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Listeria monocytogenes



Listeria monocytogenes
 
Systematik
Abteilung: Firmicutes
Klasse: Bacilli
Ordnung: Bacillales
Familie: Listeriaceae
Gattung: Listeria
Art: Listeria monocytogenes
Wissenschaftlicher Name
Listeria monocytogenes
(Murray et al. 1926) Pirie 1940

Listeria monocytogenes ist ein nicht-sporenbildendes, gram-positives, stäbchenförmiges, fakultativ-anaerobes und aufgrund von Flagellen bewegliches Bakterium. Benannt wurde es nach dem englischen Chirurgen Joseph Lister sowie der häufig als Auswirkung einer Infektion auftretenden Monozytose, einer Vermehrung der Monozyten im Blut. Es ist in der Regel pathogen und verursacht eine Reihe von Erkrankungen beim Menschen und bei Tieren, die als Listeriose bezeichnet werden. Der häufigste Infektionsweg ist die Aufnahme über verunreinigte Lebensmittel.

Inhaltsverzeichnis

Eigenschaften

Verbreitung

Listeria monocytogenes gilt als ubiquitär verbreitet. Es wurde in einer Reihe von Wild- und Haustieren gefunden, darunter verschiedene Säugetierarten, Vögel und vereinzelt auch Fische. Man schätzt, dass etwa ein bis zehn Prozent aller Menschen ebenfalls infiziert sind und den Erreger über den Stuhl ausscheiden. Darüber hinaus ist Listeria monocytogenes auch im Boden, in Gewässern, auf Pflanzen und in anderen natürlichen Lebensräumen nachweisbar und ist in der Lage, auf vielen verschiedenen Oberflächen Biofilme auszubilden.

Morphologie und Physiologie

Eine Listeria monocytogenes-Zelle hat einen Durchmesser von 0,4 bis 0,5 Mikrometern und eine Länge von 0,5 bis 2,0 Mikrometern. Sie tritt entweder einzeln oder in Form von V- oder Y-förmigen Ketten auf und ist Katalase-positiv sowie Indol- und Oxidase-negativ. Darüber hinaus hydrolysiert sie keinen Harnstoff und ist kein Nitratreduzierer. Auf Kulturplatten bildet Listeria monocytogenes bis zu einem Millimeter große runde, blaugraue und durchscheinende Kolonien.

Obwohl Listeria monocytogenes keine Sporen bildet, ist das Bakterium außergewöhnlich widerstandsfähig gegenüber Trockenheit, Kälte, höheren Temperaturen sowie einer hohen Salzkonzentration und einem gemäßigt saurem oder basischen pH-Wert von 4,4 bis 9,8 im Umgebungsmedium. Das Temperaturoptimum für das Wachstum liegt bei 30 bis 37 Grad Celsius. Aber auch bei Temperaturen von vier bis acht Grad Celsius, wie sie typischerweise in Kühlschränken vorliegen, ist Listeria monocytogenes zu begrenztem Wachstum fähig. Durch Temperaturen, die beispielsweise beim Kochen, Braten, Sterilisieren und Pasteurisieren auftreten, wird das Bakterium sicher abgetötet.

Nachweis

Die am häufigsten verwendete Methode zur Identifizierung ist eine Anreicherungskultur über 24 bis 48 Stunden, gefolgt von Agglutinationstests mit spezifischen Antikörpern. Auch ein Nachweis von bestimmten DNA-Abschnitten mit Hilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und der Hybridisierung an spezifische DNA-Sonden ist möglich. Als Alternative zu den immunologischen und den molekularbiologischen Methoden kann auch eine Bestimmung über biochemische Tests zum Nachweis bestimmter Enzymaktivitäten erfolgen. Diese Nachweismethode ist jedoch sehr zeitaufwändig.

Von verschiedenen Stämmen von Listeria monocytogenes ist das Genom vollständig sequenziert worden. Es hat eine Länge von rund 2,9 Millionen Basenpaaren und enthält 2.800 bis 3.000 Gene.

Pathogenität

 

Listeria monocytogenes ist ein fakultativ pathogener Erreger. Infektionen verlaufen in den meisten Fällen klinisch inapparent, also ohne erkennbare Symptome. Begünstigende Faktoren für Erkrankungen sind eine Schwangerschaft, eine Nahrungsumstellung sowie das gleichzeitige Vorliegen von viralen oder parasitären Infektionen. Im Falle einer klinischer Manifestation ähneln sich die Erkrankungsbilder bei Menschen und Tieren. Das von den Bakterien produzierte Toxin Listeriolysin O (LLO), das mit einer Kultur auf Blutagar nachgewiesen werden kann, spielt hinsichtlich der Pathogenität eine wesentliche Rolle. Das zugehörige Gen hlyA gilt als wichtigster Marker der Pathogenität von Listeria monocytogenes. Eine Infektion mit Listerien wird Listeriose genannt. Sie hat je nach Region und Hygienestandards eine Inzidenz von zwei bis 15 Fällen pro einer Million Menschen pro Jahr und verläuft bei Menschen mit einem intakten Immunsystem in der Regel ohne oder nur mit vergleichsweise leichten Symptomen im Magen-Darm-Bereich wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall. Bei den meisten Patienten sind dies die einzigen Auswirkungen einer Infektion.

Bei Patienten mit Immunschwäche kann es hingegen zusätzlich je nach Infektionsort zu Lymphknotenschwellungen und an der Augenbindehaut zu Keratitis oder Uveitis kommen. Weitere mögliche Entzündungsorte sind Hals und Rachen, die Harnblase und das Nierenbecken. In einigen Fällen, vor allem bei älteren Menschen, ist auch eine Enzephalitis oder eine Meningitis möglich, deren Mortalität jeweils bis zu 70 Prozent betragen kann. Den genannten Erkrankungen geht meist eine Fieberphase mit influenzaähnlichen Symptomen voraus. Infektionen der Geschlechtsorgane bei schwangeren Frauen können zu Fehl- und Totgeburten führen, ebenso wie zu Blutvergiftung, Schwellungen der Leber und Milz, Atemproblemen sowie Entwicklungsverzögerungen bei Neugeborenen. Listeriose bei Neugeborenen, die eine hohe Mortalität aufweist, sowie ein Nachweis des Erregers in Blut und Liquor cerebrospinalis sind in Deutschland meldepflichtig.

Die Übertragung erfolgt durch direkten Kontakt mit infizierten Tieren sowie über verunreinigte Lebensmittel, vor allem Milchprodukte, Speiseeis, unbehandeltes Obst und Gemüse sowie Produkte aus rohem Fleisch. Listeria monocytogenes gehört im Bereich der Lebensmittelinfektionen zu den häufigsten Erregern. Für die Ausbreitung im Körper und das Erreichen bestimmter Orte wie dem Gehirn und des Fötus bei Schwangeren ist die Aufnahme in phagocytische Zellen und deren Transport mit dem Blutstrom von wesentlicher Bedeutung. Die Inkubationszeit bis zum Auftreten von Symptomen im Magen-Darm-Bereich beträgt mindestens zwölf Stunden und für Symptome an anderen Körperorten mehrere Tage bis Wochen.

Eine Behandlung von Infektionen mit Listeria monocytogenes ist mit verschiedenen Antibiotika möglich. Als Mittel der Wahl gelten die β-Lactam-Antibiotika Ampicillin oder Amoxicillin in hoher Dosierung, gegebenenfalls in Kombination mit einem Aminoglykosid. Für die Prophylaxe sind vor allem eine ordnungsgemäße Verarbeitung, Zubereitung und Lagerung von Lebensmitteln, insbesondere ein ausreichendes Erhitzen, sowie entsprechende Hygienemaßnahmen notwendig.

Historische Informationen

Das Bakterium wurde erstmals 1923 beschrieben und drei Jahre später von Everitt George Dunne Murray isoliert und dokumentiert. Er nannte es zunächst Bacterium monocytogenes, die Umbenennung in Listeria monocytogenes erfolgte später. Der erste identifizierte Fall einer Infektion im Menschen stammt aus dem Jahr 1929. Bis zu den 1970er Jahre galt Listeria monocytogenes vorwiegend als Problem bei der landwirtschaftlichen Haltung von Nutztieren, bei denen es vor allem Enzephalitiden und Fehlgeburten verursachte.

Mit dem Beginn der 1980er Jahre gewann das Bakterium jedoch zunehmend an Bedeutung als Krankheitserreger beim Menschen. Die erste dokumentierte Epidemie fand 1981 in Halifax (Kanada) statt, mit 41 Betroffenen und 17 Todesfällen. Weitere umfangreiche Epidemien gab es von 1983 bis 1987 in Le Vaud (Schweiz) mit 122 Betroffenen und 31 Todesfällen, 1985 in Kalifornien mit 142 Betroffenen und 48 Todesfällen, von 1989 bis 1990 in Großbritannien mit 300 Betroffenen (ohne Todesfall) und 1992 in Frankreich mit 279 Betroffenen und 85 Todesfällen.

Literatur

  • M. Hamon, H. Bierne, P. Cossart: Listeria monocytogenes: a multifaceted model. In: Nature Reviews. Microbiology. 4(6)/2006. Nature Publishing Group, S. 423-434, ISSN 1740-1526
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Listeria_monocytogenes aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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