Meine Merkliste
my.bionity.com  
Login  

War on Drugs



  „Krieg gegen Drogen“ (engl. „War on Drugs“) ist ein Begriff, der ursprünglich in den Vereinigten Staaten geprägt wurde. Er bezeichnet eine Reihe von Maßnahmen, die gegen den Konsum vieler Drogen gerichtet sind. Durch das Verbot bisher legalen Handelns schuf sich diese Agenda sein angebliches Bekämpfungsziel – die sogenannte „Drogenkriminalität“. Im Zuge des sogenannten Drogenbekämpfungsprogramms der Vereinigten Staaten von Amerika wurde der Ausdruck erstmals 1972 von Richard Nixon benutzt.

Gleichbedeutende Begriffe werden heutzutage in vielen Ländern der Prohibition verwendet, um Maßnahmen gegen die Nutzung bestimmter Drogen als kriegerische Handlung darzustellen und zu rechtfertigen. Die Wirkung solcher Maßnahmen ist umstritten, weil die Zieldefinition umstritten ist und Erfolge nur schwer nachweisbar sind.

Die meisten Länder haben ähnliche gesetzliche Regelungen. Zum Beispiel verbieten islamische Staaten meist den Verbrauch von Alkohol, während er in den meisten anderen Staaten zumindest für Erwachsene frei erhältlich ist. Jeder Staat reguliert die Herstellung, den Vertrieb, Vermarktung und Verkauf einiger oder aller Drogen, zum Beispiel durch ärztliche Verschreibungen. Die sogenannten „harten Drogen“ sind in der Regel eingeschränkt verboten. Sie sind dennoch weiterhin auf dem Markt erhältlich, jedoch ist er durch die Prohibition ein Schwarzmarkt. Einige Staaten erlauben oder dulden den persönlichen Besitz und Verbrauch einiger Drogen in bestimmten Mengen, aber nicht deren Handel oder Herstellung.

Inhaltsverzeichnis

Ansätze

  Der „Krieg gegen Drogen“ umfasst unterschiedliche Kampfmittel, welche die Nutzung von illegalen Drogen eindämmen sollen:

  • spezialisierte Teile der Polizei
  • Informationskampagnen, um die Öffentlichkeit über die angenommenen oder realen Gefahren des Konsums illegaler Drogen in Kenntnis zu setzen
  • wirtschaftlicher Druck auf Regierungen der Länder, in denen illegale Drogen produziert werden, mit Hinwirken auf Bekämpfung des Anbaus oder der Verarbeitung
  • Bekämpfung der Geldwäsche

Praktische Auswirkungen

Der „Krieg gegen Drogen“ findet (hauptsächlich) zwischen Geheimdiensten auf der einen Seite und kriminellen Drogenherstellern, -händlern auf der anderen Seite statt. Diese Auseinandersetzungen haben manchmal, vor allem in den Anbauländern, mehr Ähnlichkeit mit einer militärischen Auseinandersetzung, als mit gewöhnlichen Polizeiaktionen. Dabei kommt es zu Schusswechseln und dem Einsatz von Kriegswaffen. Im Rahmen des Plan Colombia war in Kolumbien geplant, die Armee mit polizeilichen Aufgaben im „Krieg gegen Drogen“ zu betrauen.

Die Strafverfolgungsbehörden setzen unter anderem Kontensperrungen, (in einigen europäischen Ländern) Brechmittel und nachrichtendienstliche Methoden ein. Dazu werden Anbauflächen mittels Satellitenbildauswertung identifiziert und verdeckte Ermittler in die kriminelle Drogenszene eingeschleust.

Auf der illegale Drogen herstellenden und vertreibenden Seite arbeitet man teilweise mit Bestechung, Erpressung und Bedrohung einzelner Polizisten, Justizangehöriger oder anderer Vertreter staatlicher Stellen, um im Sinne einer Gegenspionage an Informationen bevorstehender Razzien oder Ermittlungsstände zu gelangen bzw. um Verfahrenseinstellung oder Beweismittelvernichtung zu erreichen.

Inwiefern Aufklärungskampagnen und Gesundheitsprogramme unter einem so martialischen politischem Schlagwort wie dem „Krieg gegen Drogen“ fallen können, ist umstritten, da unter diesem Namen wie geschildert meist repressive Maßnahmen ausgeweitet und sanfte Methoden wie Aufklärung, Prävention und Aussteigerprogramme sogar eingeschränkt werden.

Konkrete Untersuchungen den illegalen Drogenhandel betreffend beginnen beispielsweise mit einem Toten durch Überdosis, dem Überwachen von Geldfluss von Verdächtigen oder während der Ermittlung wegen anderer Anlässe, zum Beispiel wegen eines Verkehrsverstoßes mit dem Verdacht des illegalen Drogenbesitzes. Dies führt zu einer Festnahme oder einer Ermittlung, woher das Material stammt. Die wenigsten Ermittlungen zu illegalem Drogenhandel oder Herstellung illegaler Drogen führen jedoch zu den Händlern oder Produzenten. Somit sind die Nutzer einem höheren Risiko der Festnahme, Verurteilung und dem Freiheitsentzug ausgesetzt als Händler oder auch Produzenten.

Geschichte

  • 25. März 1872: Regelung zu Cannabis in Deutschland – in der „Verordnung betreffend den Verkehr mit Apothekerwaren“ wurde bestimmt, dass bestimmte „Drogen und chemische Präparate“ nur in Apotheken verkauft werden dürfen, darunter auch „Indischer Hanf – Herba Cannabis Indicae“, weitere Regelungen gab es nicht. (Reichsgesetzblatt, 1872, S. 85-89)
  • 23. Oktober 1910: Der kaiserliche Gouverneur von Südwestafrika, dem heutigen Namibia, schreibt „Das einzige stark narkotische Rauschmittel, das hier zum Genusse gelangt, ist das 'Dagga', eine Art Hanf, der aus der Kapkolonie eingeführt, auch teilweise hier im Lande von Buschleuten angebaut wird. Der mit 10 M (Mark) für roh 1 kg hierauf gelegte Einfurzoll soll prohibitiv wirken.“ (Bundesarchiv, Berlin/R 1501/110393/128)
  • 15. Dezember 1911: Die italienische Regierung schlägt auf der Opiumkonferenz vor, Cannabis zusammen mit Opium, Morphin und Kokain den gleichen strengen Regelungen und Strafen zu unterwerfen. (International Opium Conference, Summary of the Minutes, 1912, The Hague, S. 76)
  • 20. Dezember 1911: Der Vorschlag wird diskutiert, der italienische Delegierte konnte nicht teilnehmen, am nächsten Tag erreichte die Konferenz ein Brief der italienischen Regierung, der den Vorschlag zurückzog. Zudem stellten die Delegierten fest, dass zuwenig Informationen und Statistiken über Cannabis vorlagen.
  • 1911/1912: Erste Internationale Opiumkonferenz. Es wird eine „drogenfreie Welt“ beschlossen. Es ging hauptsächlich um Opium und dessen Abkömmlinge (Morphin, Codein, Heroin), aber zum erstenmal wurde auch über Kokain und Cannabis diskutiert.
  • 1920: Deutschland muss als Folge des ersten Weltkrieges das erste Opiumgesetz erlassen.[1] Die Initiative hierzu stammte von der „Internationalen Vereinigung für den Kampf gegen das Opium in Peking und England“, auf deren Betreiben der Versailler Vertrag in Artikel 295 I um die Verpflichtung der Verliererstaaten ergänzt wurde, die Internationale Opiumkonvention von 1912 zu ratifizieren – und zwar gemäß Artikel 295 I binnen 12 Monaten.[2] In diesem Gesetz wurden Opium, seine Abkömmlinge, und Kokain strengen Regelungen unterworfen, Cannabis war aber nach wie vor legal in der Apotheke erhältlich.
  • 1924/1925: Die Genfer Opiumkonferenz beschließt ein globales Cannabisverbot. Dies kam durch die Hartnäckigkeit des ägyptischen Delegationsleiters El Guindy (neben Ägypten hatten auch Südafrika und die Türkei ähnliche Vorschläge eingebracht, beide Staaten verfolgten auf der Konferenz ihre Vorschläge aber nicht weiter). Er beantragte am 13. Dezember 1924, nachdem die Konferenz bereits einen knappen Monat tagte, dass Cannabis in die Liste der kontrollierten Substanzen aufgenommen werden sollte.[3]
  • Am 10. Dezember 1929 wurde die Opiumkonventionen vom Reichstag in Form des geänderten Opiumgesetzes in Deutschland gültig.[4] Seitdem ist Cannabis in Deutschland verboten. Allerdings war es weiterhin möglich, Cannabis aus Apotheken zu beziehen. Allmählich verschwand auch die medizinische Verwendung von Cannabis.
  • 22. Dezember 1971: Im Zuge der internationalen Studentenbewegung, in Deutschland vor allem in der 68er-Bewegung, wird Cannabis wieder bekannt. Die Gesetzgeber ließen nicht lange auf sich warten, 1971 wurde eine von allen Parteien getragene Änderung des Opiumgesetzes verabschiedet. Das Gesetz trat am 25. Dezember in Kraft und wurde am 10. Januar 1972 nach einigen redaktionellen Änderungen neu bekannt gemacht, 100 Jahre nach der ersten Opiumkonferenz.[5]

 

  • 1972: Richard Nixon prägt den Begriff
  • 1996: in der US-amerikanischen Zeitung San Jose Mercury erscheint unter dem Titel Dark Alliance eine Artikelserie des Muckraker Gary Webb, in dem die Involviertheit mehrer US-Bundesbehörden in den Drogenschmuggel aus Lateinamerika belegt und kritisiert wird. Der Artikel sorgte in den USA für großes Aufsehen.
  • Thailand: Von Februar bis Mai 2003 führte die Regierung von Premierminister Thaksin Shinawatra eine „Antidrogenkampagne“ durch, in deren Verlauf etwa 3.000 Menschen getötet wurden. Menschenrechtsorganisationen vermuten, dass ein großer Teil der Morde auf das Konto von Angehörigen der Polizeikräfte geht.
  • Im April 2004 erklärt der afghanische vorläufige Präsident Hamid Karzai den „jihad on drugs“, nachdem die Opiumernte eine Rekordmenge von 3.600 Tonnen im Jahr 2003 erreicht hatte (das sind drei Viertel der Weltversorgung), obwohl dies die oft einzige Einkommensquelle diverser Kleinbauern darstellt.
  • Großbritannien, Juli 2005: Ein offizieller Untersuchungsbericht kommt zu dem Ergebnis, dass der „Krieg gegen Drogen“ gescheitert ist.

Wissenschaft

Während in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens (Wirtschaft, Medizin) die Untersuchung zentraler Probleme und die Evaluation der getroffenen Maßnahmen eine große Rolle spielt, sind wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit den Mechanismen und Auswirkungen der Prohibition beschäftigen rar gesät.

Ein Geheimbericht erklärt den „Anti-Drogen-Krieg“ für gescheitert. Dieser Bericht wurde im Juli 2005 von der britischen Regierung nur teilweise veröffentlicht, die zurückgehalten Seiten gelangten jedoch über Guardian Unlimited an die Öffentlichkeit.[6] Der Bericht gelangt zu folgendem Ergebnissen:

  • Der steigende Konsum sogenannter „harter Drogen“ in den letzten 20 Jahren hat einige negative Begleiteffekte für Konsumenten, ihre Familien und den Rest der Gesellschaft.
  • Der illegale Drogenmarkt ist hochentwickelt und Interventionsversuche haben auf keiner Ebene zu einer nachweisbaren Schädigung des Marktes geführt. Eine Bekämpfung der illegalen Drogenproduktion in den Entwicklungsländern, die vor allem durch Armut und Mangel an Alternativen bedingt ist, verlagert diese nur von einem Land ins Nächste. Durch Interventionen verursachte Preissteigerungen erhöhen wiederum die Attraktivität dieses Wirtschaftssektors. Die Hintermänner, die den Transport nach Europa besorgen verkraften die derzeit erreichbaren Sicherstellungsraten von etwa 20 % mühelos aufgrund der hohen Gewinnspanne. Eine Sicherstellungsrate von mindestens 60 % wäre erforderlich, um dieses Geschäft unrentabel zu machen. Festgenommene Kleindealer in Europa würden rasch durch neue ersetzt, so dass die Versorgung des Marktes nicht ernsthaft gefährdet ist.
  • Im Ergebnis der letzten Jahre:
    • Der Markt für sogenannte „harte Drogen“ ist dramatisch gewachsen.
    • Die Preise für Heroin und Kokain in Großbritannien haben sich trotz Beschlagnahmungen in den letzten zehn Jahren halbiert.
    • Die Preise sind nicht hoch genug, um Neulinge vom Einstieg abzuhalten.
    • Die Preise sind dagegen hoch genug, um ein hohes Maß an Kriminalität und Schäden durch Drogensüchtige zu erzeugen, die ihre Sucht finanzieren müssen.
  • Die Kosten der Beschaffungskriminalität im Rahmen von Crack- und Heroinabhängigkeit belaufen sich in Großbritannien auf 16 Milliarden Pfund pro Jahr (24 Milliarden Pfund, wenn weitere Kosten im Sozial- und Gesundheitswesen mitgerechnet werden).
  • Die 280.000 „stark schädigenden“ Heroin- oder Crack-User kommen regelmäßig mit Behandlungen oder der Justiz in Berührung, bleiben aber durch den Suchtdruck nur kurzzeitig in Drogenersatzprogrammen oder Erkennen gar keinen Nutzen in deren Existenz. Der Staat muss effektiver mit den Drogenkonsumenten arbeiten, wenn sie mit staatlichen Stellen in Berührung kommen und, ganz wesentlich, Wege finden, dass sie weniger Schaden an der Gesellschaft anrichten.

Literatur

  • Günter Amendt: Die Droge, der Staat, der Tod., Rowohlt, 1996, ISBN 3-49919-942-4
  • Sandra Gregory: Frei ist nur der Blick zum Himmel. Sieben Jahre Haft in Thailand, Lübbe, 2004, ISBN 3-404-61557-3

Medienberichte

  • Unternehmen Unterwelt von Valentin Landmann, Die Weltwoche 10/06
  • Telepolis: Eine Ideologie am Ende: Die globale Drogenprohibition (26. Juni 2004)
  • Süddeutsche Zeitung: Drogen – das ist Wirtschaft, Mann! (30. Juni 2004)
  • Süddeutsche Zeitung: Mit allen Mitteln – Gift für die Bauern (11. Februar 2005)
  • ARD: UN-Drogenbericht – Afghanistan bleibt größter Opiumlieferant (29. Juni 2005)
  • Tagesschau: Haschisch für Al Kaida (30. Juli 2005)
  • The Guardian: Revealed: how drugs war failed (5. Juli 2005) (englisch)
  • aerzteblatt.de: Studie: Weniger Probleme mit Heroin durch liberalere Drogenpolitik
  • Kinofilm: The „War on Drugs“ – Uraufführung Wien im Oktober 2007

Siehe auch

  • Opiumkriege

Einzelnachweise

  1. Verordnung über den Verkehr mit Opium und anderen Betäubungsmitteln vom 20. Juli 1920 (RGBl. I S. 1464) und insbesondere das Erste Deutsches Opiumgesetz vom 30. Dezember 1920 (RGBl. 1921, I S. 2)
  2. „Diejenigen der hohen vertragschließenden Teile, die das Haager Opium-Abkommen vom 23. Januar 1912 noch nicht unterzeichnet oder nach der Unterzeichnung noch nicht ratifiziert haben, erklären sich damit einverstanden, das Abkommen in Kraft zu setzen und zu diesem Zwecke sobald wie möglich und spätestens binnen 12 Monaten nach dem Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrages die nötigen Gesetze zu erlassen.“ RGBl. 1919, II S. 1103
  3. League of Nations 1925; Records of the Second Opium conference, Volume I, Plenary Meetings, S. 132-135
  4. Das Gesetz über das Internationale Opiumabkommen vom 19 Februar 1925 wurde im Deutschen Reich per Gesetz vom 26. Juni 1929 zu innerstaatlichem Recht deklariert (RGBl. 1929, II S. 407); Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) vom 10. Dezember 1929 (RGBl. 1929, I S. 215)
  5. Das neue Betäubungsmittelgesetz wurde am 22. Dezember 1971 unterzeichnet, am 24. Dezember 1971 im Bundesgesetzblatt (I S. 2092) veröffentlicht und am 25. Dezember 1971 in Kraft gesetzt. Nach einigen redaktionellen Änderungen wurde das Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln am 10. Januar 1972 neu bekannt gemacht (BGBl. I. S. 1).
  6. Meldung des Guardian Unlimited
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel War_on_Drugs aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
Ihr Bowser ist nicht aktuell. Microsoft Internet Explorer 6.0 unterstützt einige Funktionen auf ie.DE nicht.