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Jean Starobinski



Jean Starobinski (* 17. November 1920 in Genf) ist ein Schweizer Arzt und Literaturwissenschaftler, Medizin- und Ideengeschichtler.

Leben und Werk

Nach seinem Studium der Literaturwissenschaft und Medizin an der Universität Genf, das er mit Promotionen in beiden Fächern abschloss, arbeitete Starobinski als Arzt am Kantonshospital in Genf, später an der psychiatrischen Anstalt in Cery (Kanton Waadt). Dazwischen unterrichtete er von 1953 bis 1956 romanische Sprachen an der Johns Hopkins-Universität in Baltimore. Von 1958 bis 1985 war er Professor für Ideengeschichte in Genf, von 1966 bis 1985 zusätzlich für Medizingeschichte und von 1967 bis 1985 für Geschichte der französischen Literatur. Außerdem nahm er Lehraufträge in Basel (1959–61), Paris (Collège de France, 1987–88) und Zürich (ETH, 1992–93) wahr.

Er war Präsident mehrerer wissenschaftlicher Gesellschaften. Die Anerkennung für sein Werk drückte sich in der Verleihung zahlreicher Ehrendoktorwürden aus.[1]

Starobinski erforschte die Geschichte der Melancholie und ihrer Behandlung (Geschichte der Melancholiebehandlung, 1960, Besessenheit und Exorzismus, 1974, Melancholie im Spiegel, 1990); er untersuchte in aufwändig gestalteten Bänden die prägenden Themen der bildenden Kunst Europas im Jahrhundert vor der Französischen Revolution (Die Erfindung der Freiheit, 1964) sowie in der Revolutionszeit selbst (1789, 1973); außerdem das Porträt des Künstlers als Gaukler in Literatur und Kunst (1970) und den sozialen Gabentausch (Gute Gaben, schlimme Gaben, 1994).

Vor allem bekannt wurde er aber durch seine Arbeiten zur französischen Literatur des 16. bis 18. Jahrhunderts (Montesquieu, Rousseau, Diderot, Montaigne, Racine, Corneille u. a.), in denen er psychoanalytische und phänomenologische Zugänge, den Blick des Arztes auf die Vielschichtigkeit und individuelle Ausgestaltung menschlichen Erlebens und den des Literaturhistorikers auf thematische Zusammenhänge zu eindringlichen Analysen verband.

Zuletzt widmete er sich dem Begriffspaar Aktion und Reaktion in Natur- und Humanwissenschaften (1999) und der Figur der verzaubernden Frau in der Oper (Die Zauberinnen, 2005).

1964 veröffentlichte er die Studien Ferdinand de Saussures über Anagramme.

Quellen

  1. Im Einzelnen aufgeführt im Artikel der französischen Wikipedia.

Schriften

  • Montesquieu: ein Essay; mit ausgewählten Lesestücken (1953), München, Wien: Hanser 1991
  • Rousseau: eine Welt von Widerständen (1958, erweiterte Ausgabe 1971), München, Wien: Hanser 1988
  • Geschichte der Melancholiebehandlung von den Anfängen bis 1900 (Documenta Geigy. Acta psychosomatica 4), Basel: Geigy 1960
  • Über Corneille (aus: L’Œil vivant, 1961), in: Pierre Corneille: Polyeukt, Frankfurt, Hamburg 1962
  • Geschichte der Medizin, Lausanne: Édition Rencontre 1963
  • Die Erfindung der Freiheit. 1700–1789 (1964), Genf: Skira 1964
  • Psychoanalyse und Literatur (1970), Frankfurt: Suhrkamp 1973
  • Porträt des Künstlers als Gaukler (1970), Frankfurt: Fischer 1985
  • Wörter unter Wörtern: die Anagramme von Ferdinand de Saussure (1971), Frankfurt, Berlin, Wien: Ullstein 1980
  • 1789, die Embleme der Vernunft (1973), Paderborn: Schöningh 1981
  • Besessenheit und Exorzismus. 3 Figuren der Umnachtung (1974), Percha: Schulz 1976
  • Rousseaus Anklage der Gesellschaft (Konstanzer Universitätsreden 89), Konstanz: Universitätsverlag 1977
  • Montaigne. Denken und Existenz (1982), München: Hanser 1986
  • Kleine Geschichte des Körpergefühls, Konstanz: Universitätsverlag 1987 (Aufsatzsammlung)
  • Das Rettende in der Gefahr: Kunstgriffe der Aufklärung (1989), Frankfurt: S. Fischer 1990
  • Melancholie im Spiegel: Baudelaire-Lektüren (1990), München, Wien: Hanser 1992
  • Gute Gaben, schlimme Gaben: die Ambivalenz sozialer Gesten (1994), Frankfurt: Fischer 1994
  • Aktion und Reaktion: Leben und Abenteuer eines Begriffspaars (1999), München, Wien: Hanser 2001
  • (mit Ilse Grubrich-Simitis, Mark Solms:) Hundert Jahre „Traumdeutung“ von Sigmund Freud: drei Essays, Frankfurt: Fischer 2000
  • Die Zauberinnen. Macht und Verführung in der Oper (2005), München: Hanser 2007
  • Literatur von und über Jean Starobinski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
  • Besprechungen der letzten Veröffentlichungen Starobinskis bei perlentaucher.de
 
Dieser Artikel basiert auf dem Artikel Jean_Starobinski aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der GNU-Lizenz für freie Dokumentation. In der Wikipedia ist eine Liste der Autoren verfügbar.
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