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Künstliches NeuronEin künstliches Neuron bildet die Basis für das Modell der künstlichen neuronalen Netze, einem Modell aus der Neuroinformatik, das durch biologische neuronale Netze motiviert ist. Als konnektionistisches Modell bilden sie in einem Netzwerk aus künstlichen Neuronen ein künstliches neuronales Netz und können so beliebig komplexe Funktionen approximieren, Aufgaben erlernen und Probleme lösen, bei denen eine explizite Modellierung schwierig bis nicht durchführbar ist. Beispiele sind die Gesichts- und Spracherkennung. Als Modell aus dem biologischen Vorbild der Nervenzelle entstanden, kann es mehrere Eingaben verarbeiten und entsprechend über seine Aktivierung reagieren. Dazu werden die Eingaben gewichtet an eine Ausgabefunktion übergeben, welche die Neuronenaktivierung berechnet. Ihr Verhalten wird ihnen im Allgemeinen durch Einlernen unter Verwendung eines Lernverfahrens gegeben. Weiteres empfehlenswertes Fachwissen
GeschichteDie Anfänge der künstlichen Neuronen gehen auf Warren McCulloch und Walter Pitts im Jahr 1943 zurück. Sie zeigen an einem vereinfachten Modell eines Neuronalen Netzes, der McCulloch-Pitts-Zelle, dass diese logische und arithmetische Funktionen berechnen kann. Die Hebbsche Lernregel wird im Jahr 1949 von Donald Hebb beschrieben. Aufbauend auf der medizinischen Forschung von Santiago Ramón y Cajal, der bereits 1911 die Existenz von Synapsen nachgewiesen hat, werden nach dieser Regel wiederholt aktive Verbindungen zwischen Nervenzellen gestärkt. Die Verallgemeinerung dieser Regel wird auch in den heutigen Lernverfahren noch verwendet. Eine wichtige Arbeit kommt im Jahre 1958 mit dem Konvergenztheorem über das Perzeptron heraus. Dort zeigt Frank Rosenblatt, dass es mit dem angegebenen Lernverfahren alle Lösungen einlernen kann, die mit diesem Modell repräsentierbar sind. Jedoch zeigen die Kritiker Marvin Minsky und Seymour Papert 1969, dass ein einstufiges Perzeptron eine XOR-Verknüpfung nicht repräsentieren kann, weil die XOR-Funktion nicht linear separierbar (linear trennbar) ist, erst spätere Modelle können diesen Missstand beheben. Die so gezeigte Grenze in der Modellierung führt zunächst zu einem abnehmenden Interesse an der Erforschung der künstlichen neuronalen Netze sowie zu einer Streichung von Forschungsgeldern. Ein Interesse an künstlichen Neuronalen Netzen kommt erst wieder auf, als John Hopfield die Hopfield-Netze 1985 bekannt macht und zeigt, dass sie in der Lage sind Optimierungsprobleme zu lösen, wie das Problem des Handlungsreisenden[1]. Ebenfalls führt die Arbeit zum Backpropagation-Verfahren von David E. Rumelhart, Geoffrey E. Hinton und Ronald J. Williams ab 1986 zu einer Wiederbelebung der Erforschung dieser Netze. Heute werden solche Netze in vielen Forschungsbereichen verwendet. Biologische MotivierungMotiviert sind künstliche Neuronen durch die Nervenzellen der Säugetiere, die auf die Aufnahme und Verarbeitung von Signalen spezialisiert sind. Über Synapsen werden Signale elektrisch oder chemisch an andere Nervenzellen oder Effektorzellen weitergeleitet. Eine Nervenzelle besteht aus dem Zellkörper, Axon und den Dendriten. Dendriten sind kurze Zellfortsätze, die stark verzweigt für die Aufnahme von Signalen anderer Nervenzellen oder Sinneszellen sorgen. Das Axon funktioniert als Signalausgang der Zelle und kann eine Länge von bis zu 1 m erreichen. Der Übergang der Signale erfolgt an den Synapsen, welche erregend oder hemmend wirken können. Die Dendriten der Nervenzelle leiten die eingehenden, elektrischen Erregungen an den Zellkörper weiter. Erreicht die Erregung einen gewissen Grenzwert und übersteigt ihn, entlädt sich die Spannung und pflanzt sich über das Axon fort (Alles-oder-Nichts-Gesetz). Die Verschaltung dieser Nervenzellen bildet die Grundlage für die geistige Leistung des Gehirns. Das Zentralnervensystem des Menschen besteht nach Schätzungen aus 1010 bis 1012 Nervenzellen, die durchschnittlich 10.000 Verbindungen besitzen – das menschliche Gehirn kann also mehr als 1014 Verbindungen besitzen[2][3]. Das Aktionspotential im Axon kann sich mit einer Geschwindigkeit bis zu 100 m/s fortpflanzen. Im Vergleich zu Logikgattern zeigt sich auch die Effizienz von Neuronen. Während Gatter im Nanosekunden-Bereich (10-9) schalten, unter einem Energieverbrauch von 10-6 Joule (Daten von 1991), reagieren Nervenzellen im Millisekunden-Bereich (10-3) und verbrauchen lediglich eine Energie von 10-16 Joule. Trotz der augenscheinlich geringeren Werte in der Verarbeitung durch Nervenzellen können rechnergestützte Systeme nicht an die Fähigkeiten biologischer Systeme heranreichen. Die Leistung neuronaler Netze wird ebenfalls durch die 100-Schritt-Regel demonstriert: Die visuelle Erkennung beim Menschen findet in maximal 100 parallelen Verarbeitungsschritten statt – die meist sequentiell arbeitenden Rechner erbringen keine vergleichbare Leistung. Die Vorteile und Eigenschaften von Nervenzellen motivieren das Modell der künstlichen Neuronen. Viele Modelle und Algorithmen zu künstlichen neuronalen Netzen entbehren dennoch einer direkt plausiblen, biologischen Motivierung, dort findet sich diese nur im Grundgedanken der abstrakten Modellierung der Nervenzelle. ModellierungMit der Biologie als Vorbild wird nun durch eine passende Modellbildung eine für die Informationstechnologie verwendbare Lösung gefunden. Durch eine grobe Verallgemeinerung wird das System vereinfacht – unter Erhaltung der wesentlichen Eigenschaften. Die Synapsen der Nervenzelle werden hierbei durch die Addition gewichteter Eingaben abgebildet, die Aktivierung des Zellkerns durch eine Aktivierungsfunktion mit Schwellenwert. Die Verwendung eines Addierers und Schwellenwerts findet sich so schon in der McCulloch-Pitts-Zelle von 1943. BestandteileEin künstliches Neuron j kann durch vier Basiselemente beschrieben werden:
Durch einen Verbindungsgraph werden folgende Elemente festgelegt:
Mathematische DefinitionDas künstliche Neuron als Modell wird in der Literatur meist auf dem folgenden Weg eingeführt: Zuerst wird die Netzeingabe netj des künstlichen Neurons j durch definiert und damit die Aktivierung oj durch
Dabei ist
Eine alternative Darstellung des Schwellenwerts ist durch seine Repräsentation als Gewichtung w0j = θj für die konstante Eingabe x0 = − 1 gegeben („on“-Neuron). Eine spezielle Behandlung des Schwellenwerts kann so entfallen und vereinfacht die Behandlung in den Lernregeln. AktivierungsfunktionenAls Aktivierungsfunktion können verschiedene Funktionstypen verwendet werden, abhängig von der verwendeten Netztopologie. Eine solche Funktion kann nicht-linear, zum Beispiel sigmoid, stückweise linear oder eine Sprungfunktion sein. Im Allgemeinen sind Aktivierungsfunktionen monoton steigend. Lineare Aktivierungsfunktionen unterliegen einer starken Beschränkung, da eine Komposition linearen Funktionen durch arithmetische Umformungen durch eine einzige lineare Funktion dargestellt werden kann. Für mehrschichtige Verbindungsnetzwerke sind sie deswegen nicht geeignet und finden so nur in einfachen Modellen Anwendung. Beispiele für grundlegende Aktivierungsfunktionen sind:
Die Werte der obigen Funktionen liegen im Intervall [0,1]. Für das Intervall [ − 1, + 1] lassen sich diese Funktionen entsprechend definieren.
BeispieleDarstellung boolescher FunktionenMit künstlichen Neuronen lassen sich boolesche Funktionen darstellen. So können die drei Funktionen Konjunktion (and), Disjunktion (or) und Negation (not) unter Verwendung einer Schwellenwertfunktion wie folgt repräsentiert werden:
Für die Konjunktion zum Beispiel ist ersichtlich, dass nur für die booleschen Eingaben x1 = 1 und x2 = 1 die Aktivierung ergibt, sonst 0. Einlernen eines NeuronsAnders als im vorherigen Beispiel, bei dem die passenden Gewichtungen gewählt wurden, erlernen Neuronen im Allgemeinen die zu repräsentierende Funktion. Dazu werden die Gewichtungen und der Schwellenwert durch zufällige Werte belegt und danach unter Verwendung eines Lernalgorithmus angepasst.
Um nun die Konjunktion zu erlernen kann das Verfahren der Perceptron criterion function angewendet werden, welches die Werte fehlerhaft erkannter Eingaben auf die Gewichtungen hinzuaddiert, um somit eine Erkennung zu verbessern, bis möglichst alle Eingaben richtig klassifiziert werden. Die Ausgabefunktion ist hier analog zum vorherigen Beispiel die Schwellenwertfunktion . Für das Lernverfahren wird die Lernrate, welche die Geschwindigkeit des Einlernens festlegt, mit gewählt, so dass eine explizite Erwähnung entfallen kann. Zuerst werden nun die Gewichtungen zufällig gewählt, dabei wird der Schwellenwert wie oben beschrieben als Gewichtung betrachtet, und x0 übernimmt die konstante Ausgabe − 1:
Um nun das Neuron auf die beiden möglichen Ausgaben 0 und 1 der Konjunktion zu trainieren, werden die Eingaben für die zugehörige Ausgabe 0 mit − 1 multipliziert. Die Ausgabe des Neurons ist durch diesen Schritt nur dann 0, wenn die betreffende Eingabe fehlerhaft klassifiziert wurde. Dieses Vorgehen vereinfacht die Betrachtung beim Einlernen und die spätere Gewichtungsanpassung. Für die gewählten Gewichte sieht nun die Ausgabe des Neurons wie folgt aus:
Die erste und dritte Eingabe werden falsch berechnet, das Neuron gibt 0 aus. Nun findet das Perceptron criterion function seine Anwendung: Durch die Addition mit den falsch erkannten Eingaben werden die Gewichte durch
mit
angepasst (hier erste und dritte Eingabe):
Die Überprüfung nach der Gewichtungsänderung zeigt nun, dass statt der ersten und dritten Eingabe nun die vierte Eingabe falsch klassifiziert wird. Die Ausführung eines weiteren Schrittes des Lernverfahrens verbessert nun aber die Erkennung des Neurons:
Nun sieht man, dass das Neuron die vorgegebene Funktion erlernt hat und alle vier Eingaben richtig berechnet. Unter Verwendung der Eingabe x1 = 1 und x2 = 1 und die Wahl von θ = w0 folgt nun die Aktivierung
Für die anderen drei Eingaben, die für das Einlernen mit − 1 multipliziert wurden, ergibt sich nun der Wert 0. So berechnet sich für Eingabe x1 = 0 und x2 = 1 die Aktivierung:
Ohne bestimmte Gewichtungen vorzugeben hat nun das Neuron erlernt anhand der Vorgaben die Konjunktion wie im ersten Beispiel darzustellen. VerbindungsnetzwerkeKünstliche Neuronen können auf beliebige Weise zu einem künstlichen neuronalen Netz verbunden werden. Dabei werden Neuronen bei vielen Modellen in hintereinander liegenden Schichten (engl. Layer) angeordnet und man spricht z. B. bei einem Netz mit einer Neuronenschicht von einem einschichtigen Netz. Unter Verwendung eines Graphen können die Neuronen als Knoten und ihre Verbindungen als Kanten dargestellt werden. Die Eingaben werden in Teilen der Literatur in der Darstellung wie Neuronen als Knoten behandelt. Dort spricht man folglich bei einem Netz mit einer Eingabe- und einer Neuronenschicht von einem zweischichtigen Netz. Die hinterste Schicht des Netzes, deren Neuronenausgaben meist als einzige außerhalb des Netzes sichtbar sind, wird Ausgabeschicht (engl. output layer) genannt. Davorliegende Schichten werden dementsprechend als verdeckte Schicht (engl. hidden layer) bezeichnet. Die Struktur des Netzwerks hängt direkt mit dem verwendeten Lernverfahren zusammen; so kann mit der Delta-Regel (auch Widrow-Hoff-Regel) nur ein einschichtiges Netz trainiert werden. Dabei müssen Netze nicht zwingend homogen sein: es existieren Kombinationen aus verschiedenen Modellen um so die unterschiedlichen Vorteile zu kombinieren. Typische Strukturen sind:
Siehe auchKünstliche Intelligenz Literatur
Quellen
Kategorien: Lesenswert | Neuroinformatik |
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Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Künstliches_Neuron aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar. |