Bedarf von konkret gemeinsam planenden Personen und ist meistens offen, weitere Personen einzubeziehen. Kristallisationskern kann dabei eine vorhandene Wohngemeinschaft, gemeinsame religiöse oder philantropische Überzeugung oder auch die Abgrenzung zu Männern sein. Die Generationen bieten sich wechselseitig selbst Dienstleistungen wie Teile der Haushaltsführung, Kinder- und Seniorenbetreuung an. Der Grad der Verbindlichkeit des Service kann frei vereinbart werden. Als Architektenmodell wurde es bereits mehrfach in Berlin und der Schweiz umgesetzt.[1] In der Planungsphase treffen einander bis dahin unbekannte Interessenten, die unter einander genaue Absprachen mit dem vermittelnden Architekten treffen. Bauträger können gewerbliche Anbieter oder die privaten Selbstnutzer sein.

Die körperliche Altenpflege oder die komplette Kindererziehung (1. bis 5. Lebensjahr) ist üblicherweise nicht Bestandteil der Vereinbarungen. Allerdings hoffen viele Beteiligte, dass sie durch ihr Engagement die Notwendigkeit der Inanspruchnahme professioneller Altenpflege oder Kinderpädagogik deutlich hinausschieben und evtl. sogar vermeiden können. Hintergrund ist der hohe Anteil ehrenamtlicher Altenpflege in den jetzt noch oft in einem Haus zusammen lebenden Zwei-Generationen-Familien (jedoch mit zwei getrennten Haushalten). Dieser Anteil wird als Hinweis auf die Machbarkeit gesehen. Hierin unterscheidet sich das Modell auch vom Betreuten Wohnen, das auf eine altenpflegerische Rund-um-die-Uhr-Betreuung zielt. Ähnliches gilt entsprechend für die vielen weitgehend privat betriebenen Kinderkrippen.

Verschiedene Modelle dafür gibt es u. a. in Deutschland, Österreich und der Schweiz.[2]

Mehrgenerationenhaus als Tagestreffpunkt

Das Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser des Bundes

Das Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser hatte seinen Ursprung in Niedersachsen. Dort initiierte Ursula von der Leyen als niedersächsische Familienministerin die Förderung von Mehrgenerationenhäusern im Sinne offener Nachbarschaftstreffpunkte. In solchen Häusern sollen familienorientierte Aktivitäten und Dienste für Jung und Alt vor allem ehrenamtlich angeboten werden. Darüber hinaus sollen sie das Miteinander der Generationen und die Hilfe zur Selbsthilfe fördern. Träger eines solchen Hauses kann die Kommune, eine Kirchengemeinde oder ein freier Träger wie ein Verein oder ein Sozialverband sein.

Nach Ursula von der Leyens Wechsel in das Amt der Bundesfamilienminister initiierte sie das Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser auf Bundesebene. Die erste Ausschreibungsphase des Aktionsprogramms Mehrgenerationenhäuser wurde im Herbst 2006 abgeschlossen. In dieser ersten Phase wurden 200 Häuser ausgewählt, die bis zum Frühjahr 2007 ihre Arbeit im Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser aufnahmen. Am 16. April 2007 startet die zweite Bewerbungsphase. Bis Ende 2007 soll bundesweit in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt ein Mehrgenerationenhaus seine Arbeit aufnehmen. Hierzu werden der jeweiligen Einrichtung für die Dauer von fünf Jahren Zuschüsse in Höhe von 40.000 Euro pro Jahr und Einrichtung gewährt.

Ziele des Aktionsprogramms

Ziel des Aktionsprogramms Mehrgenerationenhäuser ist es, überall in Deutschland offene Tagestreffpunkte entstehen zu lassen und zu fördern, an denen sich die Generationen in alltäglichen Situationen begegnen und gegenseitig unterstützen. Sie sollen den Austausch der Generationen fördern, die Weitergabe von Alltags- und Sozialkompetenzen zwischen Jung und Alt gewährleisten und so auch die Chancen und Potenziale des demografischen Wandels für die Gesellschaft erschließen. Voraussetzung um ein Mehrgenerationenhaus im Aktionsprogramm des Bundes zu werden sind ein Angebot zur Kinderbetreuung und ein offenes Cafe. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal des Bundesprogramms gegenüber ähnlichen regionalen Aktionen ist der starke Fokus auf familiennahe Dienstleistungen. Diese Dienstleistungen können vom Einkaufsservice für ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger über Essensangebote und Putzhilfen bis zur Vermittlung von Betreuungsangeboten reichen. Ein weiterer Schwerpunkt des Bundesprogramms ist die Förderung freiwilligen Engagements (Ehrenamt) - gleichberechtigt neben professionellen Kräften. Mehrgenerationenhäuser sind daher nicht nur Orte der Begegnung, sondern bieten den Menschen in der Region kostengünstige Dienstleistungen für die Unterstützung im Alltag.

Die finanzielle Förderung

In Niedersachsen beteiligt sich das Land an der Finanzierung für jedes Mehrgenerationenhaus mit rund 40.000 Euro pro Jahr für eine Dauer von 5 Jahren. Die Investitions- und Betriebskosten der Mehrgenerationenhäuser werden dort von den Kommunen oder den Trägern übernommen. Auch im Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser des Bundes stehen 40.000 Euro pro Jahr für eine Dauer von 5 Jahren zur Verfügung. Nach dieser Förderphase sollen die einzelnen Häuser sich durch Dienstleistungen oder Sponsoren selbst finanzieren können.

Beispiele

Mehrgenerationenhaus München

Seit dem 7. Februar 2007 ist das Mehrgenerationenhaus "Unter den Arkaden" in München eins von bisher 200 Mehrgenerationenhäusern im „Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser“ der Bundesregierung. Zu dem Angebot gehören ein Bewohnertreff, das Mütterzentrum, sozialpädagogische Lernhilfen (LernZiel), das Patenprojekt "Nordlicht" und ein Beratungs- und Qualifizierungsprojekt für Migrantinnen (Integra.net). Träger der Einrichtung ist das Euro-Trainings-Centre, das seit 1996 als gemeinnütziger Verein tätig ist, und die AG-Buhlstraße e.V., ein sozialer Verein, der mit dem Betrieb seinen Einrichtungen einen wichtigen Beitrag zur sozialen und kulturellen Infrastruktur im Münchner Norden leistet. Das Mehrgenerationenhaus schafft einen Treffpunkt für Menschen unterschiedlichen Alters, die in den umliegenden Wohngebieten leben. Der Bewohnertreff lebt von der Mitarbeit der Menschen am Harthof. Männer, Frauen und Kinder können im Rahmen der Möglichkeiten des Bewohnertreffs mitarbeiten und ihr persönliches Wissen, ihre Fähigkeiten, Neigungen und Erfahrungen einbringen. Durch ihre kreative Mitarbeit bestimmen die Besucher und bürgerschaftlich engagierten Kräfte die Vielfalt und Individualität des Angebotes. Ziel der Einrichtung ist es, Kontakte zu fördern. Der Bewohnertreff ermöglicht den Besucherinnen und Besuchern, ein soziales Netz aufzubauen und wirkt somit der Isolation in der Großstadt entgegen. Das angeschlossene Mütterzentrum ist ein in Selbsthilfe organisierter, öffentlicher Treffpunkt für Familien mit Kindern. Es setzt sich für die Verbesserung der Lebensqualität von Frauen, Kindern und Familien ein und bietet generationenübergreifende nachbarschaftliche Dienstleistungen an.

Frauenräume in Celle

Der Verein Frauenräume in Celle hat als gemeinnütziger eingetragener Verein mit rund 80 Mitgliedern 2001 ein von der Stadt Celle mietfrei zur Verfügung gestelltes Gebäude eröffnet und seitdem als gemeinsames Haus für Frauenverbände, -gruppen und seit Dezember 2005 als Mehrgenerationenhaus genutzt. Zum Angebot gehören: Offener Treff im Bistro (täglich von 9 bis 16 Uhr), Kinderzimmer, Spielplatz, Lesezimmer, Büronutzung für Mitglieder, Freizeit- und Kulturveranstaltungen, Selbsthilfegruppen, Bildungsangebote und Ausstellungen.

Freier Immobilienmarkt

Der private Wohnungsbau hat das "Bestens sanierte Mehrgenerationenhaus" und ähnliche Schlagworte als verkaufsförderndes Argument auch im Segment Altersvorsorge entdeckt.

Mainz-Finthen

Das Mehrgenerationenhaus im Römerquellen-Treff ist eine Fortsetzung des Projekts Soziale Stadt, das in Mainz-Finthen ein "öffentliches Wohnzimmer", für Kinder und Jugendliche, Familien oder auch ältere Menschen beinhaltet. Ein wichtiges Ziel soll auch ein niederschwelliges Angebot für die Bewohner vor Ort sein, die an Demenz leiden.

Das Generationenhaus Stuttgart-Heslach

Das Generationenhaus Heslach arbeitet nach einem Konzept, das fünf Einrichtungen verbindet:[3] das Pflegezentrum des Eigenbetriebs leben & wohnen, das Mütterzentrum Stuttgart-Süd e.V. (ein Familien- und Nachbarschaftszentrum), das Initiativenzentrum als Koordinationsstelle für Vereine und Initiativen, die eigentliche Wohninitiative WABE e.V. und als Mieter ein gewerbliches Dienstleistungszentrum (mit Bank, Läden, Friseursalon, Eiscafé, Diakoniestation sowie Krankengymnastik- und Arztpraxen). Es wurde auf dem Gelände einer abrissbedürftigen Kindertagesstätte als neue fünfgeschossige Blockrandbebauung mit Innenhöfen errichtet. Neben der Stadt trägt vor allem die Rudolf Schmid und Hermann Schmid Stiftung zur Finanzierung bei.

Das Generationenhaus Stuttgart-West

Im Generationenhaus Stuttgart-West sind vier Einrichtungen unterschiedlicher Träger vertreten: Betreutes Wohnen im Generationenhaus West des Wohlfahrtswerks für Baden-Württemberg, das Eltern-Kind-Zentrum Stuttgart-West e.V., Freie Altenarbeit e.V., Tageseinrichtung für Kinder der Stadt Stuttgart. Der Stuttgarter Westen besaß zwei familienpolitische „Schätze“: das Familienselbsthilfeprojekt „Eltern-Kind-Zentrum“, erstes Mütterzentrum in Baden-Württemberg, UN Preisträger und Inbegriff lebendiger Nachbarschaftskultur, das aus allen Nähten platzte, und den Verein „Freie Altenarbeit“, einen innovativen Träger ganzheitlicher Altenpflege. Als die Stadt Stuttgart sich entschloss, diese Akteure zusammenzubringen, und die Stadtverwaltung sich auf einen partizipativen Planungsprozess einließ, war das Projekt geboren. [4] Neben der Stadt trug vor allem die Rudolf Schmid und Hermann Schmid Stiftung zur Finanzierung bei.

Mehrgenerationenhäuser in Rostock

In der Hansestadt gibt es in mehreren Stadtteilen eine Einrichtung dieser Art (z.B. in der KTV). Diese gingen teilweise aus "Stadtteil- und Begegnungszentren" hervor (z.B. Evershagen), was deren Wesen eher weniger beeinflusste, durch das Förderprogramm jedoch einen Ausbau bzw. den Erhalt von Angeboten ermöglichte.

Mehrgenerationenhaus Weinheim/Bergstraße

Das Mehrgenerationenhaus Weinheim/Bergstraße ist eine Gemeinschaftsinitiative des Programmträgers Integration Central, der städtischen Kita Kuhweid und des Stadtjugendrings Weinheim. Die Kindertagesstätte Kuhweid soll mit den Projekten der Begegnungsstätte, der Mobilen Jugendarbeit und den vielfältigen Kultur- und Sportinitiativen im Hause sowie den Projekten zur Integration, Sprach- und Bildungsförderung und Elternaktivierung von Integration Central zu einer „neuen Qualität“ zusammen wachsen. Die Gemeinschaftsinitiative Mehrgenerationenhaus Weinheim/Bergstraße will mit diesem Projekt im Rahmen des Programms des Ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einen deutlichen Schwerpunkt auf die Themen Integration, Bürgerschaftliches Engagement, soziale Verantwortungsgemeinschaft und Elternaktivierung legen.

Siehe auch

  • Baugenossenschaften
  • Betreutes Wohnen
  • Hausgemeinschaft, Haushalt, Cohousing, Wohnprojekt, Wohngemeinschaft, Kommune
  • Mietrecht
  • Nachbarschaftsheim
Formen
  • Aegidienhof Lübeck
  • Genova Wohngenossenschaft Vauban eG in Freiburg
  • Kommunalkas in der ehemaligen Sowjetunion
Unterscheidung zu

Das Mehr-Generationen-Haus ist zu unterscheiden von den soziologischen Begriffen

  • Mehrgenerationenhaushalt - In einem Haushalt wirtschaften verschiedene Generationen einer Familie.
  • Mehrgenerationenfamilie - In einer Familie sind mehrere Generationen gleichzeitig am Leben; nicht unbedingt in einem Haushalt oder an einem Ort.

Das Mehr-Generationen-Haus bezieht sich zunächst nicht auf eine Familie.

Literatur

  • Astrid Barsuhn: Mehrgenerationenhäuser. Planen und Bauen: Wohnen unter einem Dach. 2006, Blottner, 128 Seiten, ISBN 3893676414
  • Bertelsmann Stiftung/Kuratorium Deutsche Altershilfe (Hrsg.): Leben und Wohnen im Alter, Band 6: Ambulant betreute Wohngruppen - Arbeitshilfe für Initiatoren. Gütersloh/Köln 2006, 100 Seiten, ISBN 3-935299-88-5
  • Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) (Hrsg.): Betriebskonzepte von Hausgemeinschaften. Ein Erfahrungsaustausch. Reihe BMGS Modellprojekte (Band 15). Kuratorium Deutsche Altershilfe, Köln 2004.
  • Dörte Fuchs, Jutta Orth: Umzug in ein neues Leben. Wohnalternativen für die zweite Lebenshälfte. 2003, 271 Seiten, Verlag Kösel, ISBN 3466306256
  • Gabriele Gerngroß-Haas: Anders leben als gewohnt. Wenn verschiedene Frauen unter ein Dach ziehen. 2005, Verlag Helmer, 159 Seiten, ISBN 3897411695.
  • Bettina Rühm: Unbeschwert wohnen im Alter. Neue Lebensformen und Architekturkonzepte. 2003, DVA, ISBN 3421034346
Zeitschriften
  1. Michael Brüggemann: Familien-Baukasten - Mehrgenerationenhaus in Darmstadt. In: Deutsche BauZeitschrift (DBZ) 54:8, 2006, auch online.
  2. Zum Beispiel Birgit Sommer: Palmenhof inn Heidelberg. Umnutzung eines 50er-Jahre-Mehrfamilienhauses in barrierefreie Appartments in privater Regie. In Rhein-Neckar-Zeitung vom 1. Dez. 2006, S. 7. Da bereits Behinderte mit einziehen, schließt das Konzept Unterstützung des ehrenamtlichen Miteinanders durch ambulanten Pflegedienst von Anfang ein.
  3. Basisinformationen zum Generationenhauses Heslach
  4. http://www.generationenhaus-west.de/01-02-geschichte.htm
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Mehr-Generationen-Haus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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