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Maligne Hyperthermie
Die maligne Hyperthermie ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die in den meisten Fällen als Komplikation einer Narkose in Erscheinung tritt. Durch die Wirkung von auslösenden Substanzen, sogenannten Triggersubstanzen, die während einer Narkose verabreicht werden, wird bei entsprechender Disposition eine metabolische Entgleisung mit Hypermetabolismus und unkontrollierter Calcium-Freisetzung der Skelettmuskulatur ausgelöst. Durch eine konsequente Therapie kann eine maligne Hyperthermie wirksam behandelt werden. So konnte in der Vergangenheit die Sterblichkeit (Letalität) von 90 % auf unter 5 % gesenkt werden.[1] Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
KlinikDie maligne Hyperthermie ist ein Notfall, der eine intensivmedizinische Versorgung erfordert. Es werden zwei Verlaufsformen unterschieden, die fulminante maligne Hyperthermie und die weniger dramatisch verlaufende sogenannte abortive maligne Hyperthermie. Die fulminante maligne Hyperthermie entwickelt sich krisenhaft rasant. Ein erstes akutes Indiz kann eine deutliche Erhöhung der expiratorischen CO2-Werte in der Atemgasanalyse des üblichen Narkose-Monitorings sein. Im Verlauf tritt dann ein generalisierter Rigor (Leitsymptom: Masseterspasmus nach Succinylcholingabe) auf, der innerhalb von Minuten von Tachykardie, Hyperkapnie (pCO2 > 60 mm Hg), Hypoxämie sowie einer respiratorischen und metabolischen Azidose begleitet wird. Erst als Spätsymptom entwickelt sich ein rapider Temperaturanstieg, die Hyperthermie. Im weiteren Verlauf kommt es durch die fortbestehende sympatho-adrenerge Überstimulation sowie durch Hypoxie und Azidose zu einer zunehmenden Kreislaufdepression mit reflektorischer Erhöhung des Herzzeitvolumens, Tachykardie, Blutdruckabfall und myokardialer Ischämie. Sekundär treten Rhabdomyolysen, Hyperkaliämie, Nierenversagen, Hirnödem und eine Verbrauchskoagulopathie auf.[1] Die abortive maligne Hyperthermie beginnt schleichender, oft erst Stunden nach der Triggersubstanzexposition. Diese Form der malignen Hyperthermie ist wesentlich häufiger; vereinzelt sollen solche Patienten lediglich durch die Rhabdomyolyse auffallen, wenn sich der Urin nach einer Narkose dunkelbraun verfärbt. TriggersubstanzenAuslösende Triggersubstanzen sind volatile Inhalationsanästhetika und depolarisierende Muskelrelaxantien (Suxamethonium). Allen anderen in der Anästhesie verwendeten Mitteln wird keine Triggerwirkung zugeschrieben. In wenigen Einzelfällen wurden auch Drogenkonsum und schwere psychischen Belastungssituationen als Auslöser beschrieben.[1] TherapieFür die spezifische Therapie der malignen Hyperthermie ist nur das Medikament Dantrolen zugelassen. Die Therapie muss so früh und konsequent wie möglich vor Ort eingeleitet werden und umfasst neben kreislaufunterstützenden Massnahmen insbesondere [2]:
Wenn nicht schon vorhanden und die Venenverhältnisse es ermöglichen, sollten zügig großlumige Gefäßzugänge gelegt werden. Dieses Vorgehen erleichtert rasche Gabe von Infusionen und Medikamenten. Zur Überwachung gehören die Verläufe von Blutgasanalyse, Elektrolyten, CK, Myoglobin und Laktat und die kontinuierliche Kontrolle der Kerntemperatur. Eine Kühlung/Spülung mit stark unterkühlter („kühlschrankkalten“) Infusionslösungen, evtl. Kühlung der Körperhöhlen (Blase, Magen) ist nur bei tatsächlicher Erhöhung der Körpertemperatur angezeigt. Eine Fehldiagnose mit versehentlicher Gabe von Dantrolen wird (besonders in Hinblick auf die Bedrohlichkeit der malignen Hyperthermie) als harmlos bewertet. Da Dantrolen ein Muskelrelaxans ist, muss die Beatmung weitergeführt werden. Andere Komplikationen sind nicht beschrieben. Narkose bei bekannter maligner HyperthermieBei Verdacht auf eine Disposition muss eine triggersubstanzfreie Narkose durchgeführt werden (z. B. Injektionsnarkotika, keine Suxamethonium zur Intubation). Im Rahmen der Prämedikation sollte auf ausreichende Sedierung geachtet werden. Volatile Anästhetika, die in Verdacht stehen eine maligne Hyperthermie auszulösen, dürfen also keinesfalls verwendet werden. DiagnostikSeit den 70er Jahren steht mit dem "In-vitro-Kontraktur-Test" (IVCT) ein Verfahren zur Diagnose und Vorhersage einer Malignen Hyperthermie zur Verfügung[4][5], dessen hohe Sensitivität und Spezifität bei Patienten mit Dispositionsverdacht hinreichend gut belegt sind.[6] Bei diesem Test wird eine Muskelbiopsie des Patienten in vitro steigenden Konzentrationen von Koffein und Halothan ausgesetzt, was bei vorhandener Hyperthermie-Neigung zu einer vermehrten Kontraktur führt. Ergänzend kann eine molekulargenetische Diagnostik durchgeführt werden.[1] Patienten mit so nachgewiesener Hyperthermie-Neigung erhalten eine Warnkarte über ihre Disposition oder einen Eintrag in ihren Anästhesieausweis. Epidemiologie und GenetikDie Prävalenz der Disposition soll unabhängig von Rasse, Geschlecht und Alter bei etwa 1:10000 liegen. In Deutschland wird die Dispositionsprävalenz auf etwa 1:60.000 bis 1:80.000 geschätzt.[7] Die Inzidenz liegt bei etwa 1:50.000-100.000 Narkosen, wird aber von einigen Autoren auch deutlich höher angegeben.[8] Der Disposition liegt genetisch liegt in den meisten Fällen eine Mutation des einen Ryanodin-Rezeptor kodierenden RYR1-Gens zugrunde. Dieser Rezeptor spielt im Muskel eine Schlüsselrolle bei der elektromechanischen Kopplung[9]. RYR1-Mutationen sind auch an der Entstehung der Central-Core-Myopathie beteiligt, einer Muskelerkrankung, die einen Risikofaktor für die Entwicklung einer malignen Hyperthermie darstellt[10]. Tatsächlich weisen Patienten mit Central-Core-Myopathie eine besonders ausgeprägte Reaktion im In-vitro-Kontraktur-Test auf [11]. Einzelnachweise
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Maligne_Hyperthermie aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |