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Johann Friedrich Blumenbach



 

Johann Friedrich Blumenbach (* 11. Mai 1752 in Gotha; † 22. Januar 1840 in Göttingen) war ein deutscher Anatom und Anthropologe.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Blumenbach studierte Medizin in Jena und Göttingen und promovierte 1775 mit der Arbeit De generis humani varietate nativa (Über die natürlichen Unterschiede der Menschheit). 1776 wurde er außerordentlicher Professor der Medizin und Inspektor der Naturaliensammlung in Göttingen, 1778 ordentlicher Professor. Fast 60 Jahre hindurch hielt er seine von Zuhörern aller Nationen besuchten Vorlesungen über Naturgeschichte, vergleichende Anatomie, Physiologie und Geschichte der Medizin und wurde als der Magister Germaniae von den Freunden der Naturkunde gefeiert. Er trat 1835 in den Ruhestand und starb 1840.

Blumenbachs Einfluss erstreckte sich fast auf alle Zweige der Naturforschung. Die Zoologie erhob er in Deutschland zuerst zu einer wissenschaftlichen Bedeutung, indem er sie noch vor Cuvier (seit 1785) in unmittelbare Verbindung mit der vergleichenden Anatomie brachte und dadurch klare Anschauungen und feste Begriffe vom Wesen und von der Verwandtschaft der Tiere vermittelte. Am meisten machte sich aber Blumenbach verdient um die vergleichende Anatomie, welcher er durch seine Vorlesungen und Schriften in Deutschland zuerst Eingang verschaffte. Sein „Handbuch der vergleichenden Anatomie und Physiologie“ (Göttingen 1804, 3. Aufl. 1824) ist beinahe in alle Sprachen Europas übersetzt worden.

Blumenbachs Bildungstrieb

Biologisches Konzept der fortschreitenden Selbstorganisation von Lebewesen.

Blumenbachs Rassentypologie

 

Mit seiner Theorie der Varietäten, begründet Blumenbach neben François Bernier in Frankreich die erste Rassentheorie in Deutschland, die durch Kants Schriften zur Menschenrasse ("Von den verschiedenen Racen der Menschen" 1775, „Bestimmung des Begriffes einer Menschenrace“ 1785) sowie durch seine Anthropologie an den deutschen Universitäten Anerkennung fand. Im Gegensatz zu der bald an Popularität gewinnenden Ansicht, dass jede Hauptrasse separat entstanden sei, proklamiert Blumenbach den einheitlichen Ursprung der Menschheit aus einer "Gattung" (Kant). Als Hauptargument für die Einheit, bemerkte Blumenbach, dass alle angenommenen Eigenschaften einer Varietät graduell von einer Gruppe auf die andere übergehen und dass es unmöglich sei, feste Grenzen zu ziehen. Blumenbach, der viele Jahrzehnte vor Darwin schrieb, glaubte, dass der Homo sapiens in einer einzigen Region entstanden sei und sich von dort über die Erde verbreitet habe. Seine Verschiedenartigkeit, argumentierte er dann, entstand aus dieser Verbreitung über andere Klimazonen und Landschaften und seiner Anpassung an die Lebensbedingungen in den verschiedenen Regionen der Erde. Nach seiner bald anerkannten Terminologie bezeichnete Blumenbach diese Veränderungen als Degeneration (oder Ausartung (Kant)). Fraglich erscheint, ob dies nicht im kantschen Sinne als Verschlechterung, sondern im wörtlichen Sinn als Abweichung von einer Ursprungsversion zu verstehen ist. So spricht er von einer Verflüchtigung (am füglichsten) der Rassen ausgehend von dem ursprünglichen Menschengeschlecht und kategoriesiert die von ihm ausgemachten Rassen in der Abhängigkeit ihrer Entstehung.

Blumenbach erklärte im Gegensatz zu Kant, dass es keine eindeutig voneinander abgrenzbaren und unwandelbaren Rassetypen gebe, sondern dass eine Rasse unmerklich in die andere überging. Den Rassenbegriff verstand er im Sinne von Max Weber als Idealtypus. In massiver Form wandte sich Blumenbach gegen seinen Frankfurter Fachkollegen Samuel Thomas von Soemmerring, der nach der Obduktion von mehreren Afrikanerleichen glaubte sagen zu dürfen, dass die Schwarzen eine den Europäern unterlegene Menschenart darstellten. Auch gegen die rassistischen Tiraden seines Göttinger Kollegen Christoph Meiners, der offen für die Beibehaltung der Sklaverei eintrat und dafür die Rassenunterschiede als Rechtfertigung bemühte, setzte sich Blumenbach zur Wehr. Sein Interesse an Afrika ging über die reine Anthropologie hinaus. Blumenbach arbeitete eng mit britischen Forschern wie Sir Joseph Banks zusammen und vermittelte junge Afrikaforscher wie Friedrich Konrad Hornemann und Johann Ludwig Burckhardt an die African Association, die sich die Erforschung Schwarzafrikas zur Aufgabe gemacht hatte.

In seiner Systematik bildet die weiße oder kaukasische die Stamm- oder Mittelrasse, der als Extreme einerseits die äthiopische, andererseits die mongolische gegenüberstehen. Um die jeweiligen Übergänge definieren zu können, fügt er der bis dahin geltenden Vierteilung eine fünfte Rasse, die malaische, hinzu.

Es gibt nur eine Gattung (species) im Menschengeschlecht; und alle uns bekannten Völker aller Zeiten und Himmelsrichtungen können von einer gemeinschaftlichen Stammrasse abstammen. Alle National-Verschiedenheiten in Bildung und Farbe des menschlichen Körpers sind um nichts auffallender oder unbegreiflicher als die, worin so viele andere Gattungen von organisirten Körpern, zumahl unter den Haustieren, gleichsam unter unseren Augen ausarten. Alle diese Verschiedenheiten fließen aber durch so mancherley Abstufungen und Uebergänge so unvermerkt zusammen, daß sich daher auch kaum andere, als sehr willkürliche Gränzen zwischen ihnen festsetzen lassen. Doch habe ich das ganze Menschengeschlecht noch am füglichsten unter folgende fünf Rassen zu bringen geglaubt: 1) Die caucasische Rasse: von mehr oder weniger weißer Farbe ... und der nach den europäischen Begriffen von Schönheit musterhaftesten Schädel- und Gesichtsform. 2) Die mongolide Rasse: meist waizengelb, ...3) die äthiopische Rasse: mehr oder weniger schwarz ... 4) die amerikanische Rasse: meist lohfarb oder zimmtbraun ... 5) die malayische Rasse: von brauner Farbe ... Von diesen fünf Haupt-Rassen muß nach allen physiologischen Gründen die caucasische als die sogenannte Stamm- oder Mittelrasse angenommen werden. Die beiden Extreme, worin sie ausgeartet, ist einerseits die mongolische, andererseits die äthiopische. Die anderen zwey Rassen machen die Übergänge. Die amerikanische den zwischen der caucasischen und mongolischen, so wie die malayische den zwischen der Mittel-Rasse und der äthiopischen. (Blumenbach, J.F., Handbuch der Naturgeschichte, 11. rechtmäßige Ausgabe, Göttingen: Dieterich'sche Buchhandlung 1825, S. 55 ff.)

Werke

  • De generis humani varietate nativa liber

Literatur

  • Hans Plischke, Johann Friedrich Blumenbachs Einfluss auf die Entdeckungsreisenden seiner Zeit. Göttingen 1937.
  • G. Krüger, „Johann Friedrich Blumenbach, England und die frühe Göttinger Völkerkunde", in, E. Mittler (Hg.), Eine Welt ist nicht genug. England, Hannover und Göttingen 1714-1837. Göttingen 2005, S. 202-220.
 
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