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Lotka-Volterra-RegelnDie Lotka-Volterra-Regeln, auch Lotka-Volterra-Gesetze oder nur Volterra-Regeln genannt, umfassen drei Regeln zur quantitativen Beschreibung der Populationsdynamik in Räuber-Beute-Beziehungen. Weiteres empfehlenswertes FachwissenDie den drei Regeln zugrundliegenden mathematischen Lotka-Volterra-Gleichungen wurden 1925 und 1926 unabhängig voneinander von dem österreichisch-amerikanischen Mathematiker Alfred James Lotka und dem italienischen Mathematiker und Physiker Vito Volterra formuliert. Durch die Lotka-Volterra-Regeln wird die zahlenmäßige Entwicklung zweier Populationen unter interspezifischer Konkurrenz über große Zeiträume beschrieben. Alle drei Regeln gelten nur unter der Voraussetzung, dass lediglich zwischen den betrachteten beiden Arten eine Räuber-Beute-Beziehung besteht und die sonstigen biotischen und abiotischen Umweltfaktoren konstant oder zu vernachlässigen sind.
Die Lotka-Volterra-Regeln sind strenggenommen nur unter Beachtung ihrer selten erfüllten Voraussetzungen anwendbar. Trotzdem sind sie in der praktischen Ökologie von großer Bedeutung, weil sich zeigt, dass sie auch bei komplexeren Nahrungsbeziehungen und schwankenden Umweltfaktoren durchaus noch brauchbare Abschätzungen liefern.
Erste Lotka-Volterra-RegelDie Erste Volterra-Regel besagt, dass die Individuenzahlen von Räuber und Beute bei ansonsten konstanten Bedingungen periodisch und gegeneinander zeitlich versetzt schwanken.
Als Lehrbuchbeispiel für die Erste Volterra-Regel gelten die Fangaufzeichnungen der Hudson’s Bay Company, die über 90 Jahre lang geführt wurden. Danach schwankten der Eingang von Fellen von Luchsen (Räuber) und Schneehasen (Beute) mit einer Periode von 9,6 Jahren. Allerdings wird dieses Beispiel strenggenommen durch einen zweiten Räuber beeinflusst, nämlich die Jäger der Hudson’s Bay Company. Mathematisch formuliert ergeben sich folgende gekoppelte Differentialgleichungen, die auch als Lotka-Volterra-Gleichungen bekannt sind: a) Zeitliche Veränderung der Räuberpopulation
b) Zeitliche Veränderung der Beutepopulation
Man sieht bereits ohne Lösung der Differentialgleichungen, dass sich beide gegenseitig beeinflussen (Parameter x und y). So hängt der Zuwachs der Räuber sowohl von der generellen Geburtenrate als auch von der Wahrscheinlichkeit ab, mit der Räuber ein Beutetier fressen. Die Abnahme der Beute hängt nicht nur von der generellen Sterberate, sondern wiederum auch von der Kontakthäufigkeit ab. Zweite Lotka-Volterra-RegelDie Zweite Lotka-Volterra-Regel besagt, dass die durchschnittliche Größe der Populationen von Räuber und Beute in einer Räuber-Beute-Beziehung über einen längeren Zeitraum hinweg konstant ist, wenn die Umweltbedingungen ansonsten stabil sind. Es ergibt sich mathematisch aus den grundlegenden Differentialgleichungen (siehe Erste Volterra-Regel). Empirisch wurde diese Regel beispielsweise durch die Statistik der Hudson’s Bay Company zwischen 1845 und 1935 hinsichtlich der eingelieferten Felle von Luchsen und Schneehasen belegt. Zwar schwankten die Zahlen der jährlich abgelieferten Felle bei Luchsen zwischen 1.000 und 70.000 sowie bei den Schneehasen zwischen 2.000 und 160.000, die Mittelwerte bei Betrachtung mehrerer Perioden liegen jedoch bei ca. 20.000 (Luchse) und 80.000 (Schneehasen). Grundsätzlich gilt die Zweite Volterra-Regel unabhängig von den Anfangsgrößen der Population. Es ist auch im Experiment (z. B. mit verschiedenen Einzellern) reproduzierbar. Allerdings müssen in realen Systemen die Anfangsgrößen und das zur Verfügung stehende Gebiet mindestens so groß sein, dass sich (z. B. durch Verstecke) genügend Beutetiere auch bei hohem Fraßdruck halten, um die Reproduktionsfähigkeit zu sichern. Dritte Lotka-Volterra-RegelDie Dritte Lotka-Volterra-Regel trifft eine Aussage über die Auswirkungen einer Störung in einer Räuber-Beute-Beziehung. Werden Räuber- und Beutepopulation gleichzeitig für einen begrenzten Zeitraum dezimiert, so erholt sich die Beutepopulation stets schneller als die Räuberpopulation. Anders als bei periodischen Schwankungen fällt die Verminderung der Räuberpopulation zeitlich mit der Dezimierung der Beutepopulation zusammen. Nicht selten führt der Nahrungsmangel in dieser Situation zu einem Zusammenbruch der Räuberpopulation. Ohne Fressfeind findet die verbleibende Beutepopulation anschließend optimale Bedingungen und wächst schneller als sonst. Bis sich anschließend auch die Räuberpopulation wieder erholt, dauert es dagegen wegen der geringen Individuenzahl länger als üblich. In den meisten Räuber-Beute-Beziehungen kommt verstärkend hinzu, dass die Generationszeit von Räubern aufgrund ihrer Körpergröße länger ist als die ihrer Beutetiere. Dieser Zusammenhang muss insbesondere bei Maßnahmen der Schädlingsbekämpfung beachtet werden. So bewirken beispielsweise Insektizide, dass nicht nur die Schädlinge sondern noch viel stärker deren Fressfeinde dezimiert werden. Im Endergebnis kann dies dazu führen, dass nach einer solchen Maßnahme der Schaden größer ist als ohne Bekämpfungsmaßnahmen. Synthetische Gifte wie DDT, die zudem in Wirbeltieren akkumuliert werden, wirken sich wegen der langanhaltenden Wirkung besonders fatal aus. Problematisch sind aber auch andere Insektizide, deren Giftwirkung z. B. in der Störung der Häutung der Insekten besteht. So können sowohl Juvenil-Hormone als auch Ecdysteroid-Hormone, die vielfach als scheinbar ökologisch verträglichere Mittel vorgeschlagen wurden, z. B. Laufkäfer, Raubwanzen und andere Raubinsekten zusätzlich zum Nahrungsmangel in ihrer Entwicklung ebenso schädigen wie ihre pflanzenfressenden Beutetiere. Aufgrund der Dritten Volterra-Regel führen sie zu einer langfristigen Schädigung des biologischen Gleichgewichts und die natürliche Schädlingskontrolle durch Fressfeinde wird verhindert. |
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Lotka-Volterra-Regeln aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |