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Makroevolution



Makroevolution bezeichnet einen Evolutionsvorgang, der oberhalb der Art-Ebene stattfindet. Von der Makroevolution ist die Mikroevolution zu unterscheiden, die für Veränderungen innerhalb einer Art verantwortlich gemacht wird.

Evolutionsbiologen fassen unter dem Begriff "Makroevolution" Mechanismen zusammen, durch die neue höhere Taxa wie Gattungen, Familien, Ordnungen, Klassen oder Stämme entstehen, neue Anpassungszonen besiedelt werden oder Neubildungen wie die Flügel bei Vögeln oder die Beine bei landlebenden Wirbeltieren (Tetrapoden) auftreten.

Im Gegensatz dazu stehen die Vorgänge der Mikroevolution, die z. B. dazu führen, dass sich getrennte Populationen einer Art genetisch so auseinander entwickeln, dass sie zunächst Unterarten, bzw. getrennte Populationen, bilden und im weiteren Verlaufe eigene Arten ausbilden (siehe Artbildung).

Inhaltsverzeichnis

Verwendung

Traditionelle Evolutionsbiologen gehen davon aus, dass die Vorgänge der Makroevolution nach den gleichen Prinzipien wie die der Mikroevolution ablaufen, es sich bei der Makroevolution also nur um eine Art Fortsetzung der Prozesse der Mikroevolution im größeren Maßstab handelt. Nur findet die Makroevolution im Gegensatz zur Mikroevolution meist in nicht überschaubaren Zeiträumen statt. Alternativ haben einige Biologen (darunter Richard Goldschmidt) versucht, die Phänomene der Makroevolution mit größeren Mutationssprüngen zu erklären.

Die Erforschung der Makroevolution ist ein eigenes interdisziplinäres Forschungsgebiet an dem neben Biologen auch Wissenschaftler aus vielen verschiedenen Fachrichtungen mitarbeiten. So liefern z. B. Geologie, Stratigrafie und Geochemie Datierungen für das erste Auftreten von neuen Arten. Es werden regelmäßig neue Aufsätze und Bücher zu diesem Themengebiet verfasst. Auch gibt es eine Reihe von Symposien, auf denen neue Erkenntnisse zur Makroevolution ausgetauscht werden: Macroevolution in the 21st Century.

Forschungresultate und Hypothesen

Wichtige Bedeutung für die Makroevolution, soweit sie mit größeren Änderungen des grundlegenden Morphologie der jeweiligen Organismen verbunden ist, haben die Hox-Gene. So konnte anhand von Experimenten mit der Fruchtfliege und dem Salinenkrebs gezeigt werden, dass durch vergleichsweise einfache Mutationen innerhalb der Hox-Gene der Körperaufbau so stark geändert werden kann, dass damit die Entwicklung sechsfüßiger Insekten aus krebsartigen Vorfahren des Salinenkrebs erklärbar wäre. [1].

Ein weitere wichtiges Konzept der Makroevolution ist die von A. H. Knoll vertretene „permissive Ecology“ (dt. „tolerante Ökologie“) [2]. Danach können in bestimmten Situation, z. B. nach katastrophalen Ereignissen, große potentielle Lebensräume zur „Neueroberung“ durch Leben freiwerden. Da dort zunächst viele ökologische Nischen frei sind, herrscht zunächst kein oder nur geringer Konkurrenzkampf. Dies erlaubt das Überleben und die Fortpflanzung von Individuen mit großen Mutationsprüngen, obwohl solche Mutationen neben einigen Vorteilen auch gravierende Nachteile mit sich bringen könnten. In einer Umwelt hingegen deren ökologische Nischen bereits besetzt sind, hätten solche Individuen wegen des Konkurrenzkampfes mit bereits besser angepassten Arten keine Überlebensschancen. In einer solchen toleranten Ökologie wäre also eine beschleunigte Evolution mit großen Mutationssprüngen und großen Änderungen in der Morphologie möglich. A. H. Knoll schlägt dies beispielsweise als Erklärung für die Kambrische Radiation vor, die demnach dadurch erklärt werden könne, das möglicherweise nach dem Ende einer globalen Vereisung große Lebensräume frei wurden.

Kritik

Während einige Evolutionsbiologen den Begriff "Makroevolution" verwenden, lehnen andere die Differenzierung von Makro- und Mikroevolution ab, da sie eine eindeutige Abgrenzung suggerieren würde. Sie betonen, dass die Mechanismen die gleichen sind, lediglich bei größeren Zeiträumen zusätzliche Aspekte zum Tragen kommen haben. Sie sprechen daher von Makroevolution eher als einen einzigen zusammenhängenden Mechanismus der Evolution, ausgehend von den Prozessen der Artbildung. Die Trennung wird oftmals von Kreationisten aufgegriffen und als Angriffspunkt für eine Argumentation benutzt, mit der sie die Evolutionstheorie kritisieren wollen (Evolutionskritik).

Verwendung des Begriffs zur Unterscheidung von Fachgebieten

Alternativ wird der Begriff Makroevolution verwendet, um verschiedene Fachgebiete und Methoden zu unterscheiden.

  • Makroevolution bezeichnet dabei den Bereich der Evolutionsbiologie, der einzigartige Phänomene der Evolution (Entstehung evolutionärer Neuheiten, Ursprung des Menschen etc.) untersucht. Da diese Phänomene der experimentellen Forschung nur schwer zugänglich sind, benutzt man hauptsächlich die Methodik der erdgeschichtlichen Wissenschaften. Die Paläontologie ist ein typisches Fachgebiet, das mit der Methode der historischen Rekonstruktion arbeitet.
  • Mikroevolution bezeichnet danach den Bereich der Funktionsbiologie, der die Physiologie aller Vorgänge bei lebenden Organismen (Zellprozesse etc.) untersucht. Dieser Bereich kann mit den klassischen Methoden der Naturwissenschaft untersucht werden. Ein Fachgebiet, das mit dieser Methode arbeitet, ist die Genetik.

Referenzen

Ulrich Kutschera: Evolutionsbiologie. 2. Auflage. Stuttgart, ISBN 9783825283186

  1. M. Ronshaugen, N. McGinnis, W. McGinnis: Hox protein mutation and macroevolution of the insect body plan. Nature 2002, Bd.415, S.914–917.
  2. Andrew H. Knoll: Life on a Young Planet, The First Three Billion Years of Evolution on Earth. Princeton University Press, 2005. ISBN 0691120293
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Makroevolution aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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