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Johanna Haarer



Johanna Haarer, geborene Barsch, (* 3. Oktober 1900 in Tetschen; † 30. April 1988 in München) war eine Autorin von Erziehungsratgebern, die eng an die Ideologie des Nationalsozialismus angelehnt waren.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Haarer studierte Medizin in Göttingen und München und wurde Fachärztin für Lungenkrankheiten. Obwohl sie keine pädiatrische Zusatzausbildung hatte, begann sie, in Zeitungen über Säuglingspflege zu schreiben.

1934 erschien ihr erster Ratgeber zur Säuglingspflege, der eng an die von Adolf Hitler in Mein Kampf skizzierten Erziehungsvorstellungen orientiert war. 1936 veröffentlichte sie ihren zweiten Ratgeber mit dem Titel Unsere kleinen Kinder. 1939 folgte das Kinderbuch Mutter - erzähl' von Adolf Hitler, in dem sie ebenfalls die bekannten Elemente der NS-Propaganda, insbesondere antisemitische und antikommunistische Vorurteile wiedergibt. Weiterhin schrieb sie Artikel über Erziehung in Zeitungen wie dem „Völkischen Beobachter“.

1945 wurde sie für ein Jahr interniert; ihr zweiter Mann beging 1946 Suizid. In der Folgezeit erscheinen Haarers Erziehungsschriften in „bereinigter Fassung“ in immer neuen Auflagen; sie selbst schrieb noch weitere Bücher zu Gesundheitsthemen. Eine Approbation erhielt sie in der Bundesrepublik nicht mehr; sie arbeitete bis zu ihrer Pensionierung 1965 in Gesundheitsämtern.

Schriften

Die Erziehungsratgeber waren eng an die NS-Ideologie angelehnt und richtungsweisend für die Erziehung im Nationalsozialismus. Grundzüge ihres Erziehungsideals waren Zucht, Unterwerfung, Reinlichkeit und insgesamt Kinder- wie auch Frauenfeindlichkeit.

Nach Haarer ordnet die erste Schwangerschaft die Frau ein: „in das große Geschehen des Völkerlebens [...] an die Front der Mütter unseres Volkes, die den Strom des Lebens, Blut und Erbe unzähliger Ahnen, die Güter des Volkstums und der Heimat, die Schätze der Sprache, Sitte und Kultur weitertragen und auferstehen lassen in einem neuen Geschlecht“ (Einleitung zu Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind, S. 5). Die Rolle der Frau wird reduziert auf ihre Funktion als Gebärende und Erziehende.

Die Erziehung wird bei Haarer zu einer Technik, die durch die Ablehnung von Freude, Zuneigung oder Trösten gekennzeichnet ist und (nach Sigrid Chamberlain) das „Kind als Feind“ betrachtet. So forderte Haarer, wenn das Kind schreit, „dann, liebe Mutter, werde hart! Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszunehmen, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen.“ (Die deutsche Mutter und ihr erste Kind, S. 173). Bei dem von ihr empfohlenen Position zum „richtigen“ Halten des Säuglings entsteht ein weiter Blickabstand, so dass das Kind nicht fokussieren kann - die von den meisten Menschen instinktiv genutzte Haltung, bei der ein intensiver Blickkontakt möglich ist, wird von ihr abgelehnt.

Erziehungsziel war nach Haarer schon bei Kleinkindern die Vorbereitung auf die Unterwerfung unter die NS-Gemeinschaft beziehungsweise die Gleichschaltung im Sinne deren Ideologie: „Machen wir uns klar, daß dieses Alter, in welchem unser Kind sich jetzt befindet, zwar verhältnismäßig wenig Raum bietet für eigentliche Erziehung, d. h. für die geistige, in bestimmter Richtung gelenkte Beeinflussung. Desto größer ist aber seiner (sic!) Bedeutung für die Ausbildung wirklich gesundheitsgemäßer und gemeinschaftsfähiger Lebensgewohnheiten, die uns, später der Schule und anderen Erziehungseinrichtungen bis hinauf zum Arbeitsdienst, ja zum Heer die Erziehungsarbeit in ungeahntem Maß erleichtern werden.“ (Unsere kleinen Kinder, S. 182)

Johanna Haarer hatte selbst fünf Kinder, aber keine Ausbildung in pädagogischen Fragen oder in Kinderheilkunde. Obwohl ihre Erziehungsschriften von heutigen Vorstellungen der Frühpädagogik weit entfernt sind, erschienen sie in hohe Auflagen und wurden noch bis 1987 neu aufgelegt (siehe unter: Schwarze Pädagogik).

Werke

  • Johanna Haarer: Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind, München: Carl Gerber Verlag, 1934.
  • Johanna Haarer: Unsere kleinen Kinder, München: Lehmanns, 1936.
  • Johanna Haarer: Mutter - erzähl' von Adolf Hitler, 1939

Literatur

  • Ute Benz: Brutstätten der Nation. "Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind" oder der anhaltende Erfolg eines Erziehungsbuches. In: Dachauer Hefte. 4. 1988, S. 144 - 163.
  • Manfred Berger: Führende Frauen in sozialer Verantwortung: Johanna Haarer, in: Christ und Bildung 2005/H. 7, S. 27
  • Susanne Blumesberger: Die Haare kraus, die Nasen krumm. Feindbilder in nationalsozialistischen Kinderbüchern. Am Beispiel von "Mutter, erzähl von Adolf Hitler" von Johanna Haarer, In: Biblos 49, 2, S. 247-268, Wien: Böhlau, 2000.
  • Sigrid Chamberlain: Aus der Kinderstube des Herrenmenschen. Über zwei deutsche Erziehungsbücher, in: Psychosozial 63, 19. Jg. 1996/1, S. 95 - 114, Gießen: Psychosozial-Verlag, ISSN 0171-3434.
  • Sigrid Chamberlain: Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind. Über zwei NS-Erziehungsbücher, Gießen: Psychosozial-Verlag, 1997, ISBN 3930096587.
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Johanna_Haarer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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